schädlich gewesen, berufen sich aber noch mehr auf die Bangänga, die hätten die Schonung oder Beachtung empfohlen. Von Abstammung, Erträumung oder anderer persönlicher Beziehung, wie etwa Seelenwanderung, reden Sie nicht, halten sie sogar für lächerlich. Man ehrt die Satzungen, weil Zuwiderhandeln sicherlich schaden würde. Die Einrichtung ist überkommen aus unvordenklicher Zeit, ist verwickelt wie das Menschenleben selbst und unerklärbar. Tschlna ist eben Tschlna. Ein Tschlna kann allen gelten, vielen, wenigen oder einem. Es kann Uraltes oder Neuestes, Ererbtes oder Erworbenes, Ereiwilliges oder Erzwungenes in sich begreifen. Es kann sich auf ganz kurze oder lange, auf periodisch wiederkehrende Zeiträume, dann auf die Dauer des Lebens, auf ungezählte Geschlechter erstrecken, und zwar mit oder ohne Vorbehalt gewisser Ausnahmefälle. Es mag Speisen, Getränke, Wege, Gewässer, Berge, Wälder, Ortschaften, Gegenden, Länder, Pflanzen, Tiere oder Teile von diesen allen, es mag ferner Gestirne, Winde, Regen, Kattune, Handlungen, Stellungen, Bewegungen, Worte und sogar Gedanken betreffen. J a es gibt nichts in menschlichen Angelegenheiten, das ihm nicht unterworfen sein könnte. Doch hat sich im Wandel der Zeiten, hauptsächlich durch den Einfluss der Fremdlinge, mit dem Verfalle der Staatswesen und mit der Zersetzung der Zustände, die Scheu und Ehrfurcht vielfach abgestumpft. Manches kommt ausser Übung. Manches wird nur widerwillig und bloss gelegentlich beachtet, wenn äussere Macht es erzwingt. Vieles, namentlich was Personen und Familien angeht, wird noch gewissenhaft befolgt, ob aber mehr aus Ergebenheit als aus Gewohnheit, Furcht und Eigennützigkeit, ob wegen des Wohlbefindens der Seele nach dem Tode, bleibe unentschieden. Selbstverständlich ist die- Einrichtung jetzt, falls sie es jemals war, nach Herkunft und Zweck nicht mehr einheitlich. Der Übersicht halber seien, so gut es gehen mag, zunächst zwei Hauptabteilungen unterschieden und besprochen: das allgemeine oder öffentliche und das persönliche oder private Tschlna. Nachher soll, so gut es geht, herausgezogen werden, was zum Totemismus gehören mag. Das allgemeine Tschlna verträgt ganz gut die Zweiteilung in das göttliche oder grosse und in das politische Tschlna. Das göttliche oder grosse Tschlna soll von Nsämbi selbst stammen. Es ist unveränderlich und dient, wie schon ausgeführt, der Wahrung des Gemeinwohles, der Sittlichkeit. Unverbrüchlich befolgt werden seine Verordnungen wohl kaum' mehr als etwa entsprechende Gesetze unter Zivilisierten. Das bewegliche politische Tschlna, auch schon mehrfach behandelt, hat natürlich ebenfalls eine religiöse Färbung, wird aber von Menschen erlassen und aufgehoben. Einst dienten seine Satzungen dazu, die Untertanen in Abhängigkeit und Ehrfurcht zu erhalten, das Ansehen des Herrschers zu erhöhen, aber aucb seine Macht zu beschränken. Zu diesem Zwecke setzten die Grossen des Reiches mit Hilfe der Bangänga manche Bestimmungen gewiss auch gegen den Willen des Herrschers in Kraft. So ist wenigstens für di? Regeln anzunehmen, die nach Ankunft der Europäer die Mächtigen gegen üble Beeinflussung abschliessen sollten. Manches davon mag später auch in das Tschlna der Fürstenkaste übergegangen sein. Ein drückendes Tschina trat in Kraft, wenn ein Mtötila erkrankte, wenn er starb. Ein anderes wurde verkündet, wenn ein wichtiges Unternehmen gelingen sollte. Auch als Rechts- oder Strafmittel in Form der bedingten oder unbedingten Ächtung wurde eines über Personen und Landstriche verhängt. So war das politische Tschlna ein wesentliches Mittel der Staatskunst. Es konnte Personen jedes Ranges und Standes, die Bevölkerung des ganzen Reiches oder einzelner Gebiete treffen. Seine Satzungen galten dauernd oder zeitweilig. War der Zweck erreicht, so wurden sie wieder aufgehoben. Neu erfundene blieben wohl erhalten, weil sie gegen Erdfremdes gerichtet waren. Reste von diesem Tschlna wurden von Häuptlingen noch immer für ihre Zwecke verwendet und, wo es anging, dem Volke aufgezwungen. So ist denn oder war das allgemeine oder öffentliche Tschlna von grösster Bedeutung für das gesamte Volksleben und für die staatliche Ordnung. Hierdurch unterscheidet es sich wesentlich von der zweiten Abteilung, vom persönlichen oder privaten Tschlna, das eben lediglich für Personen, für Familien und Sippen Geltung hat. Auch dieses liesse sich in zwei Zweige spalten: in das ererbte oder teilweise als totemistisch zu bezeichnende Tschlna, und in das erworbene oder Fetisch- und Krank- heits-Tschina. Aber die Abgrenzung zwischen beiden ist nicht genügend scharf durchzuführen, weil, wie sich aus dem folgenden ergeben wird, die Merkmale versagen. So verschiedenartig nach Gestalt und Zweck die Fetische sind, so wunderlich ausgetüftelt, von zügelloser Phantasie geboren sind die Gebräuche und Verhaltungsmassregeln, die beachtet werden müssen, um sie bei Kräften zu erhalten. Ausnahmslos hat, wer einen Fetisch erwirbt oder sich bezaubern lässt, Vorschriften zu befolgen, die ebenfalls in das oder mindestens in sein Tschlna gehören. Sie verbieten eine liebe Gewohnheit, den Genuss gewisser Speisen und Getränke, das Anschauen einer Jungfrau oder Schwangeren unter bestimmten Verhältnissen, das Tragen einer Art von Schmuck oder Gewandung, die Benutzung irgendwelcher Geräte, die Berührung irgendwelcher Gegenstände. Es verbietet den Anblick des Meeres, den Besuch von Geländen besonderer A rt, den Aufenthalt im Freien während der finsteren Nacht öder bei Mondschein, das Durchwaten von Gewässern, das Sitzen oder Vor- oder Rückwärtsfahren im
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