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Hexerei, von Unholden, Krankheiten und sonst landläufigem Ungemach, sowie für Frauensachen. Aber neben den Schutzfetischen gibt es viele Förderfetische, also solche, die für Zwecke wirken, welche oftmals den Interessen anderer widerstreiten. Es wird nachher zu erzählen sein, was für komische und ernsthafte Verwicklungen zwei ähnliche HandelB- fetische der Erdschatten Lubti und Luändschili verursachten. Eigentlich ist es ja nicht gut, so gegeneinander loszuzaubern, aber es ist, wie das Gegeneinanderarbeiten im täglichen Leben, nicht zu vermeiden. Es macht auch den Gläubigen keine grossen Sorgen, denn jeder hat natürlich den besten Fetisch. Die Bangänga lehren, dass Fetische gleicher Art in verschiedenen Händen ungleich wirken. Ihr richtiger Gebrauch ist ja eine Kunst, die nicht ein jeder gleich geschickt auszuüben versteht, und verlangt genaue Beobachtung von Vorschriften, wobei leicht etwas versehen wird. Wer ganz und gar sicher gehen will, der bestellt allerdings seinen besonderen, nur für ihn herzustellenden Fetisch, und zahlt dafür selbstverständlich einen angemessen höheren Preis. Er muss nur auch den leistungsfähigen Ngänga finden. Immerhin bedienen sich der wichtigen Förderfetische fast nur die Grossleute, die sicher genug gegen Anfeindungen stehen; Kleinleute tragen Bedenken. So kommt es auch, dass man dem Herrn seine Fetische mit in das Grab gibt, wenn man sie nicht dem Ngänga zum Abtun aushändigt. Uneingeweihte vermögen ja doch nichts mit ihnen anzufangen. Und aufbewahrt wären sie ein Gegenstand der Sorge. Ihre Kräfte könnten unrichtig losgehen. Von besonderem Beize ist es, zu beobachten, wie die Leute, je nach Alter, Stellung und Besitz von Glücksgütern, sich der Fetische bedienen. Im allgemeinen sind in der ansteigenden Hälfte des Lebtens die Fetische für Erfolge, die Förderfetische, in der absteigenden Hälfte die Fetische für Abwehr von Übeln, die Schutzfetische begehrt. Schon das hilflose Kind wird von der besorgten Mutter mit einfachen Zaubermittelchen behängt, die sie selbst erwirbt oder die Onkel und Tanten dem Liebling bringen. Die heranwachsenden Kinder kümmern sich kaum um Fetische. Sie haben wenig zu verlieren, wenig zu gewinnen. Mit dem glücklichen Leichtsinn der Jugend freuen sie sich des Lebens schöner Kechte und vertrauen dem Schutze ihrer Angehörigen. Das reifende Mädchen, dem der Ernst des Daseins früher als dem Knaben zum Bewusstsein kommt, dessen ganze Entwicklung das Hoffen und Bangen zeitiger erwachen lässt, beginnt zunächst sich helfenden, später, als Weib und Mutter, auch abwehrenden Zaubermitteln zuzuwenden, während der Knabe erst nach Jahren nachahmt. Mit zunehmendem Alter, wenn E rfahrungen das Misstrauen steigern, wenn Besitztümer, Sorgen und körperliche Leiden sich mehren, erlangt die Furcht vor Neid und Hass und böswilliger Zauberei immer grössere Macht über die Gemüter, weswegen mehr Schutzfetische erworben werden. Das Haupt einer zahlreichen Familie und einer grossen Gefolgschaft, der Mann in Amt und Würden, besitzt gewöhnlich auch die meisten Fetische. Deren und seinem Schutze vertrauen die Kinder, die Frauen, Angehörigen und Unfreien, die meist nur allerhand schwachen Zauberkram gegen die kleinen Plagen des Lebens benutzen. Wer aber von ihnen zu Glücksgütem kommt, der legt sich auch Fetische zu, auf die Gefahr hin, unter Umständen verdächtigt zu werden, Übles damit bewirkt zu haben. Doch wird dann der Ngänga, der ihn versorgte, für ihn eintreten. Selbstverständlich vermag der Beiche viele und mächtige, sowie fein ausgestattete Zaubermittel zu erwerben, und vermeint deren auch zu bedürfen, während sich der Arme mit wenigen und geringen, mit denen der unteren Stufe begnügt. Unechte Fetische, unecht nach dem Urteile der Bangänga, gibt es natürlich auch. Es dient ja schon zur Beruhigung, wenn man den Schein aufrecht zu erhalten vermag. Fetische gehören zu den Würdenzeichen, zur Büstung und, wie das Gefolge, zum Prunk des vornehmen Mannes, des Häuptlings. Denn wie stünde es um seine Macht ohne sie? Wenn er der Kräfte aller seiner Fetische zu bedürfen glaubt, wenn er ein grosses Unternehmen vorhat, so macht er vorher mit allen seinen Mitteln Zauberei. Das ist eine wichtige öffentliche Angelegenheit, die, je nach Vorschriften und je nach Bedeutung seines Vorhabens, in mannigfaltiger und oft recht umständlicher Weise besorgt wird. Und zwar vor aller Augen. Denn er will Eindruck machen. E r hat zu repräsentieren. Die Leute sollen staunen, was alles er mit seinen Fetischen zu leisten vermag. Bei einem solchen Anlass verfährt der Mann ungefähr folgender- massen: er lässt ein Feuer anzünden, worein er allerlei Kräuter, Holzschnitzel, Bindenstückchen, Harze, Pülverchen und andere Dinge wirft; dann nimmt er sein Fetischbündel, schüttelt, pufft und klopft — was vielleicht für Prügeln gehalten worden ist — es unter Ausrufungen, hält es über das Feuer, damit der Bauch es durchziehe, schwingt es ringsum, indem er sich mit ausgebreiteten Armen um sich selber dreht, macht einige Schritte, wirft sich in Positur, und rüttelt es mit drohender Gebärde nach Aufgang und Untergang der Sonne, vielleicht auch nach Norden und Süden. Dann macht er wieder einige Sprünge, schwingt das Bündel abermals ringsum, und hält es wieder über das Feuer, worin er vielleicht gleichzeitig etwas Schiesspulver verpuffen lässt. Nach diesem einleitenden Zauber, den mancher schon für genügend hält, geht ein anderer erst an die eigentliche Handlung, die ihm die Hauptsache ist. Das richtet sich nach Zahl und Eigenart der Fetische nach den Begeln, sowie nach der Wichtigkeit des Vorhabens.


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