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Nordwestseite der In se l, die während des Winters am andauerndsten einer regnerischeren, stürmischeren und kühleren Witterung ausgesetzt is t, hat man an den höher gelegenen Abhängen die Erfahrung gemacht, dass der im De- cember gesäte Weizen doch erst im Sommer'zu derselben Z e it, oder kaum etwas früher reif wird als derjenige, der 6 oder 8 Wochen später bestellt ward. Dieser Weizen könnte kaum noch als Sommerung, sondern müsste vielmehr als eine Winterung betrachtet werden, die bei der Milde der kühleren Jahreszeit auf das geringste Maass zurückgeführt ward. Ueberhaupt werden der Weizen und Roggen höher hinauf an den Abhängen und auf der Nordseite der Insel je nach Umständen 2, 4, 6 oder 8 Wochen später bestellt, als an den sonnigen bis etwa 1000 Fuss oberhalb des Meeres hinaufreichenden Abhängen der Südseite von Madeira. Auf der Nordseite bei Santa Anna und S. Jorge findet die E rnte des Weizens im Juli an den Abhängen statt, die oberhalb der 500 bis 1000 Fuss hohen Klippenwände allmählich nach landeinwärts ansteigen. Im Allgemeinen kann man dann ferner annehmen, dass auch an allen diesen Oertlichkeiten die einjährigen Kräuter nach der Zahl der Individuen und der Arten am üppigsten in der Z eit gedeihen, die in holge der klimatischen Verhältnisse ohne künstliche Beihülfe das Wachsthum der Halmfrüchte am meisten befördert. Ohne die Zeit der Saat und der E rnte der übrigen Feldfrüchte weiter zu erörtern, welche an den verschiednen Oertlichkeiten mit den Halmfrüchten zugleich gezogen werden, will ich nur anführen, dass dieselben, so wie die sogenannten Unkräuter durch das Jahr an geeigneten Standorten aushalten, auch während des ganzen Jahres da fortkommen, wo ihnen die nöthige Feuchtigkeit zugeführt wird, weshalb der Boden in diesem TCliitia bei künstlich gesteigerter Cultur zwei E rnten im Jahre gewähren kann. Die grösste Sorgfalt wird in dieser Beziehung einer fremdländischen Pflanze zugewandt, welche die Hauptnahrung der ärmern Klasse ausmacht. Es ist dies die Colocasia antiquorum, die auf der ganzen Insel bis 2500 oder 3000 Fuss oberhalb des Meeres an Standorten gepflanzt wird, die entweder an und für sich feucht sind oder künstlich überrieselt werden. Nächstdem reift die Kartoffel hier und dort zu allen Jahreszeiten, ebenso wie die Erbsen, Bohnen und andere Feldfrüchte, die als junge Gemüse auf den M arkt von Funchal gebracht werden. Wenn der Reisende zu Ende des Winters im Februar von Madeira nach den Canarien geht, so findet er dort die mannichfaltigere und durch zahlreichere Arten vertretene echt indigene Flora auch in ihrer jährlichen E n twickelung weiter vorgeschritten. Namentlich sind es die indigenen Gewächse der untersten Region, die, wenn sie nicht wie viele unter ihnen während des ganzen Jahres blühen, je tz t bereits ihre Knospen erschlossen haben, bis auf wenige, die selbst hier dieselben erst später entfalten. Ebenso beginnen in den Wäldern manche Bäume und Sträuche sowie manche accessorische Arten bereits zu blühen, die in Madeira um dieselbe Zeit noch weiter zurück sind. Allein es walten dennoch schon in dieser Region Verhältnisse ob, die sich den in Madeira beobachteten anreihen, von denen sie sich einestheils durch zahlreichere und auffallendere Ausnahmen sowie anderntheils dadurch unterscheiden, dass die Blüthezeit im Allgemeinen früher eintritt. Die in Europa verbreiteten Bäume und Sträuche blühen und belauben sich vielleicht im Allgemeinen etwas zeitiger als in Madeira, doch so wie dort erst im F rü h jah r, während die Obstsorten, die Kastanien und die Wallnüsse im Sommer reifen. Wenngleich die F älle, in welchen einzelne Bäume schon im Spätherbst blühen und im Winter ihre Früchte reifen, vielleicht in den Canarien , wo sich ausser den früher genannten auch die Feigen in ähnlicher Weise verhalten, etwas häufiger Vorkommen mögen, so steht doch fest, dass dies auch hier nur Ausnahmefälle sind und dass solche Früchte nicht ihre vollständige Ausbildung erlangen, weshalb sie von den Spaniern sehr bezeichnend Fruta loca oder unzurechnungsfähige Früchte genannt werden. Was endlich die jährigen Kräuter oder sogenannten Unkräuter betrifft, die zum gro-sen Theil mit dem Getreide eingeschleppt sein dürften, so verhalten sich dieselben ganz in derselben Weise wie in Madeira, da ihr Auftreten hauptsächlich in die Zeit fällt, die sich in Folge der reichlichsten Feuchtigkeitsniederschläge zum Anbau der Halmfrüchte eignet, und da sie ausserdem überall, wo die zu ihrem Fortkommen nothwendige Feuchtigkeit vorhanden ist, durch das ganze Jahr hindurch wachsen und blühen. Auf den Azoren scheinen die indigenen, d. h. die azorischen so wie die maderesisch-canarischen Arten nur erst vom Frühjahr an zu erblühen. Von i vielen finden wir in Seubert’s Flora azorica die Blüthezeit im späteren Frühjahr oder im Frühsommer angegeben. Ob hier so wie in den Canarien und in Madeira ebenfalls Ausnahmen Vorkommen, die darin bestehen, dass die Gewächse I im Spätherbst oder im W in te r, wenn auch spärlicher als im F rü h jah r, doch immerhin blühen, kann ich nicht mit Bestimmtheit angeben, da ich erst in der I zweiten Hälfte des April in S. Miguel anlangte. Doch müssen solche Ausnah- I men, nach dem Eindruck den die indigene Flora damals hervorbrachte zu urtheilen, viel seltener und innerhalb eines viel enger umschriebenen Gürtels I Vorkommen, der nur die wärmsten und geschütztesten Standorte der Küstenregion tunfasst. In der Waldregion scheinen sich die Jahreszeiten ungeachtet der geringen Höhe oberhalb des Meeres entschieden noch deutlicher als in Madeira in der Blüthezeit der verschiedenen Arten abzuspiegeln. Selbst die ein- | heimischen Vaccinium-Sträuche waren so üppig mit frischen Blüthen bedeckt, I dass es den Anschein h a tte , als hätten sich die Knospen erst vor Kurzem unfl I nicht schon allmählich im Winter entfaltet. Von der Viola odorata, die in


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