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Gespenster, die ohnehin Glänzendes nicht leiden können, Bösewichter erblicken sieb selbst in den spiegelnden oder glitzernden Scherben, erschrecken darob und fliehen. Gerade diese Wirkung heben die Bangänga als wichtig hervor. Sie behaupten sogar, dass das Böse von den Spiegeln zurückgeworfen werde, wie eine Flinte losgebe, und den Übelwollenden selbst befalle, vernichte. Das erinnert an den Billwitz- oder Bilsenschnitter unserer Landleute, der bei seinem. Treiben auf der Flur in der Johannisnacht durch einen vom Eigentümer des Feldes vor die Brust gebundenen Spiegel getötet werden kann. Zudem habe ich in Loängo ein paar überängstliche Leute gekannt, untergeordnete Häuptlinge, die kleine Spiegel am Halse oder vor der Stirn baumelnd trugen, so wie bei anderen Völkern Leute von Stand Muschelstücke anbringen. Ein Fetisch, der, fein geschnitzt und ausstaffiert, recht stattlich hergestellt werden soll, ist entsprechend teuer. Dass er um seines Äusseren willen auch für besonders stark gehalten wird, ist selbstverständlich. Denn die Länge der Zeit, die bis zur Übergabe des Werkes verfliesst, der Aufwand an Berufskünsten, steht im angemessenen Verhältnis zu den Kosten. Die Bangänga lehren nämlich, dass ein neuer Fetisch von recht starken und altbewährten, mit denen er in Berührung gebracht wird, Kräfte gleichsam ansauge. Sie müssen natürlich dem nämlichen Zwecke dienen. Deswegen bringen sie, wenn das Honorar dafür ausreicht, neue Stücke in ihrer Sammlung anerkannt mächtiger Zaubermittel unter und belassen sie wochen-, monatelang daselbst. Einem zweifelhaft oder schwach gewordenen Fetisch erneuern sie in der nämlichen Weise seine Kraft; sie frischen ihn auf. Dass man einen ähnlichen Einfluss manchmal auch von den geweihten Stätten erwartet, kann nicht wundernehmen, wenn man bedenkt, was bei uns Kirchgänger dem Altäre zumuten. Man darf sagen: Gegen grosse Übel, für das Gemeinwohl, für Genossenschaften, auf die Dauer, werden starke Fetische in auffälliger Gestalt umständlich angefertigt. Gegen kleine Übel, für einzelne Personen, auf kurze Zeit, genügen schon geringfügige, schnell besorgte Dinge, die mehr an Amulette erinnern. Dennoch haben auch diese Kleinigkeiten stets, was alle Fetische kennzeichnet: die Stoffe mit den Kräften, das ngilingfli, weil sonst nicht an sie geglaubt wird. Da gibt es zum Kleinhandel, recht geeignete Hinge, Schnuren, Blattstreifen, Federn, dünne Lianen, Fäden, die ein Ngänga geknotet, bestrichen, gefärbt, besprochen und in seiner Werkstatt zwischen den starken Zaubermitteln einige Zeit untergebracht hat. Sogar mit ngilingfli und bunten Farben auf die Haut gemalte Tupfen und Striche genügen für Stunden oder Tage. J e nach Art, Grösse und Zweck lassen sich die Zaubermittel zunächst einteilen in P r i v a t f e t i s c h e und in E rwe r b s f e t i s c h e . Privat- fetische: Schutz-und Förderfetische, dienen Personen oder Familien oder Gemeinden. Erwerbsfetische: Heil- und Gerichtsfetische, sind gewöhnlich Besitztum von Zaubergenossenschaften und dienen gegen Entgelt dem Gemeinwohl, indem sie Krankheiten heilen oder Verbrecher ausfinden und bestrafen. Da sie gesellschaftlich und sogar( politisch bedeutsam sind, können wir sie auch Fetische ersten Banges nennen. Privatfetische führen die Besitzer, je nach Belieben und Zweck, stets oder gelegentlich mit sich oder verwahren sie in de.r Behausung, befestigen sie auch an irgendwelchem Eigentum. Selbst kranke Haustiere: Schafe und Ziegen, sowie geschätzte Jagdhunde im Dienste werden ab und zu mit Fetischen behängt. Die zum Umbinden geeigneten Zauberdinge mit allerlei Zubehör trägt man nach Bedarf an Stellen des Körpers. Allerlei Klümpchen und Pülverchen von ngilingili verschiedener Herkunft werden eingewickelt iu einem Beutel untergebracht. Und diesen vereinigt man wieder mit anderen grösseren, vielleicht auch geschnitzten Fetischen zu einem Bündel, das mittelst eines geflochtenen Bandes derartig über die linke Schulter geschoben wird, dass es dicht vor, selten unter oder hinter der Achselhöhle baumelt. Bemittelte und Grossleute umhüllen ihr Zauberbündel gern mit dem Zeichen des freien Mannes, also mit hübschem weichem Fell. Zu diesem mpömbo mikända genannten Fetischbündel, häufig zugleich Familien- und Gemeinschafts-Revolverfetisch, gehören noch allerlei Kleinigkeiten, die nicht Fetische sind, aber beim Zaubern gebraucht werden: Pfeifen, Farben, Pülverchen, Späne gewisser Holzarten, Blätter gewisser Kräuter, Kolanüsse und andere Früchte, Gifte, Erden, Federn, Fäden und anderes Zeug. Ferner liebt man es, aussen etliche Schellen oder Glocken hinzuzufügen, um unterwegs durch deren Getön allem Bösen zu melden, dass der Träger gewappnet sei. Manchen hohen Herrn erkennt man, wie bei uns Binder und Leithammel, schon von ferne am Gebimmel seiner Glocken (Abbildung Seite 257.) Der tönende Behang hat noch einen anderen Zweck. Wenn sich den etwa in der Schlafhütte befestigten Fetischen Böses naht, das schwächer ist als ihre eigenen Kräfte, so verscheuchen oder vernichten sie es. Ist es aber stärker, so setzen sie im Kampfe gegen die feindlichen Mächte Schellen und Glocken in Bewegung. Fetische, die sich solchergestalt rühren, benachrichtigen den bedrohten Herrn, dass er Gegenmass- regeln zu ergreifen habe. Viele Bangänga sowie angesehene Laien, sehr selten Unfreie und junge Leute, Weiber aber so gut wie gar nicht, weil sie ihre Fetische in der Hütte zu bewahren pflegen,, tragen auf 'solche Weise mit gebührender Würde eine reichhaltige Sammlung von Zaubermitteln an sich herum, die manche unter keinen Umständen, selbst des Nachts nicht, ablegen. Andere erscheinen mit dem Bündel bloss bei feierlichen


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