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Nach diesen Verrichtungen zieht er zu anderen Leuten, die ihn bestellten, vielleicht schon auf ihn warten, und dient auch deren Wünschen in ähnlicher oder anderer Weise, je nach Befinden. Hat er Glück, so meldet er sich zur richtigen Zeit, um seinen Lohn einzuziehen. Is t er erfolglos gewesen, so lässt er sich sobald nicht wieder blicken, oder er kommt mit Beschuldigungen, dass ihm nicht völlig gehorcht worden sei. Dem erfolgreichen Wolkenschieber mag anderswo allerlei Unangenehmes widerfahren. Unbeteiligte Erdschaften beschuldigen ihn, ihre Regen von ihren Pflanzungen weg nach denen seiner Auftraggeber gelenkt zu haben. Mithin hat er sie geschädigt. Sie nötigen ihn, falls er sich unvorsichtig auf ihre Erde wagt, Busse zu zahlen, oder binden ihn auf, bis er ihnen umsonst die Wolken geschoben hat. Führt er aber den anderswo eingeheimsten Lohn mit sich, so wird der ihm einfach weggenommen, oder auch nur einbehalten, bis es regnet. Nachher kann er verklagen. Wolkenschieber im kleinen entdeckt man auf Reisen nicht selten unter den eigenen Leuten. Beim Marschieren wie beim Lagern ist Regen recht ungemütlich, mehr noch als für Europäer für Eingeborene, denen er die Haut peitscht, die er frösteln macht. Da findet sich denn ein Begleiter) der den Niederschlag zu verscheuchen gelobt. E r hantiert mit Fetischen und Feuer, hüpft durch den Rauch und schüttelt sich oder springt ohne diese vorbereitende Handlung dem heranziehenden Gewölk etliche Schritte entgegen und weist es mit zwingenden Gebärden ab, indem er die Arme ausstreckt, mit gespreizten Fingern heftig schwingt, mit den Füssen trampelt, Staub oder Erde gegen die Wolken scharrt oder mit den Händen wirft und dazu murmelt, ruft oder Zischlaute ausstösst. Regnet es dennoch, so fehlt es ihm nicht an Ausflüchten. Der grosse Mann bescheidet sich, lässt sich verspotten und wird nass wie die übrigen. Die herumziehenden Wolkenschieber stammen gewöhnlich aus fernen Gebieten; ihnen traut man wahrscheinlich mehr zu als einheimischen. Ausser ihnen, die wohl meistens Gelegenheitsmacher sind, gibt es sesshafte Wetterpropheten, von denen etliche grossen Ruf haben. Sie machen weder das Wetter noch schieben sie Wolken, sondern erkunden bloss gegen feste Bezahlung, die ihnen Boten überbringen, wie sich die Witterung demnächst gestalten werde. Sie hantieren mit Feuer oder mit Steinen. Einer entfacht bei Windstille das unter einem Klappdache beständig glimmende Feuer und wirft gewisse grüne Kräuter darauf. J e nachdem der Qualm hoch aufsteigt oder sich unten schwadenförmig aüsbreitet, schliesst der Kundige auf Trockenheit oder Regen. Ein anderer befragt zwei ungleich grosse Steine, Mann und Weib genannt. Ein Paar solcher Steine waren flache dunkle Gerölle von ungefähr acht und fünf Zentimeter Durchmesser. Der Eigentümer, kein Ngänga, verwahrte sie innerhalb einer Umfriedigung in der Erde, und zwar in einem Topfe, worüber ein Napf gestülpt war. So müssen sie aufgehoben werden, um ihrer Kraft willen, die auch durch Weiber, Mondschein und Schweine beeinträchtigt wird. Da sie das Wetter nur bei Sonnenschein verkünden, werden sie um die Mittagszeit eines heiteren Tages aufgedeckt. Der grosse Stein kommt im Topfe auf den kleinen; alsdann wird durch einen als Trichter dienenden langhalsigen Flaschenkürbis behutsam Wasser eingefüllt. Nun hocken oder knieen die Boten mit eingeklemmten Geschlechtsteilen um das Gefäss und warten geduldig, was sich begeben und wie der Kundige es deuten wird. Ih r Schatten darf aber nicht auf das Wasser fallen, sonst ist für den Tag alles verdorben. J e nachdem am oberen Steine glänzende Luftperlen schnell oder langsam, reichlich oder spärlich erscheinen und aufsteigen, wird Regen bald und stark oder spät und schwach fallen. In der guten alten Zeit, als es noch einen Ma Loängo gab, stand es freilich besser um die Bafiöti. Der König konnte eben viel mehr als andere. E r schob nicht Wolken, lenkte nicht Winde, orakelte nicht; er holte den Regen unmittelbar vom Himmel, sobald seine Untertanen dessen bedurften. Battell erzählt, wie es dabei zuging. Einmal im Jahre, wenn die Zeit der Regen nahte, sandte das Volk Boten mit Geschenken zu dem Ma Loängo und liess um befruchtende Niederschläge bitten. Endlich wurde ein grösser Festtag anberaumt. Der Herrscher begab sich unter grossem Gepränge auf einen weiten Platz, wo Krieger in Scharen aufgestellt waren, wo Trommeln und Elfenbeinhörner ertönten, wo die Grossen des Reiches und viel Volk ihn begrüssten. Nachher erhob sich der Mtötila von seinem Prunksitze, nahm einen ihm gereichten Bogen und schoss einen Pfeil gen Himmel. So eröffnete der König die Regenzeit, und die Untertanen jubelten. „Ich war einst dabei,“ meldet Battell, „als der König Regen gab. Zuiällig regnete es am selben Tage tüchtig, wodurch das Volk in seiner Narrheit bestärkt wurde.“ Wie unsere Schäfer, Windmüller, Bauern, sind die wandernden Wolkenschieber und die sesshaften Propheten wetterkundige Leute, die gewisse meteorologische Erscheinungen sowie das Verhalten von Pflanzen und Tieren erfahrungsmässig zu deuten wissen. Einzelne in ziemlicher Höhe schwebende langgestreckte Wolken, die oben regelmässige, nach derselben Seite gebogene Auszackungen aufweisen, etwa wie eine riesige Säge, kündigen sicher Regen an wie bei uns auch. Ebenso das gesteigerte jauchzende Lärmen der Graupapageien, die darin noch zuverlässiger als unsere Schwarzdrosseln sind. So gibt es noch viele andere Merkmale, die die Aufmerksamen leiten: die Ausdünstungen der Haustiere, dann des Erdbodens, der Campinen und der Manglare, die Blattstellung der Erdnüsse (Arachis), die sich wie unsere Kleearten verhalten. Loango.


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