der andere trampelt als Büffel durch Busch und Gras, der dritte lauert als Krokodil im Wasser und so fort. So verrichten sie Böses nach ihrer Weise. Gegen Verwundungen sind sie nicht gefeit. Von Männern gestochen oder angeschossen, von , Weibern zerkratzt, behalten die wieder Verwandelten an ihrem Leibe die vorher empfangenen Wunden. Das sind die untrüglichen Zeichen ihrer Schuld. So gibt es für die Eingeborenen kein Ungemach, Missgeschick und Unglück, das nicht durch Menschen insgeheim verursacht werden könnte. Das Unerklärliche, das Erschreckende ist eitel Hexenwerk. Glücklicherweise sind viele Fetische stärker und schützen ihre Besitzer, Ebenso ist die Schwarzkunst machtlos an den alten geweihten Stätten, an den Königsund Fürstengrähern, auf Pfadkreuzungen und Schwurplätzen. Einen Oberherrn der Hexenzunft kennt man nicht. Der Gedanke an ein im Gegensätze zu Nsämbi stehendes teuflisches Wesen, mit dem etwa ein Pakt abgeschlossen werden könnte, ist den Leuten durchaus fremd. Auch wissen sie nichts davon, dass irgendwo regelmässige Zusammenkünfte von Hexen gefeiert würden. Es wird zwar erzählt, dass die Bösen sich gelegentlich träfen und dann ein schreckliches Brüllen, Heulen und Winseln anhöben, aber der allgemeine Glaube lässt jeden Schwarzkünstler für sich im stillen Unheil brüten und verrichten. Das meiste des bisher Geschilderten und erst recht das im nächsten Abschnitte zu Behandelnde wird gern und geringschätzig als Aberglaube abgetan. Als ob es genügte, sich aufgeklärt zu zeigen, eine persönliche und nicht einmal berechtigte Ansicht zu äussern. Denn so weit haben es selbst die zivilisierten Völker nicht gebracht, dass sie die Gedankenwelt der primitiven abweisen dürften als etwas gänzlich Fremdes, nicht auch zu ihnen Gehöriges. Man vergesse und vertusche nur nicht, was heute noch in allen Ländern der Kirchenzucht, des Schulzwanges und der Aufklärung seine Macht über die Gemüter ausübt. Man beobachte Landleute und Städter, das Volksleben auf Jahrmärkten und Kirchweihen, die Soldaten im Kriege, die Seeleute im Hafen und während der Fahrt. In den Brennpunkten der Zivilisation dienen Wunderdoktoren, Kartenschlägerinnen, Seherinnen und andere weise Leute, nicht bloss den Bedürfnissen der Kleinleute, bei denen es sich am wenigstens lohnt. Amulette, Sympathiemittel, Ahnungen, Deutereien stehen in hohem Ansehen. Auch Geisterbeschwörungen sind gäng und gäbe, beinahe ärger und kunstgerechter als je zuvor, trotz aller Naturwissenschaft und Aufklärung. Der Wilde im Menschen ist unsterblich. Wer sich um solche Zustände bekümmert, der wird vom Treiben der Wilden ganz vertraut angemutet, der kann nicht obenhin allgemein Menschliches aburteilen. All das Abgeschmackte, Widersinnige, Grausige, das als selbstverständlich über die Primitiven berichtet und geglaubt wird, sollte stets ins rechte Licht gerückt und mit dem Treiben der Zivilisierten verglichen werden. Wer das tu t, wird auch nicht zu behaupten wagen, wir hätten es zu herrlich weit gebracht, als dass die Schrecken, von denen die Geschichte lehrt, nicht wieder über uns kommen könnten. Hexenverfolgungen, Ketzerbrände und Foltereien haben doch, unentschuldbarer als irgendwo und irgendwann sonst, vor gar nicbt langer Zeit; nicht etwa unter heidnischen, sondern unter christlichen Völkern gewütet, deren Kultur, deren Errungenschaften als bewundernswert gross gerühmt werden und sie vermeintlich hoch über alle Wilden stellten. Und wenn B ic h wieder, einmal zum Wahne die Macht gesellt, da würden gar viele besser in der Wildnis geborgen sein, weil Zivilisation gefährlicher macht. Die Naivität, die vieles mildert, streift sie den Menschen ab, seine Natur ändert sie nicht. Menschenkundige, die alles dessen eingedenk sind, kann es nicht befremden, dass Europäer, die lange und nahezu abgeschlossen vom Verkehr mit ihresgleichen inmitten der Eingeborenen gelebt haben, landläufigen Anschauungen verfallen. Sie missachten zwar ihre Lehrmeister, aber sie glauben mit ihnen. Üppig entwickelt sich wieder in der Einsamkeit, was die Erziehung vielleicht zu dämpfen, aber nicht auszurotten vermochte. In einem Urwaldwinkel war ich einst bei einem überaus liebenswürdigen Manne zu Gaste, der Fetische nicht nur für ganz nützliche Dinge hielt, sondern wahrscheinlich auch welche besass, wiewohl er ob meines Staunens zögerte, auch das noch einzugestehen. Ihm erschien eigentlich nichts mehr unglaubwürdig. In dieser Hinsicht stand er nicht höher als die Eingeborenen, von denen mancher ihm an Einsicht überlegen gewesen sein dürfte. Plagten doch die Umwohner den bedauernswerten Mann mit ganz tollem Spuk so lange, bis sie ihn glücklich ausser Landes trieben, worauf es abgesehen war. Denn auch unter den Bafiöti finden sich mehr oder weniger Wissende und Zweifelnde. Das ist wohl zu beachten bei Beurteilung der Art und der Tragweite religiöser Vorstellungen, ihres Wachstumes wie ihres Verfalles und der Wandlungen, denen sie unterliegen. Es ist alles im Fluss, aus dumpfen Gefühlsregungen aufsteigend wie Schaumblasen aus brodelndem Wasser. Das meiste tut die Stimmung. Obgleich gewiss niemand in Loängo ebensowenig frei ist von Hexenfurcht wie vom Glauben an Gespenster und Fetische, bekundet sich doch oft eine merkwürdige Gleichgültigkeit selbst erschreckenden Vorgängen gegenüber. Geschädigte mögen noch so laut über Verhexung jammern, ihre Beschwerden verhallen unbeachtet oder werden mit Spott und Hohn beantwortet. Mancher zieht es darum vor, zu schweigen, und wird irre in seinem Verdachte. Trotz
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