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dass die Eingeweide nur so herumflögen. Vergebens. E r erhält nur neue, aber ebenso unsinnige Geständnisse. Nicht besser glückt es unserem Dolmetscher und den übrigen Leuten, die den Fall aufklären wollen. Die Zaungäste vergnügen sich derweile auf ihre Art und werden recht übermütig. Sie schreien allerlei Anzüglichkeiten herüber, reissen Witze, die von den Zuschauern im Gehöft erwidert und weitergesponnen werden. Man drängt sich lachend und schwatzend durcheinander, man kommt und geht, man ahmt den Schleppentanz und den Klaps nach. Die grossartige Beschwörung ist gänzlich verfehlt. Sie artet in eine fesselnde, aber nicht dem Zweck entsprechende Volksbelustigung aus-. Auch diese nimmt ein jähes Ende, als der Friedensstifter unseres Gehöftes, der starke Hammel Mfüka (III 301, Abbildung I I 139), dem unsere Jungen des Spasses halber das Gehege geöffnet haben, auf dem Plane erscheint. Stolz und gewichtig stapft er heran, prüft die Sachlage, und wirft, in seiner unfehlbaren Weise kurz anrennend, einen eben recht lauten Ngänga von hinten bäuchlings auf den Sand. Bevor er weitere Niederlagen anrichten kann, flüchtet das Volk, das den Hammel gut kennt, lustig lärmend nach allen Seiten, drängt sich zeternd und kreischend durch das Tor, rettet sich katzengleich auf den Zaun. Wir sind mit den Zauberern und unseren Leuten fast allein im Gehöft. Der Oberngänga, ein schlauer Bursche, tritt vor uns hin, zieht Schultern und Augenbrauen hoch und schlägt die Innenflächen der senkrecht gehaltenen Hände mehrmals aneinander vorüber. Das bedeutete es ist nichts. E r gibt es auf. Wir fürchten für das Leben der beiden Übeltäter und fragen, ob sie ein Brechpulver erhalten sollen. E r aber lächelt uns verschmitzt an. Seine Mittelchen sind unschädlich. Da nichts zu machen ist, lassen wir den zweiten Teil der Beschwörung vornehmen: den oder die Hehler des Schiesspulvers totnageln. Ein Ngänga hebt den Mabiäla hoch und der Obmann treibt ihm unter Verwünschungen einen erhizten riesigen Pfostennagel zwischen das übrige Eisenzeug in den Körper. Aber es ist keine Stimmung mehr vorhanden. Die Zaungäste machen sich sehr unnütz und begleiten die Schläge mit Gejohle und Gehöhne. Leider hat auch Mabiäla seine Schuldigkeit nicht getan: er hat weder unser Pulver wieder beschafft, noch seinen Verbleib aufgeklärt, noch die bösen Anstifter und Hehler getötet. Ich argwöhnte, dass die Vernagelten gegen Entgelt den Nagel hätten heimlich ausziehen lassen, doch war dies, wie eine spätere Besichtigung ergab, nicht geschehen. Zum Schluss folgte noch die Beschwörung und Nagelung des Fetisches durch unser Gesinde, mit den Vorfällen, die schon Seite 403 geschildert worden sind. Dann zogen die Bangänga mit ihren Zaubergeräten ab, wie es schien, ganz unbekümmert darum, dass sie sich samt ihrem Fetisch gründlich blamiert hatten. Eine andere Zauberei, die wir in unserer Station vornehmen Hessen, wurde recht hübsch ausgeführt und brachte uns Genugtuung. Wir pflegten, wenn wir des Abends im Essraum zusammenkamen, unsere Wohnräume, deren Türen nach dem Herrenhofe mündeten, nicht abzuschliessen, weil auf diesem Platze, wo niemand sich herumzutreiben hatte, unsere Leibdiener ab und zu gingen. Eines Abends, als wir wieder beisammen sassen, legte mein Nd'embo, indem er verständnisvoll lächelnd seine Grübchen zeigte, den Schlüssel meiner Zimmertür sachte neben mich auf den Tisch. Daran merkte ich, dass etwas nicht in Ordnung war, hütete mich aber, zu fragen. Bald darauf wurde einem Gefährten das Bettlaken entwendet. Etliche Tage später verschwand ein zweites. Der Dieb war gewiss einer unserer Leibdiener, auch den anderen bekannt. Natürlich nannten sie ihn nicht. Ndemho riet: Bangänga. Wir Hessen Zauberer rufen. Es kamen ihrer zwei: ein ausgelernter und einer unserer Tagelöhner, der seit einigen Monaten sich nebenbei für den Beruf vorbereitete. Sie waren im Putz: Mützen von langen Hahnenfedern auf dem Kopf, umfangreiche, mit Fellen behangene Fetischbündel an der linken Schulter, allerlei Fetische am Halse baumelnd, in der rechten Hand ein grosses gebogenes Buschmesser einheimischer Arbeit. Bemalung: schwarz, rot, weiss, gelb; breite Kreidestriche vom Halse bis zum Nabel, um diesen ein Kreis, andere Kreidestriche von der Herzgrube zu den Schultern und längs der Vorderseite der Arme und Beine bis auf Finger und Zehen; um die Kniescheiben Kreise; quer über den Leib je einen Kreidestrich mit kleinen Endkreisen, ebenso senkrecht über die Backen und brillenförmig um die Augen bis zu den Schläfen. Dazu auf Gesicht und Brust, symmetrisch verteilt, schwarze, rote, gelbe Bingel und Tupfen, die Lippen gelb oder weiss bestrichen. Beide trugen das landesübliche Hüftentuch hoch aufgenommen und sahen, da sie kräftige, wohlgenährte Leute waren, nicht übel aus. Sie setzen sich an die Wand eines Schuppens, stellen zwei spannenhohe Fetische, einen Menschen und einen Affen darstellend, vor sich auf Matten und legen daneben Muscheln, Steinchen, Bäuschchen, Säckchen und allerhand andere Kleinigkeiten, die sie aus ihren Fetischbeuteln hervorkramen. Dann gehen sie an die Arbeit. Über eine Viertelstunde lang rasseln sie mit Kalabassen und singen zeitweilig; einige unserer Leute setzen sich gemütlich zu ihnen, singen mit, betonen beim Wiederholen gewisse Worte ausdrucksvoll und nehmen gelegentlich die Rasseln. Ab und zu blicken die Zauberer ernsthaft prüfend in die Spiegel ihrer Fetische, fahren mit dem Kopfe seitwärts, als wollten sie rasch hinter die Figuren gucken, und rollen die A,ugen. Allmählich wird der Vorsitzende wärmer, rüttelt und schüttelt den Oberkörper, namentlich die Schultern, wackelt erstaunlich schnell mit dem Kopfe und verkündet mit


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