Gemeinwesen, eine Erdschaft gründen und die Macht und Ansehen erlangen, legen sich mit anderen schönen Sachen auch wieder ein Tschlna, gewissermaßen ein Renommier-Tschlna zu. Sie versteigen sich sogar his zum Königstier, Staatstotem oder Staatswappentier, nämlich bis zum Leoparden. Und die sich adoptieren lassen, pflegen ein Tschlna von ihrer Adoptir- oder Erdmutter gleich bei der Aufnahme zu empfangen. Da Fürstinnen noch in der alten Weise der Makünda adoptieren und da zum Tschlna ihrer Kaste auch das Schwein gehört, pflegen sie dieses ihren neuen Kindern der Erde zu verleihen. Dabei verfahren sie vielleicht nicht einmal willkürlich, sondern nach historischem Brauche. Wo in Dörfern Schweine nicht gezüchtet werden, kann man ziemlich sicher den Beginn der Ansiedlung auf Adoption zurückführen, man müsste sich denn in einer Fürstenresidenz befinden. Allerdings kann die ursprünglich auch derartig entstanden sein. Endlich verbinden sich durch ein Tschlna Leute, die eine Brüderschaft oder Schwesterschaft, einen Geschäftsbund — ntema — für Handel oder Gewerbe oder für Heiratsangelegenheiten gründen. So erwerben Mitglieder angesehener Familien, sowie ab und zu allerlei geringere Leute auf Wunsch, Rat oder Befehl in recht verschiedener Weise ein mannigfaltiges Tschlna. Dieses mag sowohl zu schon vorhandenen, ebenfalls erworbenen oder ererbten, bis auf Lebensdauer hinzugefügt, als auch teilweise selbst wieder mit älteren vererbt werden, namentlich von Müttern auf Kinder. Diese Vererblichkeit bringt eine neue, in mehrfacher Beziehung bedeutsame Wendung in die Angelegenheit. Aber auch dabei haben Bangänga all ihre Kunst und ihr Wissen aufzubieten. Es kann geschehen, dass die Angehörigen eines kränkelnden und ängstlichen Geschlechtes die ererbten und neu hinzu erworbenen Verbote wie Gebote in ihrer Zahl und Art als eine schier unerträgliche Last fühlen. Diese Bürde zu erleichtern oder gänzlich abzunehmen, wissen die Kundigen Mittel und Wege. Unter vielerlei Veranstaltungen, die sich von den schon geschilderten höchstens durch bedeutendere Umständlichkeit und Kostspieligkeit unterscheiden, denn es handelt sich meistens um eine Gruppe von Menschen höherer Stellung, werden die Beladenen von der ferneren Befolgung ihrer verwickelten Satzungen befreit. Das vielverschlungene Tschlna wird gründlich vereinfacht. Die Speiseverbote werden fortan auf ein Tier oder eine Pflanze oder bloss auf Teile des einen oder der anderen, die Beachtungsregeln auf einen unwesentlichen Naturgegenstand oder auf ein überseeisches Fabrikat oder auf etwas Fernes, auf Sonne, Mond, Wolke, Gestirne gerichtet, wobei das Tschlna, das eigentlich Totem ist, wieder zu Ehren kommen kann. Es wird aber auch jedwede Satzung völlig aufgehoben, so dass sich die ehemals in Vereinfachung. Totem. Vater vererbt auf Kinder. 465 förmlicher Knechtschaft Lebenden nun um gar nichts mehr zu kümmern haben. Sie sind ohne Tschlna, und es gibt Gemeinschaften, die sich dessen rühmen und sich danach bezeichnen. Die Aufgeklärten, die Mutigen und Gesunden mögen lange so verharren. Andere verfallen allmählich doch wieder dem Herkömmlichen und laden Neues auf sich. Nach Menschenaltern befinden sich ihre Enkel wahrscheinlich wieder in der gleichen Übeln Lage. Bei solcher wichtigen Vereinfachung oder Abschaffung des Tschlna pflegt man unter Anleitung der Bangänga wiederum Feste zu feiern. Die Handlung soll bekannt werden. Es geht hoch her. Man lässt es sich nicht wenig kosten, um die Wichtigkeit des Vorganges hervorzuheben. Kleinleute können das freilich nicht. Aber ihr Tschlna will auch nicht viel bedeuten. Sie brauchen sich um der Vorfahren und der Nachfahren willen überhaupt nicht sonderlich zu belasten, am wenigsten mit einem vererblichen Tschlna. Vielleicht besassen sie überhaupt keines. Vielleicht haben sie in der gemeinen Not des Lebens verlernt, es wert zu halten. Endlich sind sie abhängig von ihren Grossleuten, vertrauen deren Bevormundung und Schutz. Das kunstgerecht vereinfachte Tschlna, falls eines verblieben ist, gilt fortan nicht nur für alle lebenden Angehörigen, sondern auch für die Nachkommen. Und zwar vererbt es sich nach Befinden der Bangänga wie andere Satzungen in mehrfacher Weise. Erstens von Vätern auf ihre Kinder, also in der Vaterlinie. Zweitens von Müttern auf ihre Kinder. Dann gilt es der Mutterfamilie, im vollsten Sinne des Wortes dem Bluts- oder Nabel verbände, woran der Erzeuger keinen Teil hat. Drittens vom Vater auf seine Söhne, von der Mutter auf ihre Töchter. Und viertens in Ehen besonderer Art, wobei es sich um Erdrecht handelt, erben die Nachkommen wie schon Seite 250 geschildert, oder sie erben alles zugleich von Vater und Mutter, nämlich beider Satzungen und beider Vermögen. In dem mannigfaltigen Tschlna, das in derartig verschiedener Weise vererbt wird, steckt zweifellos auch der Bestandteil, der als totemistisch zu nehmen ist. Mit ihm, und das wird doch als das Kennzeichnende betrachtet, hängen beschränkende Heiratsregeln zusammen. In diesem Sinne nachspürend, kommt man zu dem Ergebnis, dass das Totem das behaltene oder eben das einfache oder vereinfachte Tschlna oder der Teil des mehrfachen ist, der sich massgebend vom V a t e r a u f s e in e K in d e r vererbt. Und zwar geschieht dies, obgleich die Kinder zur Familie der Mutter gehören, auch von der Mutter ein Tschlna erben können. Nach .alledem liegt nun die verwickelte Angelegenheit in Loängo wie folgt: Ererbtes war einst Erworbenes, und vieles, das eben erst dazu Loango. 80
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