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Zwiebelgewächse vieler Steppengebiete ist den Campinen fremd. Nur in den offenen finden sich verstreut einige Kinder Floras: matt roth oder gelb blühende Indigostauden, eine niedliche Striga lutea Lour. mit brennend rothen, die zierliche Cassia mimosoides L. mit goldgelben, stellenweis auch ein Clerodendron mit lebhaft scharlachfarbenen Blüten. Seltener gedeihen zwischen den Gräsern Vernonien, die violette V. cinerea Less. und die weiss oder leicht rosa blühende V. senegalensis Desf.; die letztere — ndülindüli: sehr bitter — ist eine der verbreitetsten, und wird von den Eingeborenen ausgiebig zu medicinischen Zwecken verwendet. Die Vernonien besiedeln zuerst wieder neben den schon genannten Gräsern sowie einigen schön blühenden Malvenarten und der sehr häufigen Cassia occidentalis Hort. — mfudugöso, deren Samen uns vielfach zu einem vortrefflichen Ersatz des Kaffees dienten — wüst liegende Cultur stellen sowie die Umgebung der Factor eien und Dörfer; zu ihnen gesellt sich der zu stattlicher Höhe aufstrebende Ricinus communis, der gemeine Fuchsschwanz (Amarantus sp.) und namentlich auf ehemaligem Waldboden, ein riesiger Amorphophallus, dessen vor den mächtigen Blättern auf hohem Schafte entwickelte Blüte durch eine ausserordentlich hohe Eigenwärme, eine fast erschreckende Fieberhitze ausgezeichnet ist. Die nämlichen Standorte, besonders in der Nähe des Meeres, lieben ferner die Tomate (Lycopersicum esculentum Mill.), der mit grossen gelben Blumen geschmückte Baumwollenstrauch, unser bekanntes am norddeutschen Meeresstrande heimisches Suppenkraut Portulaca oleracea L., die zu Verzierungen bei Muschelarbeiten verwendete Rotherbse (Abrus precatorius L.), das bekannte aus America stammende Chenopodium ambrosioides L., die weit verbreitete Studenten oder Todtenblume (Tagetes "patulus) und die ebenfalls als Schmuckpflanze gezogene ostindische rothe Immortelle (Gomphrena globosa L.) sowie das Wandelröschen (Lantana Camara L.) und der durch noch bedeutendere Farbenveränderungen seiner Blüten auffallende Wunderstrauch (Quisqualis indica L.). Die empfindliche Sinnpflanze (Mimosa pudica L.), welche ich am nicht fernen Gabun zur Seite mancher W eg e in Menge antraf, fehlt der Loangoküste. So findet man in den Tropen manche gepflegte Lieblinge der Heimat fast als Unkräuter wieder und sieht sie bescheiden blühen neben stolzeren einheimischen Pflanzen. Ueberraschend contrastiren mit ihnen namentlich an feuchten Orten der Campinen um Ponta- negra, wo auch die bekannte Meerzwiebel (Scilla maritima L.) auftritt, hochwüchsige Erdorchideen, von denen zwei nahe verwandte Arten zu den Königinnen unter den Blumen gehören: sie treiben ihre seltsam geformte und grosse purpurrothe oder gelbliche, violett gefleckte Blüten tragende Schäfte bis zur Mannshöhe empor-und überragen die umstehenden Gräser. Eine dritte sehr stattliche Erdorchidee, Lisso- chilus giganteus Hook., welche nach K ew Gardens gesandt, und daselbst mit Glück cultivirt worden ist, hat einen zweiten Standort am sumpfigen Ufer des Congo, unmittelbar oberhalb der englischen Factorei zu Porto da Lenha, wo ich sie im November in voller Blüte antraf. Diese stolzen, in echt tropischer Pracht strahlenden Blumen sind indessen zu selten, die übrigen sind, zu bescheiden, als dass sie in den Grasbeständen bemerkbar würden. Einen lieblichen Wiesenstrauss wie in der Heimat vermag man nirgendswo zu pflücken. Um so mehr gewinnt der parkartige, in seiner Verschiedenheit der Formen so an- muthende Charakter der Savanen durch die feine Farbenschönheit der Gräser, die in ihren besonderen Arten mehr oder weniger grosse Strecken beherrschen und im Wechsel der Jahreszeiten die Stimmung der Landschaft bedingen. W ie hingehaucht ruht während der Blüteperiode ein wunderbar duftiges Colorit über den wogenden Flächen, die während des Absterbens, gleich unsem Wäldern, sich wiederum mit allen Farbenreizen des Herbstes schmücken: ein beständiger Wechsel von bläulich grünen, zart rothen und goldigen, sowie warm braunen und fahlgelben Tönen, welche im violetten Duft der Ferne zusammenfliessen und tief dunkle Stellen beigemischt erhalten, wo die verheerenden Flammen ihren W e g genommen haben. Selbst während der Höhe der trockneren Jahreshälfte liegen die Campinen blos scheinbar gänzlich verödet und todt, denn überall zwischen den abgestorbenen oder theilweise verbrannt aufragenden Halmen wie zwischen dem GeVirr niedergebrochener Pflanzentheile entwickeln sich spärliche junge Triebe. Sogar auf der offenen Flur, wo der Sonnenbrand mit vollster K ra ft ein wirkt, wo das Feuer vielleicht alles Brennbare bis auf die Wurzelstöcke verzehrt hat, kommt das Wachsthum nicht völlig zum Stillstand. Entweder enthält, allenthalben erreichbar für die unterirdischen Organe, der poröse Boden noch Feuchtigkeit genug, um ihnen die Ernährung junger Blättchen und Sprossen zu ermöglichen, oder der allnächtlich fallende Thau bringt diesen hinreichende Erfrischung. So harren die Gräser, wie im Halbschlummer sich leise vorbereitend, ihrer wiederkehrenden Vegetationsperiode, um dann in kürzester Zeit zur vollen Höhe emporzuwuchern. Man gewinnt jedoch den Eindruck, dass sie von dem Auftreten der Gewitter, also von dem Verlaufe der eigentlichen Regenzeit über


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