Page 379

27f 32-2

Papyruswände oder niedrige lockere Zäune aus Palmwedeln durchziehen die Gehöfte. Sie zwingen den Nahenden, bestimmten Pfaden zu folgen, und den Eintretenden, der das Innerste erreichen will, vielfach hin und her oder ringsum zu gehen, falls sich ihm nicht die den geraden Weg sperrenden Zwischentüren auftun. Die Abbildung auf Seite 264 veranschaulicht einen solchen Zugang. Vielerlei Stangen, schlanke Wedelschäfte der Weinpalme, behauene, rohe oder bemalte Pfosten stehen einzeln, zu zweien, zu vieren in die Erde gerammt, sind hier ohne weiteren Schmuck, dort mit Wedeln und Fächern von Palmen, mit Gehängen von Bast und Schilf, mit Streifen buntfarbiger europäischer Zeuge aufgeputzt. Zwischen manchem Gestänge baumeln hoch oben, so gross wie Tragkörbe, aus allerlei .Pflanzenteilen zusammengeschnürte Klumpen und Popanze. Schon weit ausserhalb der Baulichkeiten schwanken über den schmalen Zugangspfaden verknotete Grashalme und ineinander geflochtene Zweige zu beiden Seiten wachsender Büsche. Auf gesäuberten Plätzen, in engen, in das Pflanzengewirr eingeschnittenen Nischen, unter Bäumen, sind Kegel und Haufen von Erde errichtet, kurze Stöcke zu Pyramiden vereinigt, plumpe Holzkloben, Kübel, Töpfe, Trichter, Antilopenhörner, aus Blattscheiden und zerschlissenen Schaftenden von Palmwedeln zusammengewickelte formlose Puppen und andere Gegenstände mehr aufgestellt. Hier und da liegen ferner die schon beschriebenen grossen Tiergestalten, Krokodile oder Schlangen, wie sie sich auch an Weggabeln finden. Zur Verzierung der nicht allzu wetterbeständigen Erdgebilde dienen, ausser den harten Nüssen der Olpalmen, bisweilen Muscheln und umgekehrt eingesetzte vierkantige geriefte Geneverflaschen. Es fehlen auch nicht die zauberkräftigen Gewächse, deren Blätter, nach Vorschrift genossen, eine bestimmte Wirkung haben sollen. Daneben sind ferner wirkliche Fetische, je in der ihnen zusagenden Weise, untergebracht. Allenthalben verteilt im Innern der Anlage stehen geschlossene grosse und kleine Hütten, Schuppen und Schattendächer, wo Meister, Gehilfen, Lehrlinge wohnen und hantieren. Feuer werden unterhalten, nur des Nachts oder auch bei Tage, im Freien, unter Schutzdecken, von ausgewählten Holzarten, hell brennend, schwelend, mit schmauchenden Kräutern bedeckt, so dass der aufsteigende Dampf und Qualm weithin sich ausbreitet. Durch Schalle sucht man nach aussen zu wirken. Es wird auf den langen hohlen Stielen der Blätter des Melonenbaumes trompetet, auf seitlich angebohrten Antilopenhörnern sowie auf alten europäischen Blechtrichtern getutet und mittelst ausgehöhlter hölzerner oder aus Rinden- streifen gewickelter Sprachrohre ein greuliches Gebrüll hervorgebracht. Dieses scheint, namentlich zwischen dichterer Vegetation, aus verschiedenen Richtungen zu kommen, je nachdem das Gerät gegen Wände, aufwärts, abwärts zur Erde und vielleicht in einen Kübel gerichtet wird. Dazwischen dröhnt der mächtige Bass des Brummfasses, lärmen eiserne H andglocken, Kürbisrasseln, Klappern, Pfeifen, verschiedene Trommeln, grosse europäische Messingbecken, stellenweise auch freischwingende, mit einem Schlegel bearbeitete Holzplatten, wie sie vielleicht heute noch bei uns auf Rittergütern dienen oder ländliche Gemeinden zusammenrufen. Flinten werden abgefeuert, Eisengeräte angeschlagen, Schwertklingen gewetzt. Kerbhölzer schnarren, Ketten klirren, Wände schüttern, Schilfdächer rascheln. Die mannigfaltige Ausstattung ist übrigens selbst an den bedeutendsten Plätzen nicht vollständig, sondern nur teilweise und in verschiedener Zusammenstellung zu finden. Die Einrichtung hängt ab von der Laune, von der Geschicklichkeit und nicht zum wenigsten auch vom Vermögen der daselbst hausenden Meister, ebenso von den Gebräuchen, deren Befolgung für notwendig gilt, um ngilinglli zu bereiten und bei Kräften zu erhalten. Wie die Ausstattung, so der Lärm. Manchmal schwillt er zu wirrem Getöse an, das stundenlang fortdauert und schliesslich in eintönigem Trommelschlag verhallt. Wenn kein Fetisch hergestellt, kein Kranker behandelt, kein Frager beraten, kein Lehrling oder Gehilfe eingeweiht, wenn überhaupt nicht gezaubert wird, dann ist es an solchen Orten recht still, und die Bangänga gehen, wie andere Leute, alltäglichen Geschäften nach. J e nach dem Zwecke, dem es dienen soll, wird ngilingili verschieden zusammengesetzt. Die Mischung gilt als Geheimnis. Die Hauptrolle spielen Teile und Absonderungen von Pflanzen und Tieren, die recht giftig sind oder für giftig gehalten werden: Blätter, Blüten, Säfte, Früchte, AVurzeln, Rinde von Kräutern, Büschen, Bäumen, Lianen; Galle, Schnurr - haare und Kot von Leoparden, Galle vom Krokodil, Köpfe von Schlangen, Fröschen, Eidechsen, Schildkröten, Fischen; Krabhen, Skorpione, allerhand Gewürm; Augen, Gehirn, Lebern, Federn von einigen Vögeln, Hautstückchen, Haare, Fussteile und Mist von Tieren, die sehr flink, stark oder mutig sind; Geschabsel von Zähnen, Hörnern und Knochen. Dazu kommen noch Harze, bunte Erden, Speichel, Salz und salziger Schlamm aus den Manglaren, Rotholzpulver und was sonst noch die Einbildungskraft der Bangänga reizen mag. Teile vom Körper des Menschen oder vom Hausschwein werden nicht benutzt; nur Frauenmilch, die überhaupt als ein treffliches Mittel gegen unmittelbare Vergiftungen gilt, und, wie bei Künstschmiedearbeiten, Jüngfräuenurin sollen gelegentlich verwendet werden. Die gebräuchlichsten Rohstoffe finden sich in Kasten und Körben aufbewahrt und werden nach Erfordernis äusgewählt und gemischt; andere müssen erst mühsam frisch beschafft werden. Die am häufigsten


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above