Erinnert sei ferner an Skalpe*), an Kopfjägerei und anderes mehr, an das Verzehren oder wenigstens an das Schlecken des Blutes erschlagener Krieger und, wie ich es inLoängo sah, gefährlichen Wildes. Ferner gehört hierher der Gebrauch von Hausmittelchen bei allerhand Leiden. Alltäglich ist zu beobachten, wie Wasser, worin das beschriebene und noch anderes Zeug eingeweicht worden ist, getrunken oder zu Umschlägen verwendet wird. So gemessen Gebärende Wasser, das auf Eiern gestanden hat, hoffend, ebenso leicht wegzukommen wie der legende Vogel. Ein angehender Zaubermeister, der uns auf einer längeren Reise begleitete und ein ganz brauchbarer Mann von ungewöhnlicher Körperkraft war, erwies sich bald als ein gefährlicher Liebhaber unserer Sammlungen. E r heimste in der Wildnis vielerlei Dinge ein für seine Zwecke: Kräuter, Wurzeln, Rinde, Pilze, Früchte, Dornen, Säfte. E r suchte unentwegt nach den Geschossen, die unsere Beute getötet hatten. E r schnitt verstohlen ein dreieckiges Stückchen Haut aus dem mühsam präparierten Kopfe eines Hippopotamus. E r stibitzte Halsschilde und Zähne von Krokodilen, Teile von Schlangen, Fischflossen, Prunkfedern von Vogelbälgen, Haarbüschel und Klauen von Fellen und anderes mehr. Vom Baum bis zum Grashalm, vom Flusspferd bis zur Mücke war nichts vor ihm sicher, das seine Augen fingen als rares Stück, als Schutz- und Bannmittel, als Kraftträger, womit er Grosses zu leisten gedachte. Mir wurde ein hübscher Halsschmuck verehrt: das ausserordentlich lange Schwanzhaar eines Elefanten, woran durch feine Flechtarbeit die Kralle eines Leoparden und eines Adlers, der Zahn eines Seefisches und eines Krokodiles befestigt waren. Haar und Krallen sollten mich auf der Jagd schützen, in Wald und Gras scharfsichtig, stark, behende machen, die Zähne sollten mich vor allen Gefahren des Wassers behüten. Als ich mehrmals in der Brandung verunglückte und einmal mit knapper Not den Strand erreichte, wurde ernsthaft behauptet, nur die Zähne hätten mir Glück gebracht, weil ohne sie in den schweren Rollern meine Schwimmfertigkeit nicht ausgereicht haben würde. Dass ich den Schmuck gar nicht trug, ta t dem Glauben keinen Abbruch. Als ein Bursche, vormals unser Koch, bei der Hexenprobe dem Gifte erlegen und verbrannt worden war, fand ich später in den Resten des Scheiterhaufens, ausser einigen Wirbeln, ein unversehrtes Stück seines Schädels. Eine daraus geschnittene kleine Platte fügte ich als Andenken an Stelle eines verlorenen Metallschildes in den Schaft meines Lieblingsgewehres ein. Diese Handlung wurde viel beredet. Denn dass ich mir etwa des Mannes Kochkünste, die nicht weit her waren, hätte zulegen *) Vorausgesetzt, dass das Skalpieren in Amerika einheimischer Brauch war, und nicht erst von den Besiedlern, die Abschussprämien zahlten, entlehnt worden ist. wollen, glaubte natürlich kein Mensch. Etwas musste aber daran sein. Offenbar hatte ich mit dem Stück unbegreiflichen, aber grossen Zauber gemacht. Längere Zeit galt ich als anrüchige Person. Die Waffe aber galt fortan als besonders zauberkräftig, für geradezu unfehlbar. Soviel hier über die untere naive Stufe des Fetischismus. Sie ist im entwicklungsmässigen Sinne beachtenswert als Vorläufer und Grundlage der höheren Stufe, hat aber neben dieser nicht mehr viel zu bedeuten. Denn man ist fortgeschritten in Loängo. Die einfachen, vergleichsweise unwissenschaftlich zu nennenden Mittel kommen wenig in Betracht bei der Fülle des weiter entdeckten Bedrohlichen, das von Seelen, Unholden, auch von noch Unbekanntem, hauptsächlich aber von Menschen ausgeht. Diesen wesenlosen Gefahren und heimtückischen Anschlägen vermag niemand, wenigstens kein Laie aus eigener Machtvollkommenheit zu begegnen. E r muss sich an ausgelernte Leute wenden, die völlig vertraut sind mit allem Bösen im Diesseits und Jenseits, die tief eingedrungen sind in die Erkenntnis aller verborgenen Dinge. Diese Gelehrten helfen mutig mit all ihrer Kraft und Kunst den armen Geängstigten und Bedrückten, natürlich, wie überall unter der Sonne, gegen Entgelt. Und das führt uns zur oberen Stufe, zu dem ausgeklügelten System des Fetischismus der Bafiöti, der gelernte Vertreter hat. In der Natur sind viele Kräfte aufgespeichert. Sie werden insgemein bufüngu genannt. Der Geschulte versteht es, vielerlei kräftereiche Dinge zu wählen und kunstgerecht zu behandeln, die Stoffe zu einer besonderen Masse zu vereinigen und ihre Kräfte zu einer besonderen Kraft zu verdichten. Der gewonnene Stoff heisst ngilingili, die darin sitzende Kraft tschlnda und tschiinda, ihre Stärke oder Energie bunene. Ngilingili wird betrachtet als feinster Auszug vieler uns schön bekannter und aller möglichen Kraftträger, vornehmlich aber als eine Giftmischung mannigfaltigster Art, die je kuntsvoller desto wirksamer ist. Jedes ngilingili hat nur eine Art von tschlnda und bunene, also n u r eine A r t von W irk s am k e it. Daraus folgt, dass für unzählige Zwecke auch unzählige Kraftstoffe hergestellt werden müssen. Das fertige ngilingili, mag es in ein Gebilde getan worden sein oder nicht, -das bestim- mungsgemäss verwendet wird, ist mkissi oder nkissi, plur. simkissi oder sinkissi, ausnahmsweise auch bakissi, ist das, was wir Fetisch nennen. Mkissi lässt sich nicht anders übersetzen, als durch Zauber, Zaubermedizin und Zauberding schlechthin. Die vielfach verwechselten und sogar gekuppelten Ausdrücke Fetisch und, Götze bezeichnen zweierlei wohl zu trennende Begriffe. Sie sind zu definieren, da es gerade für die Völkerkunde festzustellen gilt, wovon gehandelt wird. Lo&ngo. ‘ 2 3
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