Sclavenschiffe, während mein Diener sich unter der L eiter in dem letzten noch leeren Winkel zusammenkauerte. Als wir nach einer unruhigen Fahrt am folgenden Tage gegen Abend bei Santa Maria anlangten , raffte ich mich von der Seekrankheit und aus der dumpfen Kajüte auf, um die Insel zu sehen. Welch einen Anblick bot das Deck! Zwischen K isten , Fässern, Körben und Schiffstauen lagen, sassen oder standen überall Deckpassagiere, so dass die Matrosen sich nur behutsam hin und h er bewegen konnten. Nicht eine Spanne Raum war frei gelassen; auch in dem Boote und unter seinen aufsteigenden Böschungen hatte man sich Lagerstätten zurechtegemacht. Dazwischen mitten in dem bunten Durcheinander kauerte der Koch vor der kleinen Küche, in welcher das Feuer auf einer Steinunterlage von einem hölzernen oben offnen Kasten umgeben brannte. Am Steuer standen bei dem Kapitain die, welche nicht von der Seekrankheit litten, rauchten, schwatzten und scherzten unbekümmert um das Leiden der Uebrigen. Hier lag auf einer Binsenmatte eine ganze Familie, Vater, Mutter und drei kleine K in d e r, dort ruhte der Kopf eines 14jä h rigen Mädchens in dem Schooss der M u tte r, die matt mit geschlossenen Augen an der Schiffswand lehnte; andere lagen in den verkrümmtesten peinlichsten Stellungen auf den Dielen, Männer standen mit erdfahlen Gesichtern an den Masten und über die Schiffswandungen beugte sich Dieser und Jener, während zwischen dem Aechzen und Stöhnen der Gepeinigten die Kühe aus dem Schiffsraum dann und wann kläglich ihre Stimmen ertönen Hessen. Ehe wir den Ankerplatz erreichten, mussten wir noch bis zum ändern Morgen laviren. Oberhalb der kahlen Klippen lagen dort die weissen Häusermassen des kleinen Hauptortes auf einem schmalen, durch Schluchten begrenzten Vorsprunge, an welchem sich der Weg vom Strande aus im Zickzack heraufwand. Auf diesem stiegen die Menschen, das Jungvieh und die mit Gepäck und Waaren beladenen Esel in malerischem Zuge zu dem Zollhäuschen empor, das von schwindelnder Klippe den Landungsplatz überwacht und je tz t während mancher Stunde der Schauplatz strenger Nachsuchungen war. Glücklicherweise hatte das Wetter die Landung begünstigt, aber schon am folgenden Tage steigerte sich der Wind so sehr, dass das leichte Fahrzeug, um nicht an die K lip pen geschleudert zu werden, den Anker hob und während 4 Tagen auf offnem Meer umherirrte. Die Gefahr ist keine eingebildete. Innerhalb der 4% Monate, die ich auf dem Archipel zubrachte , strandeten drei dieser kleinen Fahrzeuge bei S. Miguel. Glücklicherweise hatte man nur in einem Fall den Verlust von Menschenleben zu beklagen, und während zwei der Schiffchen an den Felsen zerschellten, hoffte man das dritte von dem sandigen Strande wieder flott zu machen. Es kann für die Bewohner eben kein tröstlicher Gedanke se in, dass sie auf ihren kleinen Inseln selbst von den nächsten Nachbarn durch so beträchtliche Strecken eines stürmischen Meeres getrennt sind. Allein von Jugend auf an das Meer und an seine Gefahren gewöhnt, fahren sie darauf in ihren kleinen Fahrzeugen mit derselben Ruhe, mit welcher wir N ordländer in unsem Schlitten über die zugefrorenen Gewässer dahingleiten. Dagegen erregen ihnen die Schilderungen der Eis- und Schneemassen, die im Norden monatelang das Land bedecken, dasselbe Grauen, das den Bewohner des Binnenlandes unwill- kührlich bei dem Gedanken an eine Seereise anwandelt. Bei unsrer Ankunft in Santa Maria war einer meiner Reisegefährten mit der diesen Inselbewohnern eigenthümlichen Zuvorkommenheit ans Land geeilt und hatte mir ein kleines leer stehendes Häuschen gemiethet, in welchem mein Diener, nachdem er es mit geliehenem Geräthe nothdürftig ausgestattet hatte, während des durch den Sturm etwas verlängerten Aufenthaltes die Wirthschaft führte. Bei der Rückfahrt nach S. Miguel befanden sich nur 17 Deckpassagiere an Bord der Yacht, die schwer beladen kaum zwei Fuss aus dem Meere hervorragte. Aber dafür standen 29 Ochsen und Kühe dicht gedrängt auf dem Deck, welches ausser ihnen ein K a lb , eine Ziege und grosse Körbe voll Hühner und Enten so erfü llten , dass die Matrosen nur über das Schiffsgeländer vom Bugspriet zum Steuer gelangen konnten. Glücklicherweise war das Wetter nachdem es sich ausgetobt hatte entzückend schön geworden. Von einem Ruderboote hinausgeschleppt, bewegte sich das Fahrzeug vor einem leichten Lufthauch kaum merklich weiter', sanft geschaukelt von dem majestätisch auf und nieder wallenden Elemente, dessen spiegelnde Oberfläche das Licht des Vollmondes in beweglichen Schlangenlinien wiederstrahlte. Die kleine lärmende Welt hatte sich indessen auf den paar Balken und Brettern dem Schlaf in die Arme geworfen und schwamm nun stille inmitten der grossartigen Ruhe des Oceans. Deutlich tönte das schrille nächtliche Geschrei der Möwen von dem kleinen an der Küste gelegenen Felseneilande herüber und dazwischen erklangen die schleppenden unmelodischen Weisen, in welchen der Mann am Steuer seine in Knüttelverse (Trovas) gebrachten Gedanken hören liess. Windstillen halten in diesen Breiten um diese Jahreszeit nie an. Schon am folgenden Morgen fing es an zu wehen und als ich mich zwei Tage später in einem schönen Schooner von S. Miguel nach Faial einschiffte, hatte ich wieder eine unruhige Fahrt, die bei ungünstigem Winde drei Tage und drei Nächte währte. Diesmal schaffte uns die allmählich an wachsende Brise innerhalb 36 Stunden ans Ziel. Als wir uns Nachts bei düster umwölktem Himmel der Insel näherten, bot das Meer mit seinen leuchtenden Quallen ein überaus prächtiges Schauspiel. Oft sah ich wie das Mittelmeer von unzähligen mikroskopischen Thierchen leuchtete, wie an den Dampfern der Kiel und die Schaufelräder von lichten Funken umsprüht und von einem Phosphorschein umgeben das flüssige Element zer- theilten und wie das Wasser, welches am Räderkasten hereindrang, mit leuchtenden Pünktchen wie mit Silberflittern bedeckt, über das Deck abfloss. Hier
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