aber von ihr m das kleine Hirn ausläuft, fast verlängert, und in zwey Seitenwülste,
die vorderen Schenkel des kleinen Hirns, die, wie R e il richtig bemerkt
3, immer noch dünn und bandförmig bleiben, und in die, beym Foetus
mehr als beym Erwachsenen dicke Hirnklappe getheilt.
Merkwürdig ist hier das Zerfallen einer einfachen Bildung, der nur durch
Beugungen verschiedene Stellen bezeichnenden Markplatte in drey distincte
Gebilde, dem gerollten Markblättchen oder der hinteren Commissur, den
Vierhügeln, und der Klappe mit den Schenkeln. So ist jede organische Metamorphose
bald ein Zerfallen ins Mannigfaltige, bald wieder ein Vereinigen
zur Einheit, und im YY echsel und Kampfe besteht das Ganze.
1. Siehe N o e t i iig Diss. de decussatione nervoium opticorum Moguntiae 1786. Fig. II.
V icq d’AzYR 1. c. Tab 14- Fig. 1. 23.
2. Archiv f. Phys. IX. B. p. 5l5 und 521.
3. 1. c. p. 508.
16.
An dem Rande des oberen Blättchens der hinteren kleinen Himcommissur
hängt der auf die Vierhügel aufliegende obere Hirnanhang, die Zirbel, an,
vor ihr liegt ein Häufchen kleiner sandartiger Körner. Beym Foetus von
drey Monaten sieht man diesen Anhang als ein, einen kleinen Nadelkopf
grofses, sehr weiches Körperchen; späterhin ist es verhältnifsmäfsig zum
Wachsthume des Hirns vergröfsert, und bleibt bis zur Geburt immer rundlich,
den Hirnsand findet man beym Foetus nicht. 1
Der vordere Hirnanhang ist ein aus zwey Stücken, einem vorderen grösseren,
und hinteren kleineren bestehender drüsenartiger in der sella turcica
gelegener Körper, der durch das markige Trichtereben mit der Basis des
Hirns verknüpft ist. T
Das Gesetz für die Bildung der zwey Hirnanhänge ist wohl so schwer
nicht aufzufinden, wenn wir einen vergleichenden Blick auf den ganzen Körper
werfen. Wir sehen nämlich den ganzen Apparat der organischen Gestaltung
in zwey grofse Systeme für das automatische und für das- sensorielle Leben
zerfallen. In beyden Systemen sind zwey Grundformen herrschend, die
Höhlen- und die Extremitäten-Gestaltung. Zu dem System des automatischen
Lebens gehören die Höhle des kleinen Hirns, die Brust- die Bauchhöhle
und das Becken; zu dem des sensoriellen die Höhle des grofsen Hirns,
die Nase, der Mund, der Luftröhrenkopf. Jede Höhle enthält ein Centralorgan,
welches ihr ihre Bedeutung in dem Ganzen, und für das Ganze sichert.
Durchs kleine Gehirn gehört das noch automatische Thier sich, durch die Genitalien
seiner Gattung an, Brust- und Bauchhöhle enthalten die Gebilde,
durch welche der organische Prozefs anhebt, und dann nach zwey Richtungen
vollendet wird. Einheit des Lichts und der Materie ist alles-organische,
Licht kömmt ihm durchs Athmen, Materie durch die Nahrungsmittel. Nase
und Mund sind wohl nur die sensoriellen Ausdrücke der Brust-und Bauchhöhle,
das Aug ist der Sinn des grofsen, das Gehör der Sinn des kleinen
Hirns. 3 Durch Sprachorgane, oder wenn es auch nur Stimmorgane sind,
wird das Thier an die Gattung als Gesellschaft gebunden. In jeder Höhle ist
aufser dem Centralorgan ein Absonderungsorgan; der Innerlichkeit steht
überall das Aeusserlichwerden entgegen, jene würde sich in sich selbst erschöpfen
; die Lungen brauchen ein solches Organ nur so lange als sie durch
ihr Oeffnen nach aussen, noch nicht selbst secernirend geworden sind; daher
verschwindet die Thymus nach der Geburt; die Nase bedarf der Drüse nie.
Der vordere Hirnanhang ist die Drüse des grofsen Hirns, und da jede
Drüse mehr oder weniger deutlich eine Nebendrüse hat, so besteht er aus
zwey Theilen, einem gröfsern und einem kleinern. Der hintere Hirnanhang
ist die Drüse des kleinen Gehirns, der Himsand die Nebendrüse.
1 . W enzel 1. c. p. 315.
2 . Abbildungen vom vorderen Himanbang beym Foetus s. im W en z e l sc iie n Werte.
3. Oken über die Bedeutung der Schädelknochen. Jena 1807.
17.
Das kleine Hirn zeichnet sich von dem grofsen aus: durch sein geringeres
Volumen, durch die schwache, ursprünglich gar nicht vorhandene Thei-
lung in zwey Hälften, durch die Art wie seine Masse vertheilt, wie sie ausgebildet
ist.
Das kleine Hirn des Foetus ist verhältnifsmäfsig zu dem gröfsen kleiner
als beym Erwachsenen, wie man sieht, wenn man Fig. 10 mit irgend einer
guten Abbildung von der Basis des Hirns des Erwachsenen oder Fig. 8 mit
G a ll’ s 8 Tafel vergleicht. ' Es scheint aber, dafs nicht zu jeder Zeit im
Foetus dieselbe Proportion der beyden Gehirne sey. Bis zum vierten Monate
scheint das kleine Hirn relativ gröfser zu seyn, nach dieser Zeit bleibt es im