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geschlossenen Manglaren dem Menschen so gut wie unzugänglich. Einzelne natürliche Lücken in dem Pflanzenlabyrinthe, gewundene, tunnelgleiche und düstere Canäle können durch häufig passirende Canoes und durch die fleissige Anwendung der Buschmesser zwar nothdürftig offen gehalten werden, aber eine Wanderung aut und zwischen dem Wurzelwerk vermögen doch nur Affen auszuführen. Sogar der im Klettern geübte barfüssige Wilde kann nur mit einem ausserordentlichen Aufwande an Zeit und Mühe ein halbes hundert Schritt weit eindringen; daher giebt man selbst ein erlegtes seltenes Thier, das zwischen dicht stehende Rhizophoren gefallen ist, lieber sogleich verloren. Wo aber die Mangroven lockerer vertheilt sind, da wird das Umherwaten auf dem dauernd oder im Wechsel der Gezeiten periodisch mit Wasser bedeckten schlammigen Boden wieder vielfach erschwert durch kurze aufrecht gestellte Holzzapfen, welche wie die Zähne einer Eg ge hervorragen. Es sind nicht etwa Schösslinge, die zu neuen Bäumen werden, sondern zwecklos erscheinende und ihre Gestalt nicht weiter verändernde Wurzeltriebe. Sehr viele, wenn nicht die meisten Individuen unter den Mangroven sind mit geraden, langgestreckten Luftwurzeln ausgestattet, die an den einzelnen Bäumen nach Zahl und Anordnung sehr verschiedenartig entwickelt sind. Sie entspringen in beliebiger Entfernung vom Boden sowol dem Hauptstamme wie den starken Aesten, hängen aber zuweilen in erstaunlichen Mengen (Abbildung HI 198] sogar von einzelnen Partieen des äussersten dünnen Gezweiges nieder. Die durchschnittliche Dicke der Luftwurzeln beträgt zwei bis drei Centi- meter; ich habe sie bis zu siebzehn Meter Länge mit den vergleichsweise winzigen Zweigen, aus denen sie in voller Stärke hervorgesprosst waren, von entsprechender Höhe herabgerissen. Sie sind weich und markreich, sodass ein Messer sie gut durchschneidet und sogar ein recht kräftiger Druck der Finger genügt, um sie zu bebeschädigen; beim Aufrollen in zu engen Windungen knicken sie leicht ein; ausgetrocknet haben sie ein Überraschelid geringes Gewicht. Obwol sie äusserlich Tau werk ähneln, besitzen sie doch bei weitem nicht die Zähigkeit von Lianen und erreichen auch selten den Boden, in dem sie überdies niemals besonders fest wurzelnd gefunden wurden. Daher können sie nicht den Zweck haben, den Bäumen einen sicheren Halt zu geben. Will man ihnen nicht einigen Werth als Flüssigkeit aufsaugende Theile zugestehen — die wenigsten derselben tauchen jedoch in das W asser ein — so erscheinen sie als gänzlich überflüssige im Winde schaukelnde Anhängsel. Vielleicht darf man sie als verspätete Auswüchse, als verfehlte Leistungen eines Triebes betrachten, der für die jüngeren Mangroven seine volle Berechtigung hat und sogar eine Lebensfrage ist. Die jungen Pflanzen senden nämlich von ihren Haupttheilen ebenfalls Luftwurzeln aus: doch diese erreichen sehr bald den nahen Boden, wachsen darin fest, verholzen und erstarken allmählich und dienen den künftigen Stämmen als zuverlässige Stützen. Weder die festen harten Haltwurzeln, noch die schwanken Luftwurzeln entwickeln belaubte Zweige, auch verwachsen sie an Kreuzungsstellen nicht miteinander. Trotz des Angeführten ist nochmals besonders zu betonen, dass die Luftwurzeln der Mangroven ausschliesslich aus Stamm und Geäst, nicht aber aus den Früchten hervorwachsen. Denn es ist sehr bemerkenswert, dass die g e g en te ilig e Auffassung bei berühmten Forschem und sogar bei Botanikern von Fach, die jahrelang in den Tropen lebten, immer noch weiter besteht und natürlich in anerkannt vorzügliche Werke aufgenommen wurde, deren Verfasser sich auf die Angaben von Reisenden stützen mussten. Den im WesenÜichen doch Frucht d er Mangrove. so leicht zu enträtselnden Vorgang bei der Vermehrung der Mangroven hat Dr. O. Kuntze in seiner reichhaltigen Arbeit über die Schutzmittel der Pflanzen nach eigener Anschauung und der dänische Botaniker Warming auf Grund der Beobachtungen des Baron von Eggers auf St. Croix im Botanizka Notiser (1877 No. 1) richtig dargestellt. So lange die Früchte der Mangroven mit dem Mutterstamme in Verbindung bleiben, senden sie weder Zweige noch Wurzeln aus, können sich demnach nicht schon vor der Trennung zu sicher im Boden verankerten Individuen entwickeln. Aus der feigenförmigen selten bis zur Grösse eines kleinen Hühnereies anschwellenden Frucht wächst ein runder zugespitzter Keimling hervor (siehe auch Abbildung III 1), welcher selten die Dicke eines schwachen Fingers erreicht. Er ist schön hellgrün-gefärbt und namentlich in seinem unteren Drittel mit kleinen röthlichbraunen Unebenheiten, mit zierlichen Warzen besetzt, welche die Köpfe der ersten später hervor wachsenden Wurzeln zu sein scheinen. Seine durchschnittliche Länge beträgt zwanzig bis dreissig Centimeter einmal wurde die übermässige Länge von sieben


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