Page 354

27f 32-2

Weisskunst, Scliwarzkunst. Kräfte, nicht Geister. verlor aber an Ansehen, als es sich ’ herausstellte, dass er bei trübem Himmel versagte. Die Erklärung mit der Sonne befriedigte nicht. Es war klar: Fetische des Europäers haben ihre Mucken so gut wie die des Afrikaners. Wie die Menschen so stehen auch ihre Zauberkräfte gegeneinander, man weiss nur nicht wo und wie. Jedenfalls hat man es mit ähnlichen oder mit den nämlichen Kräften zu tun, deren sich die Hexen bedienen. Wer noch unbekannte und ganz besonders starke Kräfte ausiindet und glücklich vereinigt, der erlangt die Übermacht. Bangänga und Sindödschi sind allerwege auf Entdeckungen aus. Jene mischen, diese mischen. Die Kräfte werden gegeneinander mobil gemacht. Weisskunst - bungängu, tschingänga — steht gegen Schwarzkunst — bundöku. Freilich scheint niemand stets vorher zu wissen, ob er ein neues, unübertreffliches ngilingili gemischt hat. Das muss ausgeproht werden. Der Erfolg entscheidet. Wenn sich mit dem neuen Kraftstoff versehene Fetische recht bewähren, dann ist man klug und glücklich gewesen. Kussüta, erfinden, entdecken, austüfteln; mussüti, plur. bassüti, der Erfinder; lussütu, die Erfindung und die Einbildungskraft. Nicht das geringste im ganzen Tun und Treiben der Leute deutet auf Geister, die sich etwa ein Zauberding zum Wohnsitz erwählten oder hineinbefohlen wären und nun dem Menschen gehorchten. Es gibt kein geistiges Wesen, mit dem ein Pakt eingegangen werden könnte, infolgedessen es, verlockt oder gezwungen durch Spruch oder Gabe des Zauberkundigen, gänzlich oder geteilt in ein Gebilde einträte und es zum Kraftstück erhöbe. Nsämbi und Bünssi stehen vollständig ausserhalb aller Zauberei. Uns liegt es nahe, anzunehmen, und dann bei flüchtiger Beobachtung auch bestätigt zu finden, dass die Zaubermeister sich einbildeten, oder es anderen weismachten, mit Hilfe von dienstbaren Geistern zu arbeiten. Das lernen sie vielleicht noch, sobald sie fremde Lehren ihrem Systeme anpassen. Unsere alten Berichterstatter und ihre Nachgänger witterten überall ihren eigenen Teufelsspuk und Geisterbeschwörungen, und solche Ansichten werden immer wieder in die Beobachtungen hineingetragen, zumal der moderne Spiritismus verlockt. Als selbstverständlich wird angenommen, was erst recht zu prüfen ist. Wie schon gesagt: Seelen- und Geistersitze sind etwas ganz anderes als Fetische. Auch kommt man in Loängo nicht aus mit der Lehre vom Animismus, insofern diese Lehre mehr voraussetzt als den Glauben an geistige Wesen. Wonach also alle Dinge oder mindestens alles, was Leben oder Bewegung hat und zu haben scheint, beseelt oder mit geistiger Eigenart begabt, und alle natürlichen Vorgänge sowie Erscheinungen als gewollt gedacht werden sollen. Die Worte gewollt, beseelt und geistig sind zu streichen. Sie bezeichnen ebensowenig richtig Eigenschaften von natürlichen und künstlichen Dingen in Loängo wie etwa Eigenschaften von Alraunen, Hufeisen, Erbschlüsseln, Elektrisiermaschinen und Arzneipflanzen in Europa. Es steckt schon was drin, aber das ist weder Seele, noch Geist, noch ein Wille. Wenn ein Ausdruck geprägt werden soll, so wäre auf Dynamismus zurückzugehen und dieser für Animismus zu setzen. Der alte Dapper ist der einzige, der die Ergebnisse seiner eifrigen Erkundigungen in selbständiger und richtiger Weise verarbeitet. Er sagt: „Mit dem Worte Mokisie oder Mokisses, wie es andere nennen, bezeichnen die Einwohner allhier nichts anderes, als einen natürlichen Wahn- oder Aberglauben, und feste Einbildig, welche sie von einigem dinge haben, dem sie eine unbegreifliche Kraft zuschreiben, etwas guhtes zu ihrem Vorteile, oder etwas böses zu ihrem Nachteile zu tuhn, oder zu verschaffen, dass sie vergangener, oder zukünftiger dinge Wissenschaft haben können. Es kann nicht füglich Abgötterei genennet werden; weil diese Völcker weder Gott, noch Teufel kennen: dan sie wissen ihm keinen eigenen Nahmen zu geben, sondern nennen alles, darbey sie einige verborgene Kraft vernehmen, allein Mokisie. Alle ihre Zauberkunst zielet allein dahin, dass sie die Gesundheit bewahren, Seuchen und Schmertzen genäsen, Regen veruhrsachen, iemand eine Kranckheit und Anfechtung antuhn, sterben machen, und dergleichen mehr, zu wege zu bringen können. Dan wan sie einiger Mokisie eine Gottheit zuschrieben, so würden sie ihr gebührliche Ehre anthun. Die alte Gewohnheit und der gemeine Gebrauch ist dem gemeinen Volcke ein unfehlbarer Beweis, dass bey den Mokisien eine grosse Kraft seyn müsse; ja sie werden in ihrer Hartnäckigkeit solches zu gläuben, nicht wenig gestärcket, weil sie sehen, dass ihr König, und die grössesten Herren des Landes hierinnen ihre Vorgänger seynd; denen es zur Handhabung ihres Ansehens sehr viel nützet, und den gemeinen Mann im Zaume zu halten, grossen Vorteil schaffet.“ Die Fetischmeister stehen dem, was wir die Geisterwelt nennen, nicht minder furchtsam gegenüber als die Laien. Man frage nur einen berühmten Ngänga, mit Hilfe welcher Seele, welchen Geistes er seine Taten verrichte und wie er es anstelle. Verblüfft, tief erschrocken schaut er einen an. Daran hat er nicht einmal gedacht. Das wäre zu gefährlich der Lebenden und der Toten wegen. Lusäbu, Wissen; lungängu, Meisterschaft; ngilingili und bufüngu oder tschlnda ngölo bene, Gift, Medizin und Kraft stark sehr ist es, beteuert er. Damit wirkt er für das Gemeinwohl gegen alles Böse auf, in und über der Erde. Für Geister ist in dem System kein Platz, ja ein Hauptteil ist ihretwegen ausgedacht worden, um sie sich vom Leibe zu halten. Und wenn ein Ngänga allzu verwegen gegen eine Seele losgegangen ist (Seite 310) und


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above