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Fahrt um Mitternacht bei Flores vor Anker, wo ein Schneider sein geräumiges Haus den Wallfischfängern und anderen Fremden öffnet, die gelegentlich auf der Insel landen. Da die Yacht sich nur zwei Tage aufhalten sollte, erkaufte ich, um doch etwas von dem Gebirge Zusehen, der Abmachung gemäss eine Frist von 2 weiteren Tagen für 24-Dollars oder etwa 32 Thaler, und schiffte mich dann abermals nach der Insel Faial ein, deren Nordwestspitze wir diesmal bei günstigem Wetter in 24 Stunden erreichten. Der kürzlich überstandenen langwierigen-Fahrt eingedenk, veranstaltete die Mannschaft für den bereits gewährten günstigen Wind, abermals eine Sammlung zu einer Messe, zu welcher die der ärmern Volksklasse angehörenden Reisenden bald bereitwillig, bald zögernd beisteuerten, während nur ein paar gar nichts gaben. Denn wir hatten diesmal zwar keine vollständige Ladung aber dafür, Weiber und Kinder mit eingerechnet, 57 Passagiere an Bord. Im Angesichte von Faial hielt uns abermals ein® Windstille au f, so "dass wir bei' der um Mitternacht aufspringenden Brise lavirend doeh erst nach 36 Stunden im Hafen anlangten. Als wir am Morgen in Horta vor Anker gingen, erfuhr ich,;'dass noch an demselben Tage eine Brigg nach England segle, die auf ihrem Wege dahin in Terceira anlegen und daselbst 10 bis 1 4 Tage bleiben sollte. Wenn ich diese Gelegenheit wahrnahm, konnte ich auch die neunte Insel des Archipels durchstreifen, die letzte von allen die mir noch zu sehen übrig blieb. Drum weilte ich nur wenige Stunden am Lande und schaukelte am Abend schon wieder auf den Wogen, über welche unser Schiff vor einer leichten Brise dahin glitt. Bei Windstille und schwachem, bald günstigem bald ungünstigem Winde währte die Fahrt bei dem herrlichsten Sommerwetter 3 Tage und 3 Nächte, während welcher Zeit sich Gelegenheit bot, die Insel Terceira aufzunehmen, wie sie auf Tafel IX. Fig. 3 und 5 dargestellt ist. Das .Gebirge, "welches reich an interessanten geologischen Erscheinungen ist, bietet gerade keine besonders malerischen, sondern ziemlich einförmige Umrisse. Unmittelbar hinter dem Monte Brazil, einem ansehnlichen Tuffkegel, öffnet sich eine hufeisenförmig eingeschlossene Bucht, die einen zwar nicht sehr grossen, aber doch geräumigen Hafen darstellt, an dessen Ufern die ansehnlichen Häusermassen der Cidade da Arigra do Heroismo, von einem Monument überragt, amphitheatra- lisch emporsteigen. Das Epitheton verdankt die Stadt den heldemnüthigen Thaten, durch welche sie so wie die ganze Insel sich während des Krieges gegen Dom Miguel auszeichneten. Terceira wurde früher als die vornehmste Insel betrachtet und Angra war als Sitz des Statthalters und der Autoritäten die Hauptstadt des Archipels. Allein das auf S. Miguel auf blühende Ponta delgada überflügelte .durch seinen Wohlstand die alte Residenz, die je tz t, wo man die neun Inseln drei von einander unabhängigen Gouverneuren zuertheilt hat, nur noch in Anbetracht der Vergangenheit die erste Stelle unter den Orten ■er überseeischen Provinz beanspruchen kann. Und wenn auch Angra mit Kinen Festungswerken, ansehnlichen Gebäuden, stattlichen Häusern und breii n Strassen entschieden am meisten das Gepräge einer colonialen Residenz l ä g t so umfasst dagegen Ponta delgada mehr der Neuzeit entliehene gross- ■ädtische Elemente. Denn gerade diese Stadt beherbergt die grösste Zahl Biche r Personen, die wiederholt nach dem Auslande reisen, ihre Häuser mit ¡Gemälden und Luxusgegenständen anfüllen, elegante moderne Equipagen halle n und von fremden Gärtnern herrliche Gartenanlagen ausführen lassen. Nachdem wir im Hafen vor Anker gegangen, liess die Visite erst lange l u f sich warten und als sie in prunkvoll ausgestatteten Booten herankam, voll- Lqo- sie was ihres Amtes war in einer gemessenen zeitraubenden Weise. Ebenso »wurden wir im Zollhause durch strenge Beobachtung von Förmlichkeiten aufwehalten aber mit ausgesuchter Artigkeit und Zuvorkommenheit behandelt. Skis der französische Naturforscher Mons. Morelet und ich endlich im Gast- Ihaus anlangten und den Wirth zu sprechen verlangten, liess uns dieser sagen, ■wir möchten warten bis er dinirt habe. Nach etwa drei Viertelstunden erschien fer dann im Billardzimmer, wo wir seiner harrend bei unserem Gepäck sassen, Iwarf sich die Cigarre im Munde auf ein Sopha und fing an uns über die Mee- fcesfahrt, den Zweck der Reise und dergl. auszufragen. Natürlich unterbrachen »wir das unzeitige Verhör sehr bald durch die bestimmte Frage nach den un- Ibesetzten Räumen des H a u s e s a u f die wir jedoch statt der Antwort den Be- Ischeid "erhielten, dass wir .in einem Zimmer schlafen würden. Das war mehr lals wir zu ertragen gesonnen waren. W ir verliessen sofort das ungastliche ■Dach und gingen zum Consignatar des Fahrzeuges, der mit jener Zuvorkomm e n h e it, an die wir während unseres Aufenthaltes im A rchipel bereits gewöhnt ■waren, uns sogleich begleitete, um eine leer stehende Wohnung aufzusuchen, Idie wir endlich in einer schmalen Strasse in einem kleinen Häuschen ausfindig jmachten. So kam, bis der Diener Vorräthe einkaufte und eine Mahlzeit bereitete, »der späte Abend des Tages h e ran , d er, obschon wir früh im Hafen einfuhren, ■ über dem Landen, Aufsuchen und Einrichten einer Behausung vollständig ■verstrichen war. Der angesehenste und reichste Grundbesitzer I:. O der In se l, der ■Graf von Bruges, dessen Vorfahren aus Flandern stammend im 15. Jahrhun- Id e r t die Colonie begründeten, empfing uns überaus freundlich, lud uns zu ■einem Stiergefechte e in , das er auf seinem schönen bei der Stadt gelegenen ■ Gute veranstaltete, und traf Vorkehrungen zu einer Rundreise um die Insel, l a u f welcher uns ein andrer H e rr begleitete, um selbst für unsere Bequemlich- I keit zu sorgen. Zur Ehre der gastfreien Bewohner dieser Insel u n d der ganzen I Gruppe überhaupt muss ich hier anführen, dass wir n u r in dem Gasthause ■ von Angra über die Aufnahme zu klagen hatten; und auch in diesem Fall I war nicht Unfreundlichkeit die Triebfeder des oben geschilderten Benehmens,


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