Ansehen aufs Spiel zu setzen, denn die Menge ist unberechenbar; vielleicht vertrauen sie ihren Fetischen und denken, dass das lose Volk die schon noch spüren werde. Sie wollen jedoch nicht dulden, dass während der Handlung auf der Windseite mancher Fetische Europäer verweilen und dass daselbst geraucht werde. Sie erklären, das würde die Zauberkräfte. schädigen, ferner, es sei von jeher so der Brauch gewesen, und das ist auch in Loängo eine unwiderlegliche Begründung. Landfremden Afrikanern gegenüber versagen nicht selten die Gerichtsfetische wie die Künste der Bangänga, weil jene nicht wie die Einheimischen in der nötigen Furcht aufgewachsen sind. Auch wird als zweifelhaft betrachtet, ob die Zaubereien Gewalt über Weisse haben, weil die letzteren viel stärkere Fetische besitzen. Wichtig erscheint, dass das Verbrechen auf der betreffenden Erde, nicht von ausserhalb verübt worden sein muss. Doch meinten manche, dass die Machtvollkommenheit der Zaubergebilde und ihrer Beschwörer sich überall innerhalb der Grenzen der drei Reiche offenbarte. Wer diese überschreitet, wäre demnach der Strafe entgangen; er verfällt ihr jedoch wieder bei seiner Rückkehr, und zu dieser sollen ihn die Zauberkünste nötigen. Die Rückkehr der Flüchtlinge wird aber auch so erklärt, dass es im Wesen des Verbrechens liege, den Verbrecher zum Tatorte zurück zu zwingen, so wie auch der unentdeckte Mörder dem Begräbnis seines Opfers beiwohne. Andere behaupteten, dass ihre einmal in Tätigkeit gesetzen Fetische sich weder um die Hautfarbe der Schuldigen bekümmerten noch durch Ländergrenzen, Meeresweiten und Zeiträume behindert würden. Kein Schuldiger vermöchte ihnen zu entrinnen. Die Übeltäter, die nicht entdeckt worden wären, entgingen darum nicht ihrem Schicksale. Die Macht der auf sie losgelassenen Fetische täte sich furchtbar kund, früher oder später, in der Nähe oder Ferne. Solcher Glaube findet Beweise. Immer sterben Menschen, bisweilen unter auffälligen Umständen. Es ereignen sich Unglücksfälle. Es Verschwindet jemand, und seltsame Gerüchte gehen durch das Land. Da hält es nicht schwer, die Vorfälle in entsprechendem Sinne zu deuten oder sich deuten zu lassen, und in dumpfem Staunen zu erkennen: gross ist die Macht unserer Fetische! Obgleich Fetische weder angebetet noch mit regelrechten Opfern erfreut werden, erhalten manche vor versammeltem Volke gelegentlich einen Puff Tabakrauch angeblasen, auch ein wenig Rum angesprudelt. Solches geschah aber, etwa wie wir Denkmäler bekränzen, ausschliesslich Fetischen in Menschengestalt, und es geschah nur um des Ausseren, vielleicht auch um der Erinnerung willen. Etliche Zauberer taten es, andere nicht. Ihren Angaben nach, die sie ja geschickt den Fragen anzupassen wissen, liesse sich folgern, dass sie in ihren Holzbildern menschliches Empfinden und Begehren vermuteten, was nicht zu verwundern wäre. Sie glichen darin unseren mit Puppen spielenden Kindern, auch manchen Erwachsenen, die ihren Alraunen oder Erd- und Goldmännchen Genussmittel anboten, sie sogar in Wein badeten, was sie vielleicht noch heute tun während sie gewiss nicht daran dachten, ihren anders gestalteten Zauberkram ähnlich zu behandeln. So erscheint es den Bangänga ebenfalls widersinnig, den als Tier, Topf, Korb, Sack, Bündel, Holzblock, Kasten .eingekleideten Fetischen Tabakrauch anzubieten. Und doch sind diese Zauberstücke ebensogut ersten Ranges und gelten vielfach für mächtiger als menschlich gestaltete. Als einst der als Mann geformte Mankäka und der als doppelköpfiges (mit Köpfen an beiden Enden) Flusspferd geschnitzte Maläsi miteinander in Tätigkeit gesetzt wurden, gaben die Meister nur dem Mankäka Rauch zu kosten. Daraufhin von mir gemahnt, doch den viel mächtigeren Maläsi nicht zu vergessen, guckten sie- mich verblüfft an. Als ich nun Grünzeug raufte und vorschlug, diese angemessene Stärkung dem Grasfresser darzureichen, wurde die Zumutung von allen Bangänga und Laien als ein guter Witz und wohl auch als ein Zeichen von Hänselei des Weissen so weidlich belacht, dass eine längere Pause in der Beschwörung eintrat. Die belustigende Geschichte sprach sich dermasseh herum, dass ich nach J a h r und Tag in entlegener Gegend ausgehorcht wurde, ob ich der Mann wäre, der den Maläsi hätte füttern wollen. Auch mit dem Benageln der Menschengestalten hat es seine besondere Bewandtnis. Wir haben es, wie möglicherweise auch mit dem Anrauchen, mit einer Entlehnung zu tun, und zwar mit einer Nachwirkung der alten Missionstätigkeit jenseits des Kongo: das Bild des Gekreuzigten hat die Leute auf den Gedanken gebracht. Haben sie doch auch dem Fetisch Mangössu, dem im Schädeldach drei Stachelschweinkiele stecken, einen Kranz von Dornranken um den Kopf gepresst. Der zu unserer Zeit in den südlichen Teilen des Landes geübte Brauch, Nägel und Eisenstücke in menschlich geformte Fetische zu treiben, dürfte zudem erst in verhältnismässig neuer Zeit, vielleicht seit einem Jahrhundert aufgekommen sein. Wenigstens erwähnen alte Berichte die doch gewiss merkwürdige und augenfällige Benagelung nicht, obgleich sie vielerlei Fetische und Zaubereien beschreiben. Dapper erzählt sogar, wie die Zauberer eiferten, weil spasshafte Seeleute den abgerissenen Kopf des Tschiköko wieder angenagelt hatten. (Seite 382.) Und um Tschintschötscho begann man vor unseren Augen zum ersten Male auch Tiergestalten mit Nägeln, und zwar die erste mit einer von uns gestifteten ausgedienten grossen Tischgabel, zu spicken. Jenseits des Kongo wurden damals längst alle möglichen Fetische benagelt.
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