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begehrten gewöhnlichen Kraftstoffe sind in der Regel schon fertig zubereitet und werden, wie bei uns Hausmittelchen und Patentmedizinen, vorrätig gehalten. In der Tat ist eine Zauberbude nichts anderes als eine wilde Apotheke und erinnert durch ihre Ausstattung mit allerhand totem Getier und Kuriositäten recht sehr an die altmodischen Spezereigewölbe, die noch vor einem Menschenalter bei uns nicht selten waren und sich vereinzelt in weltfernen Winkeln bis zur Gegenwart erhalten haben. Schädel und überhaupt Knochen von Menschen sah ich niemals in den Zauberbuden. Sehr wichtig für die Art und Stärke des Giftes ist die Auswahl der Stoffe, die Reihenfolge ihrer Mischung und die sorgsame Beobachtung von Yerhaltungsregeln. Das Gelingen des Werkes hängt davon ab. Den Kraftstoff für einen sehr starken Fetisch herzustellen, gilt für ein gefährliches Unternehmen und erfordert umständliche Vorbereitungen. Denn es liegt in der Natur der Kräfte, die verbunden werden sollen, dass sie von aussen günstig oder ungünstig beeinflusst werden, und dass sie sich sogar gegen die Meister wenden, die etwas versahen. Einst soll Dgilingili, gerade als es fertig war, mit fürchterlichem Geprassel in hellen Flammen aufgeschossen und durch die Luft gefahren sein. Die mit ihm Hantierenden waren versengt und weggeschleudert, die Baulichkeiten im Nu vernichtet worden. So erzählte unser Dolmetscher. E r hatte die feurige Lohe selbst gesehen und meinte, die Kräfte wären zu stark, die Bangänga zu dumm gewesen. Dergleichen Vorfälle beweisen eben, wie gefährlich der Beruf ist, und mahnen zur Vorsicht. Die stärksten Fetische können eben nur die klügsten Meister her- steilen. Wer seiner Sache nicht sicher ist, der fragt sie um Rat oder vereinigt sich mit ihnen zum grossen Werke. Zunächst wird, falls es sich lohnt, an einsamer Stelle eine neue Zauberbude mit Nebengelassen errichtet, gegen Neugierige umzäunt und gegen Annäherung Unberufener verwahrt. Dann wird vielleicht bekannt gemacht, dass Weiber oder Leibeigene oder Haustiere oder überhaupt Menschen in bestimmten Zuständen wie nach Vornahme gewisser Handlungen die abgesteckten Grenzen nicht überschreiten dürfen. Manchmal beziehen sich die Verbote auch nur auf Reden, Lachen oder Singen, auf Wassertragen, Palmweinzapfen, Jagen, Tabakrauchen, auf Leichenzüge, Handelskarawanen und was sonst noch für schädlich gehalten werden mag. Die Gehilfen müssen unterdessen allerlei seltene oder schwierig zu erlangende Dinge von bestimmten Örtlichkeiten, oft von weither beschaffen. Manchmal begeben sich zu diesem Zwecke die Meister selbst auf Reisen und leben dabei nach gemeinsam ausgetüftelten Vorschriften: sie geniessen weder Rum noch Palmwein noch Fleisch, und leben nur von Pflanzenkost. Sie grüssen bei Begegnungen in besonderer Weise, reden vielleicht nicht, rauchen nicht, berühren weder Weiber noch deren Geräte, halten •sich stets windwärts von anderen Leuten, von Feuern und starken Fetischen, umgehen Gewässer, Moräste, Gipfel von Erhebungen, Pflanzungen, gewisse Bäume und Sträucher. Sie beachten den wachsenden oder abnehmenden Mond, den Gang der Gezeiten, Wind und Wetter. Kurzum, ihr Tun oder Lassen während solcher Pilgerfahrten ist anders als im alltäglichen Leben, wie es ihr Vorhaben erheischt. Nachdem endlich alles Erforderliche regelrecht beschafft worden ist, sondern sich die Meister mit ihren eigenen Fetischen für Tage oder Wochen auf dem Zauberplatze ab. Sie bemalen sich mit bunten Farben, putzen sich ungewöhnlich auf, tragen vielleicht Masken, hungern, dursten und wachen abwechselnd. Sie ordnen ihre Rohstoffe und bereiten sie zu. Sie reizen, quälen, rösten langsam lebendig verschiedene Tiere, um ihren Speichel und ausschwitzende Säfte zu gewinnen. Die Gehilfen leisten die Handreichungen. Natürlich muss man während dieser Verrichtungen andere gefährliche Kräfte abhalten, sowie böse Seelen verscheuchen. Es wird bald geschwiegen bald gelärmt. Man trommelt, k la p p e rtra s s e lt, ruft, brüllt, pfeift, tutet) man trippelt, tanzt, läuft ins Freie, reisst Stauden, Büsche, Bäume aus und schleppt sie unter Toben und Schreien zusammen. So muss man sich ganz ungeheuer plagen. So wird das Gift immer stärker, so schwillt die Kraft des künftigen Fetisches immer mächtiger an. Zum Schluss werden die erlesenen und gewonnenen Mittel über Feuern geschmolzen, gekocht und zusammengerührt, wobei auch Sprüche sowie Bewegungen der Hantierenden und ungewöhnliche Körperhaltungen notwendig sein können. Das Endergebnis ist ein rasch erhärtender harziger, an Gegenständen fest haftender Teig, worin die gewünschte Kraft versammelt ist. Das Ngilingili, die Hauptsache am Fetisch, ist fertig. Ob es in Schnitzwerk, Beutel, Topf, Kasten getan oder in irgendwelcher anderen Weise untergebracht wird, ist Geschmackssache. Das Zauberwerk ist beendet. Die Bangänga sind durch ihre Privat- fetische sowie durch ihre Gelahrtheit und Kunst vor Unglück bewahrt worden. Sie packen ihren Kram zusammen, verbrennen sorgfältig alle Überbleibsel sowie das ganze Anwesen, falls es eigens für das Unternehmen errichtet worden war, und gehen ihrer Wege. Bei ihren Wahrsagereien, um in grossen und kleinen Dingen das Richtige zu erkennen, bedienen sich die Meister, ausser ihren besonderen Fetischen, verschiedenartiger Hilfsmittel, aber derartig, dass ein jeder nur wenige vorzugsweise oder eins ausschliesslich anwendet. In wichtigen Fällen verlangt er, dass noch andere, entfernt wohnende Zauberer befragt werden sollen. Selbstverständlich hat er sich für grosse Dinge durch Enthaltsamkeit sowie durch Beachtung der zweckdienlichen Regeln


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