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und mir sagten, der mittelste Stein wäre der Vater, die Stücke ringsum wären die Kinder. Ähnliche Steinmale, manche in der Mitte mit einem sogenannten Steinmännchen, mit einer kleinen Steinpyramide, fand ich später auf kahlen Flecken im Gebirge am Kongo, und daneben auch mittelst eines Stockes gerissene Kreise, Gabelkreuze und rohe Zeichnungen von riesenhaften Menschengestalten. Steinmännchen fielen mir auch in Südwestafrika auf, wo sie aber auch- von Europäern gesetzt werden. Vielleicht stammen die in Loängo bemerkten 'Steinringe gar nicht von Einheimischen, sondern von Fremdlingen, von Mitgliedern der ins Vorland herabsteigenden Handelskarawanen, sind möglicherweise Merkzeichen der Gilde der Sinklmba. Während schwieriger Fischzüge, die, falls der Fang reichen Lohn verspricht, auch bei gefährlicher Brandung gewagt werden, stellen Ban- gänga rasch Stöcke, Wiepen, Fransenschnüre, Bündel und dergleichen mehr in wunderlichem Verbände am Strande auf. Solche Zauberdinge sollen den Fang fördern, das Reissen der Netze, das Umschlagen der Kähne, das Verunglücken der Fischer verhüten. Da sie für den Augenblick bestimmt sind, pflegt man die Zeichen nach getaner Arbeit am Meere zurückzulassen, ein Spiel der Winde und Wellen. Hat man aber unter sehr widrigen Verhältnissen ohne jegliches Unglück einen grossen Fang gemacht, dann sind solche Gelegenheitsfetische als besonders geglückt im Werte gestiegen. Man räumt sie sorgfältig fort und hebt sie für ein andermal auf. So mögen auch Zieraten und Schmuckstücke, obgleich sie kein Ngänga berührt hat, einen Wert als Talismane erlangen, sei es infolge glücklicher Fügungen, sei es auf Grund ihrer Herkunft als Erbstücke oder Geschenke. Ganz wie bei uns können sie als Dinge von guter Vorbedeutung mit mancherlei Geschehnissen in Beziehung gebracht werden. Dass dies bei Krallen, Zähnen, Haaren, Schuppen behender, starker und gefährlicher Tiere schon von vornherein beabsichtigt wird, ist bereits auf Seite 351 abgehandelt worden. Wir halten es für selbstverständlich, dass die Vorstellungen der sogenannten Wilden unklar und verschwommen sind. Ist es denn aber bei Zivilisierten anders, wenn wir, was übrigens nicht einmal nötig ist, über die anerzogenen Gedankenkreise hinausgehen? Man frage doch die, die sich die Karten legen lassen, welche Macht denn solchergestalt Vergangenheit und Zukunft enthülle. Man versuche im Volke zu erlauschen, woher denn dem Erbschlüssel, der Erbbibel und dem laufenden Siebe die geheimnisvolle Kraft komme, Diebe zu entdecken, und welcher A rt sie sei. Man wende sich an beide Geschlechter aller Stände und lasse sich einmal erklären, wie es denn zustande komme, das Wirken der Wunderdoktoren, Wahrsager, Besprecher, der Medaillen, Ringe, Bändchen, Schnüre, Spruchzettel, Hufeisen, überhaupt der, tausenderlei Dinge und Handlungen, durch die sich der gewöhnliche Fetischismus* unter uns bekundet. Darüber ist nichts zu erfahren. Man weiss es nicht, denkt auch nicht weiter nach. Es wird eben geglaubt und danach gehandelt, manchmal gezweifelt und dennoch weiter gezaubert. Ganz so verhält, es sich in Loängo. W ie das Treiben der Hexen und Gespenster wird auch die Macht der Fetische- nicht allezeit und nicht von allen Personen gleich stark gefürchtet. Das liesse sich durch eine ganze Reihe von Erlebnissen bestätigen. Der alte'Sambükij der mehrmals erwähnte Herr von Mpfttumöngo, pflegte vor seiner Behausung einen stattlichen, im Gebiete nicht häufigen Mangobaum. Diesen Baum fand ich einst mit Fransenschiiüren, Zeuglappen und Klunkern aller Art über und über behängen. Ein überzeugenderer Beweis für Ausübung des Baumdienstes hätte gar nicht verlangt werden können. Indessen hatte es mit dem auffälligen Putz eine ganz andere Bewandtnis. Die lüsterne Jugend von Mpütumöngo und Umgegend tat sich nämlich gar zu oft gütlich an den tief niederhängenden saftreichen Mangopflaumen Sambükis, ganz so wie bei uns unartige Kinder die Obstgärten plündern. Deshalb hatte der Besitzer feierlich Zauber über den Baum gerufen und ihn zum Zeichen dessen mit Fetischen bekränzt. Dass der lustige Alte diesen Schreckmitteln, die überdies teilweise unecht sein mochten, selbst nicht traute,', weiss ich aus seinem eigenen Munde. E r hatte auch guten Grund dazu. Denn die Dorf- i angen liessen sich durch den Zauber nicht einschüchtern. Der Reiz der köstlichen Früchte war stärker als die. Furcht vor den Fetischen. Nach wie vor wurde der Baum verstohlen gepflückt." Nun könnte freilich angenommen werden, dass sowohl der Mann selbst als auch der zu Rate gezogene Ngänga kein hohes Ansehen als Zauberer genossen hätten, dass ferner die Fetische dem Schicksale der Vogelscheuchen verfallen wären, gegen welche Erfahrung, und Gewohnheit abstumpfen. Solcher Einwand wäre jedoch für andere Begebnisse nicht stichhaltig. Einst liessen wir in unserem Gehöft wegen eines Diebstahles den mächtigen Fetisch Maläsi in Tätigkeit setzen. Da drängte sich diensteifrig aus unserem Gesinde ein Mann vor, der sich, Ellbogen und Knie auf den Boden stützend, das Zauberbild während der Handlung auf den Rücken stellen liess. Dieser Mann war der Dieb selber. Natürlich wurde er nicht entdeckt, erlitt auch sonst keinen Schaden. Aber später, als e r . eines zweiten Diebstähles überführt worden war, gestand er uns seine.' Schuld ganz gemütlich ein. Ein anderes Mal hatten . wir den Mabiäla ma ndemba, einen der berühmtesten Diebfinder, mit seinen Bangänga nach der Station zum 26»


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