sich doch alle dein Fetischismus — wenigstens dem, der hier zu schildern ist — Verfallenen ein, für ihre Zwecke mit geheimen Kräften wirken zu können. Die Leute zaubern eben alle. Das führt auch sonst ganz gute Menschen auf Abwege und verlockt sie, zum eigenen Vorteil und oft zum Schaden anderer, Dinge zu treiben, die sie besser unterliessen. Um ein bisschen Zauber in Liebe und Geschäften wird man selten in Verlegenheit sein. Mancher oder manche, sonst ganz brav, mag im Ärger einem Nebenbuhler oder einer Nebenbuhlerin, einem erfolgreichen Wettbewerber im Handel, einem aus irgendwelchen anderen Gründen unliebsamen Mitmenschen verwünschen oder ihn mit Hilfe von Fetischen gewissermassen zu überzaubern versuchen. Deswegen sind sie noch keine Hexen. Gefahr ist freilich dabei. Wenn nicht reiner Mund gehalten wird, und wenn zufällig dem Betreffenden oder seinen Angehörigen ein ernstlicher Unfall zustossen sollte, dann könnte der vorwitzige Zauberer in eine recht üble Lage geraten. Aber zaghaftes und gelegentliches Herumtappen im Nebel der Zauberei, wovon kaum einer sich ganz rein weiss, kommt nicht in Betracht neben der entsetzlichen Wirksamkeit ausgemachter Hexen. Als einmütig anerkannt ist festzustellen: die schlimmste Hexenart, der richtige Ndodschi, der schreckliche Unhold und Würger, wird geboren. Die ihn kennzeichnenden Eigenschaften besitzt er ohne sein Zutun und oft ohne sein Wissen bereits von der Geburt her. E r stiftet Böses, weil es in ihm steckt, durch sein blosses Dasein. E r ist das verkörperte Böse. Deshalb ist ein als Ndodschi Beschuldigter, dessen Unschuld die Giftprobe öffentlich und klar dargetan hat, für alle Zeit gegen neue schwere Bezichtigungen geschützt. E r hat bewiesen, dass nichts Böses in ihm steckt. Ein Ndodschi ist so furchtbar gefährlich für alle, dass er ohne Zaudern unschädlich zu machen ist, selbst wenn er noch ungeboren unter dem Herzen der Mutter ruht. Daher auch Fruchtabtreibung. Man beschuldigt weniger den'bösen Menschen als das Böse im Menschen, das ununterbrochen und ohne sein Zutun aus ihm wirkt. Der folgenschwangere Argwohn kann sich gegen jede Person richten, wes Alters, Geschlechtes und Standes sie auch sei, unter Umständen sogar gegen Tiere. Woher kommen diese schrecklichen Wesen? Wie soll ich es wissen, ich bin doch kein Ndodschi, antworten gewöhnlich die Befragten. Es gibt welche, das genügt ihnen. An eine unmittelbare Vererbung des Bösen wird kaum gedacht, denn die Kinder ausgefundener und umgebrachter Schwarzkünstler bleiben unbehelligt, obwohl ihre gesellschaftliche Stellung leidet. Doch meinten Bangänga, die sich gern als Wissende aufspielen', dass Unholde nächtlicherweile schlafende Mädchen und Frauen aufsuchten oder wachende über ihre Persönlichkeit täuschten, dass infolgedessen , die schrecklichen Wesen zur Welt kämen. Erzählungen von Gespenstern, die in unschuldiger Gestalt Männer wie Weiber berückt und mit ihnen längere oder kürzere Zeit ehelich gelebt haben, sind im Lande gäng und gäbe. Überdies wird auch geglaubt, dass der Uterus (oder sein Abbild?) eigenmächtig den Körper verlassen und umherschweifen könne. Wo sich ihm Gelegenheit biete, bestehle er Männer und kehre wieder an seinen Ort zurück. Auch auf solche Weise mögen die echten Sindödschi entstehen. Neben diesen geborenen Unholden, aber nach Wirksamkeit von ihnen kaum zu trennen, gibt es noch Hexen in unserem Sinn, Schwarzkünstler, die ihre verderblichen Künste erst irgendwie erworben haben. Natürlich stehen derartige Bösewichte nicht mehr im kindlichen Alter, denn sie müssen doch mit dem Treiben erst vertraut werden. Von manchen werden sie für weniger gefährlich als die anderen gehalten, weil sie nicht ununterbrochen und allgemein töten, sondern nur gelegentlich gegen ihnen verhasste Personen böswillig zaubern. Die von ihnen Bedrohten oder schon Verhexten halten sie natürlich für mindestens ebenso furchtbar wie die anderen Sindödschi. Man erkennt sie im Alltagsleben oft am scheuen, heimtückischen Wesen, am unsteten, zur Erde gewendeten Blick, an den blöden Augen, die niemand fröhlich anzuschauen vermögen und, ein ganz sicheres Zeichen, die Aussenwelt verkehrt widerspiegeln. Doch gibt es auch welche, die jung, hübsch, freundlich und deswegen um so: gefährlicher sind. Bei einem toten Ndodschi kann man den Beweis über seine Wesenheit liefern, wenn man ihn aufschneidet und sein Inneres untersucht. In der Mitte der Leibeshöhle, hinten am Rückgrate, findet sich ein Knäuel oder ein vielverzweigter Strang von Sehnen oder Fäden. Zieht man daran, so wackeln die Ohren und blinzeln die Augen. Dies ist das allersicherste Merkmal. Heftet sich der Verdacht der Hexerei an einen Lebenden, sind alle Umstände,, besonders die öffentliche Meinung gegen ihn, gesteht er sein böses Treiben, wie dies wirklich bisweilen geschehen soll, nicht sogleich unumwunden -ein, so bleibt ihm nichts übrig, als sich der Giftprobe zu unterwerfen. Darüber später. Viele Hexen, die sich erkannt haben, wissen freilich aus Fröschen,. Eidechsen, Schlangen und sonstigem Gewürm, sowie anderen Dingen, die man gar nicht alle aufzuzählen vermag, eine Latwerge zu bereiten, wodurch sie sich gegen einen Übeln Ausgang der Probe sichern. Der Körper eines durch die Giftprobe überwiesenen, also eines ihr erlegenen Ndodschi wird am besten verbrannt oder, wie im Inneren und Norden des Landes, wo eingeschoben andere Volksstämme sitzen, in die Wildnis geschleift und den Raubtieren zum Frasse überlassen. Keinesfalls Loango. 22
27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above