Rich tu n g ih re s langen D u rch irie sse rs, a lso keine eigentlich v o rs ch re iten d e , so n d e rn eine
se itw ä rts rü ck en d e n n d w ird h e rv o rg e ru fen d u rch d en E rn ä h ru n g sp ro z e s s , d u rch die Aufn
ahme u nd A u ssche idung (E n d o sm o se u n d E x o sm o se o d e r auch Diffusion genannt) flüssiger
Stofle. E rfo lg t die Aufnahme au f d e r re ch ten , die A u ssch e id u n g au f d e r linken S e ite , so
is t die Bewegung nach re ch ts u n d so um g ek eh rt. D a nun p h y sio lo g isch u n d mo rphologisch
beide Hälften des Individuums vollkommen gleich s in d , so k an n auch die Aufnahme und
Aussch e id u n g d e r StoflTe b a ld a u f d e r lin k en , b a ld a u f d e r re ch ten Seite sta ttfin d en und
d ah e r die Bewegung b a ld eine v o r - b a ld eine rü ck sch re iten d e sein.
Aus d ie se r C h a rak te ristik d rä n g t sich die S chlussfolgerung no thwen d ig au f, dass
d ie Diatomaceen sich d em Pflanz enreiche zu n ä ch st anschliessen.
B. DAS VORKOMMEN, EINSAMMELN UND AUEBEWAHREN
D ER DIATOMACEEN.
U eberall, wo F eu ch tig k e it h e rrs ch t, zumal im E rü h lin g e, wo das Leb en alle r O rg a nismen
v o n Neuem e rw a ch t o d e r an g e re g t w ird , b eginnen au ch die Diatomace en aus dem
"Winterschlafe erwach en d ih r h a rm lo se s Leb en u n d erfüllen m it d en zierlichsten F o rm en so w
o h l die oft anscheinend leeren P fü tz en u n d G o ssen , wie die k ry s ta llh e llen Gewässer. Ih re
E n tsteh u n g u n d V e rm eh ru n g is t oft ü b e rra sch e n d schnell. L ä s s t man z. B. ein Glas W a sse r
einige Tag e im Zimmer stehen, so ze igt sich frü h e r o d e r s p ä te r am Boden o d e r an d en W a n d
ungen des Glases ein gi-ünlicher o d e r b räu n lich e r Anflug, d e r sich d an n bald v e rg rö s s e rt u n d
in ten s iv e r la rb t. D e r g rü n e p fleg t aus Algen, d e r b räu n lich e immer, zuweilen b eide aus Diatom
aceen zu bestehen. S y n ed ra F u sid ium , S. A tom u s , einige Naviculae w ird man siche r
d a rin finden. Die meisten A rte n finden sich im F rü h lin g e g ewöhnlich zah lre ich e r be isam m
e n , im Sommer u n d H e rb s t kommen d ie fre ien , n ic h t an g ewach sen en A rten meh r v e rth
e ilt u n d mit an d e ren gem isch t v o r; cs is t nicht s e lte n , in einer Schleimflocke 10 — 20
v ersch ied en e A rten anzutreffen. So b ild en sie d an n b räu n lich e , g rü n lich e o d e r schmutzig
g eü irb te Ueberzüge v o n sch le imig er, h äu tig e r o d e r b re ia rtig e r Beschajffenheit, o d e r fluctui-
ren d e IRuschen o d e r F lo ck e n , an S te in en , H o lz , H alm en u n d än d e rn G eg en stän d en u n te r
dem Wa sser festsitzend. Sie ü b e rz ieh en , gesellig m it Alg en (zumal den einzelligen Algen
u n d d en Scytonemeen) ganze F e lsw än d e , W a ss e rle itu n g e n , W a s s e rtrö g e , P um p e n u. s. w.
Sie finden sich frei herum schwimmen d in d en Rasen d e r V au ch e rien , C la d o p h o ren , Con-
fe rv e ii. Oscillarien u. d e rg l., o d e r sie leben a u f d en Alg en fäd en u n d W a sserp flan zen wie
S chm a ro tz e r, h äufig in so lch e r Men g e, d ass die G eg en stän d e g an z u n d g a r von ihnen b e d
e c k t sind. Dies geschieht nam en tlich v o n den Co cco n eis-, einigen E u n o tia - und E p ith e -
m ia -A rt.en . welche die G eg en stän d e wie die S ch ild - u n d B la ttläu se überziehen. Sie bilden
aucli ö fte rs, wie die O d o n tid ien , F ra g ila rie n , m e h re re F u s s lan g e b ra u n e R a s en , w ie die
F ad en a lg e n , u n te rsch e id en sich ah e r so fo rt v o n die sen d a d u rc h , d a ss s ie , sowie man sie
aufnehmen w ill, in ihre einzelnen In d iv id u en o d e r Glieder zerfallen, gle ichsam in sich z e r-
fliessen: ja sie erfüllen oft g anz e La chen o d e r schleichende W ä s s e r u n d erh eb en sich, o d e r
werden v ie lmeh r v o n d en sich en twick eln d en G a sa rten als h ä u tig -b la s e n a rtig e o d e r sch au mige
Massen m eh re re Zoll h o ch ü b e r die Oberfläche des W a sse rs gehoben. N u r wenige
A rten scheinen eine A u sw ah l in d en L o k a litä ten zu tre ffe n , die m e isten nehmen so wenig
h ie rau f Rü ck sich t, wie a u f T em p e ra tu r-D iffe ren z e n . Viele A rte n (N av icu la B a c illum , N.
