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aber rollten majestätisch faustgroese hell leuchtende Kugeln im Meer, drehten sich von den Schiffswandungen berührt und von dem fortgestossenen Wasser mitgerissen wirbelnd herum, oder verschwanden während andere an ihrer Stelle auftauchten. Auf der dem Winde abgekehrten Seite tauchte das Schiff so tief e in , dass ich über das Geländer gebeugt nur zwei Fuss unter mir deutlich die leuchtenden Formen der Quallen und selbst die Fangarme Unterscheiden und sehen konnte, wie zuweilen der Phosphorglanz erlosch und wie das leuchtende Thier sich scheinbar in ein Nichts auf löste. Nicht dauernd war dieser Anblick. In Zwischenräumen erschien das Meer dunkel. Dann aber tauchten erst einzelne leuchtende Kugeln auf, die bald darauf zu Dutzenden > ein Lichtmeer verbreitend, in buntem Durcheinander an dem schnell segelnden Fahrzeug vorüber zu rollen schienen. In S. Miguel landeten wir erst am folgenden Morgen und schon Tags darauf segelte ein Schooner nach Faial, der eine Gelegenheit nach jener Insel zu gelangen bot, d ie, wie die Erfahrung lehrte, erst in vier Wochen wiederkehrte. Am zweiten Tage der Reise lag die Insel Pico vor1 uns als ein gestreckter Höhenzug, auf dessen nordwestlichem erweiterten Ende ein abschüssiger Kegel wie eine riesige Landmarke emporsteigt, während auf dem oben abgestumpften zuckerhutförmigen Gipfel ein spitzer Aschenhügel fast wie eine als Zeichen aufgethürmte Pyramide aussieht. Dieser majestätische auf Tafel XV. dargestellte Berg, der 7613 Fuss über dem Meere emporsteigt, überragt um das Doppelte die bedeutendsten Höhen der ändern Inseln und wird deshalb in den Azoren, so wie der Pik von Teneriffa in den Canarien, mit Stolz als das Achtung gebietende Wahrzeichen der ganzen Gruppe betrachtet. Ihm gegenüber erhebt sich nur vier Minuten entfernt die Insel Faial gerade so als ob sie jenseits der Meerenge eine Fortsetzung des Pico-Gebirges därs.telle. Ihre Hauptstadt Horta gewährt vom Meere gesehen ein gar anmuthiges Bild. In einer von zwei vorspringenden Landspitzen gebildeten Bucht ziehen sich die hellen Häusermassen am Meere entlang und amphitheatral-isch am Berge hinauf, wo sie mit Kirchen oder ändern grossen öffentlichen Gebäuden und mit grünen Gärten abwechseln. In der Stadt dagegen fesselt den Blick des Fremden eine anziehende Marine - Landschaft, die grossartigste, die im Archipel geboten wird. Seitlich schliessen die Endpunkte der kleinen Bucht das Bild ab, in dessen Mitte der mächtige Berg von Pico so emporsteigt, dass er mit seiner breiten Basis den grössten Theil des freien Raumes erfüllt, während links in blauer Ferne das Gebirge von S. Jorge, rechts der auf dem Meere aufruhende Himmel den Hintergrund bilden. Fahrzeuge verschiedner Grösse beleben die Rhede und in dem Canal, der anscheinend die Breite des Genfer See’s h a t, sieht man wie dort beinah zu jeder Tageszeit offene Boote mit ihren spitzen lateinischen Segeln hinüber oder herüber fahren, während zuweilen die Wallfischfänger, die nicht vor Anker gehen mögen, majestätisch mit aufgeblähten Segeln hin und wieder kreuzen. Jenseits der schmalen Meerenge unterscheidet man deutlich an dem von einem weissen Schaumstreifen umgebenen Gestade die einzelnen Häuser und Kirchen mehrerer Kirchspiele und die Villen, welche sich die reichen Bewohner Faial’s drüben erbauten. Dunkle Lavenfelder, aus welchen vereinzelte oder an einander gereihte Schlackenhügel hervorragen, ziehen sich an den untern sanfter geneigten Abhängen hinauf, die weiter oben in düsterem Gewölk verschwinden, das gewöhnlich geheimnissvoll die wahre Gestalt des Berges verschleiert. Heitert sich aber am Nachmittage das Wetter auf, dann ragt gegen Abend der abgestumpfte Gipfel mit der pyramidenförmigen Zacke über dem Gewölk empor, das sich allmählich in einen schmalen Gürtel zusammenzieht und zuletzt verschwindend den kü h n en , der breiten Basis aufgesetzten Kegel der scheidenden Sonne und dem Abendrothe enthüllt. Geht nachher der Mond auf und beleuchtet mit seinem Silberlichte die beweglichen Wellenspitzen, so steigen diese eigenthümlichen Umrisse wie ein riesiger Schattenriss aus dem blitzenden Meere empor und gewähren wie bei Tage ein characteristisches Bild der grossartigsten vulkanischen Bergform. Auch dort hat die anhaltende Feuchtigkeit in dem gleichmässig warmen Klima wie durch Zauber selbst auf den anscheinend so frischen vulkanischen . . . Erzeue®- - mssen eine Vegetation hervorgerufen. Nur wenige Lavenströme liegen wüst und öde, und sind erst mit Moosen oder vereinzelten Pflanzen bedeckt. Auf den übrigen wurzeln Reben in der kaum zerfallenen Oberfläche zwischen losen Lavengeröllen, aus welchen man in Zwischenräumen von drei bis vier Schritten Mauern oder Wälle von drei Fuss Höhe aufgeschichtet und durch äbnlipkg Querwände verbunden hat. In solchen fachartig abgetheilten Weinbergen, die aneinanderstossend weite Flächen wie mit einem dunkeln Netzwerk überspannen, wächst der beste und meiste Faial-Wein, der seinen Namen wohl dem gegenüberliegenden Hafen verdankt, aus welchem er verschifft wird. Die in diesem Gürtel gelegenen Dörfer gewähren einen düstern Anblick mit ihren aus der schwarzen Lava aufgeführten H ü tte n , Ställen und Einfriedigungen. Kaum hat man hin und wieder ein Stückchen dünne Erdkrume bebauen können , während vereinzelt kleine Feigen-, Zwetschgen- und Aprikosenbäume wachsen, die übrigens vortreffliche zeitig reifende Früchte liefern. Höher oben, wo die Weinberge aufhören, sind die zersetzten Schlacken und Tuffmassen mit Feldern bedeckt, oder durch mächtige Gesträuchformen bewaldet, und daran schliessen sich an der Grenze der herabhangenden Wolken saftgrüne Triften mit kurzem Rasen. Dort steigt der Reisende, der vor Tagesanbruch von der Küste auf brach, von den Mauleseln und beginnt nach schnell beendetem Frühstück den zuckerhutförmigen Berg zu erklimmen. K ein Fusspfad leitet seine Schritte oder erleichtert durch Windungen die beschwerliche


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