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einem Ausgleich, so erwachsen ihm viel bedeutendere Kosten, als wenn er hätte sofort unterhandeln lassen. Denn Schadenersatz und Bussgeld allein nützen ihm jetzt nicht mehr. Damit ist zwar die Tat zu sühnen, jedoch, und das ist sehr beachtenswert in Sachen des Fetischismus, der einmal losgelassene Zauber, das Gift wirkt ungesohwächt weiter. Der Heuige muss auch die Bangänga von dem Abkommen benachrichtigen, damit sie die ihn verfolgenden Kräfte des Fetisches wieder von ihm nehmen, hauptsächlich den Nagel entfernen. Das Ausziehen ist aber viel teurer als das Eintreiben. Es bildet nicht die geringste Quelle guter Einnahmen für die Besitzer, die allerlei Einwände erheben und vorgeben, unter den Hunderten von eingeschlagenen Eisenstücken , wozu in der Zwischenzeit vielleicht noch weitere gekommen sind, das entsprechende nur schwierig herausfinden zu können. Da der Nagel das Zeichen der Tat und der losgelassenen Zauberkräfte ist, hängt an ihm alles. E r muss gefunden und ausgezogen werden, sonst gibt es keine Rettung für den vielleicht erkrankten Übeltäter. Deswegen ist dieser gezwungen, die unverschämtesten Forderungen der Meister zu erfüllen, um jeden Preis mit ihnen handelseinig zu werden. E r ist ihnen gegenüber vollständig machtlos, denn sie sind nicht verantwortlich für die Folgen der Beschwörung. Sie nützen die Gelegenheit aus, und das ist dem Yolke begreiflich. Wäre die schlechte Tat nicht begangen oder wäre sie wenigstens noch rechtzeitig durch Schadenersatz gut gemacht worden, so hätte man die Zauberkräfte nicht zu entfesseln brauchen. Nicht selten geschieht es, dass auch beliebige Laien einen grossen Fetisch nebenbei auch einmal beschwören. So zum Beispiel, wenn ein Trinker sich freiwillig bessern will, wenn ein Bündnis abgeschlossen, ein Versprechen feierlich bekräftigt wird, wenn Diener ihrem Herrn Treue geloben. Dabei werden ebenfalls Nägel eingeschlagen, falls man für diese Handlung geeignete Fetische berufen hat. Jeder Beteiligte tut ein paar Schläge auf einen und denselben Nagel und fordert-zugleich den Fetisch mit lauter Stimme heraus, ihn aufzuessen (volkstümliche Ausdrucksweise), falls er das Gelöbnis breche, üm sich recht feierlich zu binden und den Kräften das Ausfinden der schuldig gewordenen Person zu erleichtern, pflegen die Schwörenden den Nagel zuvor von Hand zu Hand zu geben, an Brust und Stirn zu drücken oder darauf zu beissen oder zu spucken. Gelegentlich wird das Eisen mit daran haftenden Haaren in den Fetisch getrieben. Alles das geschieht bei den Zauberstücken, die Menschengestalt haben, und nur um dieser Ähnlichkeit willen, wie bald zu erweisen. Die berufsmässigen Beschwörer erscheinen selbst bei wichtigen Vorgängen nicht in einem sonderlich phantastischen und prunkvollen Aufzug. In der Regel haben sie die gewöhnliche Tracht, ergänzt durch eine bunte und manchmal schon recht schäbige Federkrone, wozu die roten Schwanzfedern des Graupapageis und etliche Hahnfedern beliebt sind, und haben sich dazu mit Kreide oder mit bunten Farben etliche Punkte, Linien, Bogen und Kreise auf die Haut gemalt. Sein Bündel Privatfetische hat ein jeder bei sich. Manchmal begleiten sie die Anrufungen durch gelinde Zuckungen der Glieder, durch zeitweiliges Wenden und Drehen des Körpers, oder sie umlaufen ihren Fetisch mit trippelnden Schritten wie ein tretlustiger Hahn die Henne. Ordentliche Sprünge und heftige Bewegungen, etwa wie beim Schuhplatteln, kommen selten vor. Ab und zu unterbrechen die Zauberer ihr Treiben, um irgend etwas Gleichgültiges und durchaus Unzugehöriges vorzunehmen, um ein paar Züge aus der Pfeife eines Zuschauers zu tun, um jemand zu begrüssen, und fahren dann wieder fort, als ob nichts geschehen wäre. Manchmal lärmten sie ungewöhnlich stark, fuchtelten mit blanken Säbeln und grossen Messern herum und schlugen damit auf die Erde. Trotzdem geriet keiner in den Zustand der Verzückung, noch trat ihm Schaum vor den Mund, noch erschreckte er durch solche übertrieben wilde Bewegungen, wie sie zum Beispiel bei Kriegstänzen beliebt sind. Es mag Vorkommen. Wir haben es nicht beobachtet und nicht einmal bemerkt, dass ein Ngänga in Schweiss geraten wäre. Sie strengen sich nicht sonderlich an. Während bedeutender, vorher angesagter Beschwörungen entfaltet sich oft ein Volksleben wie auf einem Jahrmarkt, auf einer Kirmes. Auch pflegt man dazu, je nach Zahlungsfähigkeit der Veranstalter, allerlei andere, nicht für den besonderen Zweck eingerichtete Hauptfetische mit aufzustellen, manchmal ein halbes Dutzend und mehr. Aber diese, seien sie noch so mächtig, stehen im Hintergründe um die Fachfetische wie Gefolgschaft um Häuptlinge. Man will mit dem stattlichen Aufmarsch Eindruck machen. Schaulustige kommen von nah und fern herbei und sammeln sich um den Platz. Die weibliche Jugend versäumt nicht die Gelegenheit, sich im Putz zu zeigen. Die ringsum stehenden, sitzenden, hockenden, liegenden Leute treiben allerlei Kurzweil, drängen und necken sich, schwatzen, lachen, johlen. Schuldlose brauchen ja Fetische nicht zu fürchten. Passende und unpassende Bemerkungen, Spottreden, Witze fliegen hin und her. Es geht gelegentlich recht pöbelhaft zu. Ich habe Zaubereien beigewohnt, wo über dem Unfug der Zweck der Handlung vergessen wurde. Doch sieht man auch Gruppen, die ein tieferes Verständnis und gebührende Würde sowie Unwillen über die Störungen zur Schau tragen. Näher Beteiligte folgen den Vorgängen mit Spannung und rufen tadelnd zur Ordnung. Dann wird es für ein Weilchen stiller. Die Beschwörer kümmern sich augenscheinlich wenig um das Treiben der Menge. Vielleicht scheuen sie sich, und nicht ganz grundlos, ihr


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