Page 54

27f 32-2

96 Gewitter und herrschende Winde. ketten nordwestwärts geschlichen hatten. Derartig gefesselte Gewitter schienen während ihrer Gefangenschaft ihre Kräfte ausserordentlich vermehrt zu haben, denn wenn sie endlich in* den Nachtstunden heranzogen, tobten sie mit unglaublicher Wuth über die Küste hin. Die Wechselbeziehungen zwischen dem Gange der Gewitter und dem herrschenden Winde sind so mannigfaltige, dass sie fast in jedem Falle gesondert betrachtet werden müssten. Ein Schwanken oder gänzliches Aussetzen der von Westen kommenden Luftströmung ist beim Heraufziehen eines Wetters allerdings die Regel, aber der Ausnahmen sind viele. Bisweilen gieng die Seebrise erst nieder, wenn dasselbe fast das Zenith erreicht hatte, und dann nur für so kurze Zeit und innerhalb so enger Grenzen, dass sie, sobald jenes passirt war, sofort wieder einsetzte und die ihr eigenthümlichen Cumuli nach wie vor landein über das Gebirge trieb; in. seltenen Fällen änderte sie aber unter gleichen Umständen weder Richtung noch Stärke, auch nicht, wenn Gewitter stundenlang ringsum oder seewärts hiengen. Sie hatte dann offenbar nur eine geringere Höhenerstreckung; Zu anderen Zeiten erstarb sie plötzlich ohne jeden sichtbaren Grund und erwachte wiederum am späten Abend nach mehrstündiger Pause beim Vorüberziehen eines schweren Wetters und blies dann stark die ganze Nacht hindurch. Eins der schwersten Gewitter, das wir erlebt, zog am Spätabend des 16. Februar 1875 parallel mit der Küste von Norden nach Süden, aber so weit seewärts, dass es das Gebiet der Station nicht berührte und um so besser beobachtet werden konnte. Schon seit Mittag standen Wetter in ziemlicher Nähe sowol südlich wie östlich von uns, noch vor Sonnenuntergang hatten sich andere in jeder Himmelsrichtung gebildet. Trotzdem blies die Seebrise mit ungeschwächter K raft aus Südwesten, gieng gegen Abend nicht nieder, sondern vierte nach Westen und ermässigte sich etwas bis zur Stärke 3; die ihr eigenen Cumuli zogen unbeirrt einher und hoben sich, als die scheidende Sonne ihre letzten Strahlen über das Meer sandte, besonders hell von den höher schwebenden tief indigofarbenen Wettern ab. Diese schienen sich gegenseitig in Schach zu halten; alle blitzten und donnerten stundenlang, ohne ihre Stellung wesentlich zu verändern. Allmählich verschwanden die einzeln segelnden Cumuli, und Schichtwolken breiteten sich zwischen den verschiedenen Gewittern aus, sodass um neun Uhr das ganze Himmelsgewölbe bezogen war. Das Gewölk wogte hin und her, ohne eine bestimmte-Zugrichtung erkennen zu lassen; die Seebrise blieb bestehen. Schilderung einzelner Wetter. 97 Bald darauf kam Bewegung in die Massen. Von Nördwesten wälzte es sich schwarz heran, der Wind sprang nach dieser Richtung um und blies in sturmähnlichen Stössen zuweilen mit der S tärke 6 und 7, packte das übrige Gewölk, zertheilte und verwehte es; gegen zehn Uhr jagten nur noch zerrissene Cumuli landein, und zwischen ihnen blinkten die Sterne hervor. Als aber das Unwetter von Nordwesten näher kam, vollzog sich in den oberen Regionen eine abermalige plötzliche Veränderung; während die Luftströmung an der Erdoberfläche ihre Richtung und Stärke bewahrte, eilten die in der Hohe bisher landein getriebenen Cumuli nun ebenso schnell in entgegengesetzter Richtung zu dem Gewitter hin. Das heftig bewegte Gewölk desselben schien nahezu das Meer zu berühren, und fast ausschliesslich von einer Stelle schmetterten elektrische Entladungen in solcher Zahl in jenes senkrecht herab, dass ich diese Erscheinung, wie schon früher erwähnt, nur mit einem Blitzregen vergleichen kann. Es war nicht möglich, festzustellen, ob sich an jener Stelle vielleicht eine Wasserhose gebildet hätte. Die tiefschwarze Wolkenbank zog bis zur Höhe der Congomün- dung und kam eine Zeit lang zum Stillstand; sie lag dann ungefähr parallel mit der Küstenlinie fünf bis sechs Meilen entfernt, ununterbrochen blitzend und donnernd, während der Wind wie bisher m Stössen von ihr landwärts blies, und der Himmel sich sonst überall aufgeklärt hatte. Bald aber wich das Wetter zurück und folgte scheinbar den Fluten des Congo; um Mitternacht tobte es schon fern im Nordwesten und verschwand am Horizonte. Unterdessen war eine kurze Stille eingetreten, dann erhob sich ein kräftiger Landwind aus Nordosten (Stärke 3) bis zum Morgen. Während des ganzen Tages hiengen mehr oder weniger bedeutende Wetter in verschiedenen Richtungen; die Seebrise blieb aus, der Wind gieng nur von Osten bis Süden und am Abend wieder zurück. Das während des Tornados in kurzen Pausen beobachtete Barometer zeigte keine bemerkens- werthen Schwankungen. Der 5. Mai 1875' brachte uns ein anderes sehr schweres Unwetter, welches dreimal binnen weniger Stunden das Zenith .der Station passirte. Tags zuvor herrschte die gewöhnliche Seebrise bis spät Abends, am folgenden Morgen wehte ein -sehr schwacher Landwind von Nordosten. Zwei Gewitter waren über Nacht von Nordwesten seewärts vorbeigezogen und blieben dort, in einzelne Wolkengruppen aufgelöst, hängen. Die Seebrise entwickelte sich nicht. Nach ein Uhr thürmte sich im Südosten Gewölk auf und zog ausserordentlich schnell, unter starkem Blitzen und Donnern mit \\’ indstössen bis Loango. II I. ^


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above