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scharrt mit den Füssen, wackelt mit den Hüften, wiegt sich, hüpft, springt und gerät schliesslich in ein dermassen tolles Herumrasen und Zappeln, dass er in Stücke geht. Der Kopf fällt ihm ab, die Arme und endlich die Beine fliegen vom Kumpfe. Alle Teile tanzen fort und geraten immer weiter voneinander, in die Büsche, zwischen G-ewurzel und Lianen. Jetzt gilt es auszureissen, bevor Nesu sich wieder zusammenfindet. Aber am allerbesten schützt man sich gegen ihn mittelst eines kleinen Frosches, der auf Büschen sitzt und pfeift. Sowie man diesen Frosch dem Unhold vorhält oder auf ihn wirft, erschrickt er über alle Massen, knickt zusammen, entleert seinen Leib von oben und von unten und entweicht unter entsetzlichem Geschrei. Nachher hört man lange nichts von ihm. Die steilwandigen Schluchten und Quellkessel ( I I I 39) in manchen Gegenden des Lateritgebietes entstehen durch das unterirdische Wühlen eines kriechenden Ungeheuers, dessen Arbeiten zu sehen, dessen Fauchen und Zischen weithin zu hören ist. Tatsächlich sind an solchen Stellen, namentlich in der Umgebung der Loängobai, seltsame und mannigfaltig wechselnde Geräusche und Getöse zu vernehmen. Sie entstehen beim Abstürzen oder Niedergleiten mürber Erdmassen und werden durch das teilweise verwirrende Echo auffällig verstärkt. Ein Echo, wie es in den steil und tief eingeschnittenen Tälern der strudelnden Gebirgswässer nicht selten ist, stammt ebenfalls von Fabelwesen , die jedoch nicht zu Gesicht kommen. Um sie nicht zu reizen, verhalten sich die Ruderer an den bekannten Stellen ganz still und warnen auch den Europäer. Das Schwatzen, Lachen, Singen hört auf, die Ruder werden geräuschlos gehandhabt. Man sucht sich vorbeizuschleichen. J a nicht pfeifen! Das wäre das Gefährlichste. Tr» der offenen Landschaft, im grasigen Vorlande dagegen, wo an Waldrändern ebenfalls das Echo schallt, ist man nicht so ängstlich, obschon es auch da nicht jedem ganz geheuer sein mag und man es nicht mutwillig reizt. Man hat beobachtet: wird geschossen, schiesst es wieder; wird gehustet, hustet es wieder; wird gerufen, ruft es wieder. Und so haben die Leute schon einen Begriff vom wirklichen Sachverhalt, denn sie nennen das Echo mbüla mbembo, wörtlich: Schlag Stimme. Am Kuilufluss, am engen Felsentore von Ngötu (Abbildung I 134) haust ein Ungetüm, das Kähne nicht durchlassen will und Steine mit greulichem Getöse auf sie hinabwälzt. Weiter stromauf an einer engen Stelle J wo das Wasser reisst und wirbelt, lauert darin verborgen der böse Elefant, ein gerundeter Felsblock, der unvorsichtigen Ruderern unter den Kahn fährt, ihn umwirft oder zerbricht. Und noch weiter oberhalb, in einer Stromschnelle bei Bümina (Abbildung I 99, 101), wo bei Hochwasser die in den Klüften einer mächtigen Felswand eingesperrten Wesen fürchterlich toben — bümina: Getöse —, fahndet ein ungeheures Krokodil auf vorwitzige Bootsleute. Diese gefährliche Strecke des Flusses wird überhaupt nicht befahren. Auch eine noch höher liegende nicht, wo das Wasser zwischen steilen Bergen aus einem düstern engen Felskanal mit .'senkrechten Wänden hervor in ein weites Becken strömt (III 42, Abbildung I I 148). Es wird erzählt, dort schöben sich die Felsen zusammen. Das ist indessen mehr als eine richtige Schilderung des Augenscheinlichen, als etwa als afrikanisches Seitenstück zu der Sage von den Symplegaden aufzufassen, obschon die auch nicht anders entstanden sein wird. Sowohl an der Mündung des Nänga in den Kullu als auch im Bänya unterhalb Tschissänga hält sich ein spukhaftes Hippopotamus auf, das Kähne verfolgt, kein Klopfen am Rande des Fahrzeuges, keinen Gesang, kein Pfeifen und kein Feuer duldet. Auf einer Insel der Bänya- laguiie haust ein riesiger Gorilla; sein Weib trägt ein Junges im Arme, unterhält ein Feuer und kocht Essen. Dem Unkundigen, der, durch den Rauch angelockt, landet, zerschmettert das Untier den Schädel. Wer sich in die Nähe wagt, kann die Knochen der Erschlagenen sehen. An anderen Orten wird von Büffeln, Leoparden, von anderen Vier- füsslern merkwürdigster A rt, ferner von Riesenschlangen und anderen Kriechtieren erzählt, die sich alle feindlich zum Menschen verhalten. Fabelwesen in Gestalt von Vögeln sind verhältnismässig selten, und sind, mit Ausnahme derer, die Alpdrücken verursachen, kaum von gefährlicher Art. Vom verzauberten Vogel, der am Tschiloängo sowie am Kullu singt, ist schon mehrmals die Rede gewesen. Daneben wird von einem grossen Vogel berichtet, dessen Hals eine Schlange ist, und von einem anderen, der mehr eiiiem Drachen mit zwei bis vier P a a r Flügeln und Klauen gleicht. Solche Gestalten', besonders die Schlangenvögel, finden sich häufig unter Schnitzereien in Holz und in Elfenbein. Fischern, die ihrem Gewerbe nachgehen, soll zeitweilig ein in Landgewässern lebendes Geschöpf zu reichem Fange verhelfen, indem es ihnen Fische in die Schleppnetze und Fallen jagt. Im Bänya dagegen soll das nämliche Geschöpf, das der Beschreibung nach einem riesigen Rochen gleicht, badende oder im Wasser hantierende Menschen mit einem Schlage töten (elektrisch? I I I 281) oder sie auf den Grund ziehen und sich auf sie legen, bis sie tot sind. In Battells Mitteilungen findet sich das Folgende: „An dieser Küste pflegen sie mit Harpunen zu fischen und auf einen grossen Fisch zu warten, der einem Grampas (Grampus, eine Delphinart) gleicht und einmal am Tage kommt, um am Strande seine Nahrung zu erlangen. E r bewegt sich sehr nahe an der Küste und treibt grösse Schwärme von Loango. 21


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