am p liio x y s, N. Silicula , P in n u la ria b o re a lis . Himantid ium A rcu s, E u n o tia gibba, E. ain p h io
x y s , M e lo sh a d is ta n s , S y n ed ra U ln a , F ra g ila ria cap u c in a , F. rh ab d o som a u. v. v. a.)
sin d au f d e r ganzen E rd o b e rfläch e v e rb re ite t, sie lin d en sich von d en P o len bis zum
A eq iia to r, sie leben in dem W a ss e r d e r G le tsch e r, wie in den h eissesten Quellen. Das
Meer h a t seine eigenthümlichen F o rm e n , die sich s tre n g von d en S ü ssw a sse r b ewohnenden
u n te rsch eid en . In salzigen Binnenwä ssern trifft man me ist F o rm e n , die dem sü ssen Wass
e r an g ehören.
Man muss ab e r die V e rb re itu n g d e r Diatomace en noch w eiter au sd eh n en : man kann
an n ehm en , dass sie sich in je d e r S tau bm asse finden o d e r doch finden können. Und wenn
dies V o rkommen freilich kein freiwilliges u n d gewähltes i s t , so is t es u n s e re s Bedünkens
doch iiÖthig, d asselbe h ie r zu erwähnen. D en k t man d a ra n , was S tü rme fü r schwere
K ö rp e r aufjagen u n d w e it m it sich fü h re n , so lieg t es walirlich au f d e r H a n d , d a s s auch
diese Organismen m it aufgerissen w e rd en , u n d d a sie me ist w e it k le in er als das feinste
S tau b k ö rn c lien s in d , auch lan g e Z e it, se lb s t d an n n o ch , wenn w ied e r Ru h e in den L u ftschichten
e in g etreten is t, schwebend e rh a lten werden. I s t die A tm o sp h ä re n ich t s ta rk mit
W a sse rd äm p fen g e s chw än g e rt, so s te rb e n sie n a tü rlich b a ld a b , u n d man fin d e t in dem
aufgefangenen S tau b e n u r n o ch ihre gla sh e llen P an z e r. Bei feuchtem W e tte r h ab e ich
sie nich t selten m it völlig g e fä rb tem In h a lt aufgefaiigen. Sind sie n u n einmal v o n d en
L u ftström u n g en au fg en om men , so k önnen sie sich n atü rlich au ch ü b erall d a fin d en , wo
sich so g en an n te r Staub ü b e rh a u p t ab setzt. U n d so is t e s : sie finden sich au f den höchs
ten T h u rm - u n d B e rg sp itz en , wie im B ü ch e rstau b e , a u f B äumen u n d D ä ch e rn , wie in
H ö h len u n d Schlupfwinkeln.
Das Einsammeln is t h ö ch s t einfach u n d b ed a rf k e in e r eigentlichen Anleitung. Bei
m e in en E x cu rsio n en fü h re ich gewöhnlich 1 — 1 Va D u tz en d k le in e , Va — 1 L o th Wa sser
fa s sen d e , weitmü n d ig e Gläschen b ei m ir, die au f d em Stöpsel o d e r an einer beliebigen
Stelle n u in e rirt sind. D en Numme rn n ach bem erk e ich d en S ta n d o rt im Notizbuch. A u sse r
d en G läsern ben u tze ich auch g eö ltes o d e r Wa ch sp ap ie r. Diese P ap ie re sin d zumal au f
Reisen o d e r zum V e rs en d en frisch e r E x em p la re selir em p feh len sw e rth , indem sie d u rch
D ru ck n ich t leiden. Die Gläsclien k an n man in P a p ie r gewickelt so in die Ta sch e stecken
o d e r — was n e tt u n d bequem is t — man lä s s t sich ein Kästchen v o n sta rk em L ed e r mit
so v ie len R äum en , als man Gläschen b ei sich zu fü h ren p fle g t, fertig en u n d mit einem
Riemen v e rs e h e n , so d a ss man es gleich ein e r P a tro n ta s c h e o d e r Cartouche um d en Leib
sch n allen kan n .
Die U n te rsu ch u n g d e r g esammelten G eg en stän d e nim mt man allemal zu H au se v or.
Die Au fb ewah ru n g k an n in Massen geschehen, o d e r man v e rth e ilt etwas d av o n au f
Glas o d e r Glimmer m it einigen T ro p fen W a ss e r, lä s s t es ab tro c k n e n , le g t es in eine
P a p ie rk a p s e l, sch re ib t die nö th ig en Notiz en d a ra u f, u n d o rd n e t diese n u n systema tisch
o d e r alp h ab etiscli, wie cs b e lieb t, n u r s o , dass man je d e s O b jek t le ich t w ied e r auffinden
k an n . Ich besitze auch eine S ammlung in S p iritu s, u n d empfehle diese Methode deshalb
ganz b e so n d e rs , weil die Objekte d en V o rzu g h a b e n , d a s s sich d e r organische In h a lt fa s t
u n v e rä n d e rt erhält.
C. D IE UNTERSUCHUNG DER DIATOMACEEN.
Z u r U n te rsu ch u n g , re sp . Bestim m u n g d e r Diatomace en is t ein Mikroskop v o n 250
bis SOOmaliger L i n e a r -V e rg rö sse ru n g n o thwen d ig . D iesartig e In s trum e n te liefern d ie H e rren
Schiek in B e rlin , PiÖssl in W ien , Amici in T u rin , C. K e lln e r in We tzla r. Aus diesen