Madeira durch das ganze Jahr hindurch b lü h t, giebt Seubert a n , dass sie im Ju n i reife Kapseln hatte. Die Walderdbeeren, die schon zu Ende April und zu Anfang Mai in grösser Fülle auf den Markt von Funchal gebracht werden, fand ich hier an den Bergen der verschiedenen Inseln im Ju n i und Ju li mit reifen Früchten bedeckt. Kurz es widersprechen die im Sommer gemachten Beobachtungen und die in der Flora azorica enthaltenen Angaben keineswegs der durch den Unterschied in den klimatischen Verhältnissen angeregten Annahme, dass die echt indigene Flora der Azoren in demselben Maasse erst entschiedener im Frühjahr- erblüht, als sie sich in ihren Formen weniger von dem Typus europäischer Arten unterscheidet. Die in Europa verbreiteten Bäume und Sträuche blühen und belauben sich auf den Azoren in der Nähe der Küsten bis zu einer Höhe von 500 Fuss oberhalb des Meeres, etwa um dieselbe Zeit wie diejenigen , die in Madeira höher hinauf an den Abhängen wachsen. Zu dieser Annahme berechtigt die äussere Erscheinung, welche diese Gewächse bald nach meiner Ankunft auf S. Miguel während der ersten Ausflüge darboten. Pfirsiche, Birnen oder Feigen, die wie in Madeira und auf den Canarien während des Winters gereift waren, fand ich daselbst nicht vor. Dagegen waren nicht n ur an den südlichen sondern auch an den nordwestlichen Küstenstrichen von Pico die ersten Aprikosen, Zwetschgen und Feigen bereits vor der Mitte des Monat Juli, also sehr zeitigem Sommer, reif. An den meisten Bäumen wurde jedoch das Obst erst später abgenommen. Von den in Europa verbreiteten jährigen Kräutern kommen auf den Azoren gewiss manche, wie das ja schon an den europäischen Küsten des Mittelmeers nicht gerade selten der Fall ist, auch während des Winters fort. Allein allem Anschein nach entfalten sich dieselben so wie in Madeira und in Europa nach der Zahl der Arten und der Individuen vorherrschend in der Jahreszeit, in welcher das Getreide und die übrigen Feldfrüchte am besten gedeihen. Nun lässt sich aber aus den früher geschilderten klimatischen Verhältnissen abnehmen , dass die Saatzeit auf dieser Inselgruppe selbst an den tiefer gelegenen Abhängen vorherrschend erst nach beendetem Winter bei hereinbrechendem Frühjahr eintreten muss. Denn einestheils ist die Witterung während des Winters verhältnissmässig stürmisch, rauh und ungemein regnerisch, und anderntheils dauern die das Wachsthum der F eldfrüchte' befördernden Feuchtigkeitsniederschläge während des Frühjahrs bis in den Sommer fort. Ich fand deshalb auf S. Miguel in der zweiten Hälfte des Monat A p ril, während die Landleute noch hier und dort mit der Bestellung der Felder beschäftigt waren, überall frisch aufgegangene Saaten. Lupinen, die im November gesät und etwa einen Fuss hoch aufgewachsen waren, wurden als Gründüngung untergepflügt. Der ausgedehnte niedere Küstenstrich, der sich an den südwestlichen Gehängen des Gebirgszuges der Insel Santa Maria sanft abdacht, bietet bei übereinstimmenden Bodenverhältnissen Standorte wie diejenigen, an welchen au f Porto Santo zu Ende April und Anfang Mai die Gerste geerntet w ird und der Weizen nur noch eine kurze Zeit bis zur vollkommenen Reife bedarf. In dem Klima der Azoren reifte an solchen Oertlichlceiten die Gerste in den ersten Tagen des Ju n i, während der Weizen in Aehren und Blüthen stand. In Graciosa war man auf den wärmsten Küstenstrichen in der Zeit vom 18. bis 21. Ju li allgemein mit der Weizenernte beschäftigt, die aufTerccira an den Nordküsten in der ersten Hälfte des August stattfand. In demselben Monate sind auf S. Miguel die grossen Bohnen der Vicia faba re if, die von dort aus in grösser Menge verschifft w erd en , und in den letzten Tagen des August hatte ebendaselbst die Maisernte bei Ponta delgada und in den Umgebungen bis zu einer Höhe von etwa 500 Fuss oberhalb des Meeres’begonnen. Von den drei Inselgruppen tragen also die Azoren nach den klimatischen Verhältnissen so wie nach der Zusammensetzung und jährlichen Entwickelung der indigenen und eingeführten Flora am meisten ein europäisches Gepräge. Mehr noch als der Unterschied in der mittleren Wärme scheiden die durch Vertheilung der Regenmenge und der Stärke des Windes hervorgerufenen Witterungsverhältnisse die Jahreszeiten insoweit von einander, dass die in Europa verbreiteten Gewächse selbst an den tiefer gelegenen Küstenstrichen erst vom Frühjahr an aufschiessen, erblühen oder sich belauben. Wenn Ausnahmen von dieser Regel ungeachtet der insularen Gleichmässigkeit des Klima’s und der Milde der kühleren Jahreszeit kaum häufiger und in grösserem Umfange als im südlichen Europa Vorkommen, so ist das ebenfalls dem jährlichen Verlauf der Witterung zuzuschreiben, der bei den lange anhaltenden heftigen Luftströmungen und Regenschauern und bei der kurzen Dauer der hochsommerlichen Warme auch das Fortkommen von solchen Gewächsen beeinträchtigt, die der wärmeren Zone angehören. Diese Einflüsse machen sich natürlich auch bei der indigenen Flora geltend, die ausserdem vorherrschend einen südeuropäischen Typus verräth. In den Vordergrund treten eigenthümliche Arten immergrüner Bäume und Sträuche mit lederartigen Blättern, welche solchen Arten nahe verwandt sind, die, während sie in nördlicheren Breiten verschwinden, in Südeuropa eine grössere Verbreitung erlangten. Ebendaselbst in Südeuropa tritt schon eine Art der in Norddeutschland als kleines perenniren- des Kraut bekannten Haide in der Form eines ansehnlichen Strauches auf, der auch in der ursprünglichen Bewaldung der Azoren neben den echt indigenen Gewächsen vorkommt, und dem sich hier in ebenfalls ansehnlicheren Formen, das heisst als grössere Sträuche und als kleine Bäume eigenthümliche Arten von Vaccinium und Juniperus, also von Gattungen anschliessen, die im nördlichen Europa neben der Iiaidc als perennirende Kräuter und als kleine Sträuche H a v l u n g , Azoren. ß
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