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Donner ohne Blitze; Blitze ohne Donner. entstehen in dieser Weise auch ganz normale Gewitter. Wahrend des Uebergangsstadiums lässt sich der wesentliche Unterschied zwischen Blitzstrahlen, Wetterleuchten und Büschelentladungen auf das Schärfste beobachten, und ich betone hier nochmals, dass die letzteren unter ■keinen Umständen mit jenen zu verwechseln sind; weiter unten werde ich noch abweichendere Entladungsformen zu beschreiben haben. Während der Tageszeit vermag man die Flächenblitze sowie bisweilen auch das besonders duftig auftretende Wolkengewebe nicht zu sehen; dies erklärt es, wie wir öfters — im Januar 1876 sogar drei Tage lang, bis sich endlich normale Gewitter ausbildeten — em von oben kommendes Getöse bei scheinbar heiterem Himmel vernehmen konnten. Es überraschte mich daher auch nicht, als sich, wahrend der von mir an der Loangobai beobachteten Sonnenfinstermss vom 20. September 1875, die Atmosphäre binnen weniger Minuten mit zarten Schichtwolken erfüllte. A u f Seite 60 habe ich schon erwähnt, dass auch aus den niedrig schwebenden Rauchmassen starker Savanen- brände zuweilen Blitzstrahlen hervorbrechen; in Folge dieser mögen, ebenfalls Donnerschläge geschehen, ohne dass ein Gewölk in Sicht ist. Ich darf hier sogleich die entgegengesetzte Thatsache anfuhren, dass wir einige Male Blitze in verhältnissmässiger Nähe beobachteten, ohne den Donner vernehmen zu können, welcher doch auf eine Entfernung von etwa sechszehn bis zwanzig Seemeilen hörbar sein soll. Zwei Fälle sind deswegen besonders bemerkenswerth. Am 1. December 1875 zogen gegen Abend zwei schwere Gewitter von Norden und Nor - osten in verschiedener Höhe unter heftigem Blitzen und Donnern über Tschintschotscho, standen später am Congo und über Kabmda est und schienen nochmals herankommen zu wollen. Der Regen war um zehn Uhr zu Ende, der Donner verstummt, der Himmel hatte sich im Uebrigen aufgeklärt, und nur einige Cirro-cumuli schwebten im Zenith. Die im Süden vereinten Wetter waren um zehn Uhr wieder bis zum Vorland von Landana, vier Meilen von uns entfernt, vorgerückt, und verhüllten dieses durch ihren Schlagregen, zogen aber bald in weitem Bogen nordwestwärts ab. Trotzdem wir nun Blitze in grösser Anzahl beobachteten, und verschiedene Strahlen deutlich auf das hohe Vor- land niedergehen sahen, herrschte doch das tiefste Schweigen. ir hatten vollständige Windstille und die Calema war so schwach, dass ihr Tosen uns nicht täuschen konnte. Die Thatsache ist mir um so räthselhafter geblieben, als zu anderen Zeiten selbst von Wetterhuschen, deren Regensäulen noch südlich von der vierundzwanzig Meilen entfernten Kabindaspitze standen, auch bei ziemlich wolkenlosem Himmel, ganz deutlich die mächtigen Donnerschläge herüberhallten. Von Aureolen umgebenes Gewölk. 103 Noch merkwürdiger erscheint der Fall vom 15, Februar 1875. Am Abend stand ein Wetter tief im Südosten; ein dichtes Stratusgewölk bedeckte den ganzen Himmel. Die Seebrise wehte noch, die Brandung war gering; sonst blieb Alles still. W ir standen vor der Thür und beobachteten das ferne Leuchten des Gewitters. Da schlug plötzlich von dessen Rand am Horizont ein ungeheurer dreigespaltener Blitzstrahl herauf, über uns hinweg und bis weit hinein in den Nordwestquadranten. Trotzdem konnten wir nicht den leisesten Donner vernehmen. — Die eigenartige langsame Büschelentladung zeigte sich, wenn auch selten, sogar im Gewölk vollkommen ausgebildeter Gewitter; häufiger bemerkt man dagegen eine andere Erscheinung, welche wol nur als eine andere Form jener aufzufassen ist. Die ersten Cumulimassen eines sich nähernden Wetters sind manchmal mit einer dicht über den oberen Rändern schwebenden Aureole verziert, welche durch ein bis drei concentrisch angeordnete und mit feiner radiärer Streifung gezeichnete Bögen gebildet wird, die im Kleinen manchem Polarlichte ähneln. Sie bleiben ununterbrochen scharf sichtbar, oder wechseln an Deutlichkeit, oder entstehen und verschwinden, wobei sie in langsamer Folge von innen nach aussen vorrücken; auch ändern sie ihre Lage und Form entsprechend den gröberen Umgestaltungen der Wolken, verhalten sich aber stets concentrisch. Diese Aureolen heben sich hell ab sowol vom blauen Himmel wie von höher schwebenden Wolkenschichten, scheinen aber stets nur die höchsten Partieen des Gewölkes zu umgeben; sie treten ferner öfters auf an den grossartigen Cumuli, welche sich am Vormittage bilden, und sind gänzlich unabhängig vom Stande der Sonne. Besonders schön entwickelten sie sich am 17. November 1874 bei Sonnenuntergang an einem im Südosten aufsteigenden Gewitter; die Abbildung am Schlüsse dieses Ca- pitels veranschaulicht diese Erscheinung. Bios ein Zufall ist es, dass ich gerade diese Form der Büschelentladung in Loango nur während der Tageszeit bemerkt und darum eigene Lichtwirkung derselben nicht wahrgenommen habe; in der Südsee konnte ich eines Nachts an den Wetterwolken, welche die grossartigen Vulkane Hawaiis umlagerten, das schwache Selbstleuchten wie St. Elmsfeuer — dieser Aureolen unzweifelhaft nachweisen. Die auffälligsten Lichterscheinungen zeigten die bereits auf Seite 56 geschilderten zierlichen Wolkenballen, welche an besonders schönen und stillen Abenden, in einer Reihe angeordnet, fünf bis dreissig Grad hoch über dem Meere schwebten. Jeder derselben war vom benachbarten durch einen grösseren Zwischenraum getrennt, alle aber schienen


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