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Zeit der Noth war das Samenkorn aufgezehrt worden — litt aber stark an neuem Regenmangel 1876/77, der im Südwesten abermals einen Nothstand erzeugte. Die Periode 1877/78 brachte nur massige Niederschläge, die Jahre 1878/79 und 1879/80 dagegen — meine Nachrichten gehen bis Anfang Mai — waren ausgezeichnet durch ergiebige Regenfälle, so dass Feldwirthschaft und Handel rasch wieder aufgeblüht sind, wie einst in den gesegneten Jahren 1866 bis 1870. Die Regenzeit 1874/75 war die beste, deren sich die ältesten Eingeborenen und Europäer entsinnen konnten; die von 1875/76 galt als eine genügende. Wagen wir den Versuch, durch Verwerthen unserer Beobachtungen und Erkundigungen, das ausserordentliche Schwanken der Regenfälle im letzten Jahrzehnt mittelst einer Reihe grössten- theils allerdings nicht wissenschaftlich exact gewonnener Zahlengrössen nachdrücklicher hervorzuheben, so lässt sich etwa folgende Uebersicht aufstellen: Regenhöhe in Millimetern. 1870/71 geschätzt auf 500 1875/76 gemessen zu 541.8 1871/72 geschätzt auf 700 1876I77 geschätzt auf 300 1872/73 geschätzt auf 200 1877/78 geschätzt auf 500 1873/74 geschätzt auf 200 1878/79 geschätzt auf 1300 1874/75 gemessen zu 1577.9 1879/80 geschätzt auf 1100. Derartig wechselvolle Ereignisse beschränken sich nun keineswegs allein auf die Loangoküste. Nach allen mündlichen Angaben und mir zugegangenen Berichten werden dieselben vielmehr in einer den allgemeinen Regenverhältnissen entsprechenden Weise in ganz Unterguinea fühlbar. So herrschte in den fernsten Theilen der südlich vom C'ongo beginnenden, wie wir wissen, überhaupt schon ungünstiger bewässerten Litoralgebieten in den schlimmen Jahren 1872/73 und 1873/74 eine absolute Trockenheit; 1876/77 blieben die Regen abermals aus, und 1877/78 waren sie äusserst. knapp. Aehnliche, aber in milderer Form auftretende Verhältnisse herrschten in den nördlich von Yumba liegenden Gebieten. Ein periodisches Schwanken der Regenfälle innerhalb grösserer Zeiträume lässt sich indessen nicht nachweisen; die gesammelten Nachrichten beschränken sich hierzu noch auf eine zu kurze Reihe von Jahren. Die ausserodentliche Verschiedenheit der monatlichen wie jährlichen Regenfälle ist vor allem zurückzuführen auf die Anzahl der über das Land gezogenen Gewitter, die bisher noch nicht die ihnen gebührende Berücksichtigung gefunden haben. Nach ihrer Herkunft habe ich die Niederschläge in zwei Gruppen gesondert: in solche, welche das ganze Jahr hindurch in wechselnder Stärke von den Westwinden gebracht werden.und in ihrer Vertheilung vorzugsweise von der Bodengestalt abhängig sind; und in solche, welche von dieser unabhängig aber an eine bestimmte Jahreszeit ge bunden, von Osten kommen; letztere sind die bei Weitem bedeutendsten und treten nur gewitterartig auf, charakterisiren zugleich die eigentliche Regenzeit. Bereits in der Einleitung habe ich betont, dass die Bezeichnung „Nebelzeit“ für die regenlosen oder regenarmen Monate keine besonders glückliche sei. Am schärfsten liesse sich nach den wesentlichen Merkmalen die kühle Trockenzeit der heissen Regenzeit als die g e w i t t e r f r e ie der g ew i t te r r e ic h e n gegenüberstellen. Denn die altbewährte Erfahrung, dass die tropischen Regen mit der Sonne wandern, verliert auch in Unterguinea Nichts von ihrer Gültigkeit; und Anfang wie Ende der Regenzeit werden eben bestimmt nach dem Eintreten und Aufhören jener erstaunlichen Wolkenergüsse, die unter grossartigen Gewittererscheinungen auf das Land niedergehen. Die Dauer der Regenzeit ist mithin abhängig vom Umlauf der Erde um die Sonne, vom Stande der letzteren zur Loangoküste, dessen Veränderungen bereits von Dr. Güssfeldt (I. 79) auf das Uebersicht- lichste dargestellt worden sind. Theoretisch müsste sie in jedem Jahre gleich sein, in Wirklichkeit erleidet sie mannigfache Wandlungen nicht nur in den verschiedenen Jahren, sondern auch je nach der Lage der Beobachtungsorte in dem nordsüdlich langgestreckten Lande: denn unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen werden über dem Norden desselben die Gewitter etwas früher im Jahre beginnen und später auf hören als im Süden, und somit eine längere Regenzeit bedingen. Für die mittlere Begrenzung der letzteren können demnach die in den Rayon der Station Tschintschotscho eintretenden Gewitter — in ganz Westafrica Tornados- genannt — nicht allein massgebend sein, sondern nur die, welche sich über der Loangoküste überhaupt entladen. In diesem Sinne hat langjährige Erfahrung mit richtiger Würdigung der Verhältnisse die Dauer der normal entwickelten Regenzeit von Mitte October bis Mitte Mai festgesetzt. Wie ungleich sich dieselbe in verschiedenen Jahren für den nämlichen Ort gestaltet, ist aus den im Folgenden zusammengestellten Beobachtungen auf unserer Station zu ersehen: 1874/75 Regenjahr. 1875/76. Erste Blitze: am 8. October im SO; am 14. October im SO; erster Donner: am 2. November; am 19. October; letzter Donner: am 22. Mai; am 26. März; letzte Blitze: am 31. Mai itti N; am 15. Ap. im SO u. N. Loango. m, 6


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