Ein wnndenidei' Natiirforsclier nämlicli. der von ihnen gefragl wurde, was er denn mit dem au.s
Brunnen und Bäciien lierausgeliscliten grünen Zeug maclien wolle, halte der Kürze halber geantwortet;
»Es.sen». Als er nun nach Jahre-sfrist wieder zurückkehrte und in dem Wirthshause jenes Dorfes
seinen Imbis nahm, schmeckte ihm das aufgetragene gi-üne Gemüse so trelTlich, dass er nach dem
Namen desselben fragte. »Ei», rief die Frau Wirthin treuherzig, »das ist ja das neue Gemüs, welches
uns der Herr vor einem Jahr angeratheii hat. Wir haben seitdem oft davon gegessen. Kostet auch
nicht viel, weil’s bei uns in jedem Wässerlein wächst!» Es lä.s.st sich aber auch gar nicht einsehen.
warum die Süsswasseralgen ungeniessbar sein sollten, da doch die Engländer ans gewissen Meeralgen
sein- wohlschmeckende Gallerten bereiten.
Die .Algen sind recht eigentlich die Büsche, die Wälder und das Böhi-icht. darinnen sirli das
Infusorieuwild umhertreibt. Wie bereits bemerkt, ernähren sie Millionen von Schmarotzerdiatomeen,
wähl end ihre Samemsporen von Bäder- und Glockenthierchen begierig verschhiugen werden. Die im
Wasser lebenden Würmer und Insektenlarven linden in den .Algenkoloiiieen das ergiebigste Jagdrevier,
in welchem es von Thierchen aller Arten niid Grössen wimmelt. Bis in die gelieimnissvollen Beiche
hinein, deren Leben und Treiben erst das Mikroskop enthüllt, erstreckt sich der Krieg Aller gegen
Alle. — ein neuer triftiger Grund für jene trübselige Naluranscliammg. welche den Weltschmerz,
nachdem derselbe in der schönen Literatur Fiasko gemacht, iu die Naturwissenschaft eingeführt hat.
um daselbst zu rumoren, bis es ihm auch hier gelungen sein wird, .sich hinlänglich alizunutzeii. Sowohl
die im AVasser, als die in freier Lufl leheiiden Algen Iragen durch ihre A’erwesuiig nicht wenig zur
Bildung fruchtbarer Dammerde hei und helfen dadurch die Grundlage darbieten für die Existenz der
liöheni Gewächse. Es zielt im Ge.sammtorganismu,s der Natur Alle.s auf Vervollkommnung hin. Der
Tod des .Niedrigem bietet den Keimen des höherii Lebens die nötliige .Nahrung dar. Getragen
vom allwirksameii Geiste des Schöpfers, schreitet das Naturlehen gerade durch fortwährendes .'Ah-
streifei) der niedrigem Hülle zu slets vollkommnem Gestaltungen fori. Im Uebrigen dienen die Algen
nicht nur durch ihre Verwesung, sondern auch durch ihren Athmungsprozess den liöliern Organismen
der Gewässer. Von den Diatomeen hierin unterstützt, erhalten sie die stehenden und langsam iliesseu-
den Wasser frisch durch reichliche Ausscheidung von Sauerstoff, Bevor wir aber den allgemeinen
Theil unserer Darstellung schliessen. erachten wir es für PIliclit und Schuldigkeit, den geneigten Leser
hinsichtlich einer irrigen Meinung, die ihm das Wassertrinken verleiden könnte, zu beruhigen. Leute, -
die niemals selber mikroskopische Untersuchungen angestellt haben, sondern über die Welt im
kleinsten Raume lialhverstandene Lesefriiclile iiüttlieilen, haben hie und da die Ansiclit verbreitet, mit
jedem Tropfen Wassers müsse das arme, blinde Menschenkind Taiisende von kleinen Thierchen
hineintrinken. Getrost! im Quell- und Brunnenwasser, sogar in klarem Bachwasser bermden sich
k e in e Infusorien, n i c h t e inm a l D ia tom e e n , nur in trübem, gestandenem Wasser, im Schlamme,
an den -Algen und an den Wänden der Briinnentröge, In gesundem E.ssig ist ebenfalls keine S|iur
von dergleichen Wiesen zu finden, sondern einzig im abgestandenen. Auch die nüchterne Wissenschaft,
welche sicli durch nichts anderes, als durch die .Macht der Wahrheit Geltung zu verschaffen
sucht, huldiget dem Wahlspruch: »Bange machen gilt nicht.»
Erklärung der Tafeln.
Witrhentet'ifange'H^
Sämmtliclie Diatomeen, Algen und Infusorien auf folgenden drei Tafeln sind von uns selber
beobachtet und lebend vermittelst einer Cnmera iucicia abgebildet worden. Etliche Diatoiiieen, namentlich
Denticulu undulata, erscheinen daher ganz anders gezeichnet, als in den bisher vorhandenen
Bilderwerkeii, wo eben nur die leeren Panzer allgebildet sind. Um dem Laien einen Begriff von der
Kleinlieit dieser Organismen zu geben, haben wir die Grösse jeder .Art nach huiidertslels Millimetern
(mm.) angegeben und am untern Bande rechts von Taf. 1 und H einen Maa.ssslab von je ö Millimetern
angebracht. I Millimeter beträgt V» Schweizerlinie, also 'Aoo Millimeter '/»lo Linie. Man denke sich
nun I Afillimeter, wie ihn unsere Tafeln darstellen. in lüO Theile getlieilt; so leuchtet ein. dass z. B. ein
Infusorium oder eine Diatomee von “hm Milliiiietern dem unbewaffneten Auge nicht mehr sichtbar
sein kann. Selbst eine der grössten Diatomeen, welche bis ’’Aoo Millimeter mis.sl, isl nicht mehr
sichtbar. Sämmlliche Bilder stellen den Gegenstand in .öäO-taclier Linearvergrö-sserung dar. ausser
Taf. I, 4, wo 400-fache, Taf. I, 13, wo nur 28ü-fache, Taf. H, 3, wo ebenfalls 280-faclie. und Taf. H, 7,
wo 400-fache Vergrösserung angeweiidet ward. Bei den grossen Diatomeen Taf. I. 4 und 13, deuten
der Vergleichung halber zarte A’erlängerung.slinieii an, wie gross jede der beiden hei öriO-facher \ e r -
grösserung erscheinen müsste. Um von der Stärke dieser Vergrösserung die richtige Vorstellung zu
erwecken, sei hier noch hemerkt, da.ss ein Gegenstand, der eine Quadratiläche darstellt, bei dOO-facher
Linearvergrösserunng im Ganzen 2»0,000 Mal so gro.ss erscheint, als er wirklich ist, oder dass m a n ,
um es noch anders auszudrücken, 230.000 solcher Gegenstände brauchen würde, um diejenige Fläclie
zusammenzuselzen, welche das vergrösserte Bild einnimmt. Beim Gesammtbilde Taf. Hl ist durchschnittlich
280-fache Vergrfisseruiig angewendet. Die darin enthaltenen Diatomeen und Desmidien
sind schon auf Taf. I und II abgebildet und aus diesem Grunde nicht mit Zahlen hezeicliiiet. In der
Namengebung hielten wir uns an Kützing. Leider ist es meist umiiöglich. die Namen in ein verständliches
Deutsch zn übersetzen.