314 Platzgeister. Einhegung. Rum lind Sünder. Gegenständen fest, so mag das hingehen. Ihnen kann man heikommen, ihnen kann man answeichen. Schweifen sie dagegen umher, sind sie überall und nirgendwo, alsdann ist es überaus schwer, gegen sie anzukämpfen , sie zu fassen. Manchmal finden sie doch ihren Meister, der sie umbringt, verjagt oder auch gehörig festzaubert. Da müssen sie dann bleiben, und wenn sie noch so sehr toben. Der Ngänga aber, dem so Grosses gelungen ist, wird ein berühmter Mann. Seelen sesshafter Art, nennen wir sie Platzgeister, kommen kaum jemand zu Gesicht. Keiner vermag sie ordentlich zu beschreiben. Von einem Erdloch, Stein, Baum, Erdhaufen und so weiter — immer ist es etwas Natürliches, nicht Künstliches, es wäre denn Flotsam und Jetsam aus der Zivilisation — weiss man eben nur, da steckt was drin. Oft hält man es mehr für eine Kraft als für einen Geist* überhaupt für etwas Unbestimmtes. Es genügt, die Berührung zu vermeiden, damit man nicht Schaden erleide, erkranke, irrsinnig werde oder unsichtbar festgehalten, wie von Feuer versengt, wuchtig zu Boden geworfen, geschlagen oder getötet werde. Man umgeht die Stellen. Hier und da erinnert solch ein Platz an die geweihten Stätten, die, wie wir schon wissen, nicht alle echt sind. Ein Obdach ist errichtet öder ein Haufen Erde oder Holz aufgeschichtet, ein Bodenstück gesäubert, das Ganze durch Wiepen, Zäune, Fransengehänge abgegrenzt. Das Wesen — natürlich irgendeine Seele — * das daselbst festgebannt haust, ist nämlich so gross und mächtig, dass es nicht wie kleinere Geister im engsten Kaum eingepfercht werden kann. Yerehrt wird es nicht. Doch stellen die Meister, um es zahm zu halten, vielleicht auch der Leute halber, ihm gelegentlich etwas Rum hin, wie man eben Seelen versorgt. Sie erzählen auch, es tummele sich ah und zu, etwa wie ein wildes Tier im Käfige, auf dem ihm angewiesenen Platze. Unberufene mögen sich fern halten, es könnte ihnen schrecklich ergehen. Nun ist aber Rum so gut wie bares Geld und ein schönes Getränk dazu. Da mag denn ein Aufgeklärter den Kum mehr lieben, als den Geist fürchten. Im Nachbarorte Nköüdo entstand einst grosse Aufregung. Die Bangänga, dumm genug, schlugen Lärm, weil irgendein verwegener Gesell dem gebannten Wesen das dargebrachte Labsal weggetrunken hatte. Der Geisterverächter und Rumliebhaber wurde nicht ausgefunden und wird künftig wohl zuversichtlicher gesündigt haben. Wie das Wesen solcher Geister mit dem der Fetische verquickt werden kann, erzählt Dapper: „Kikökoo (Tschiköko) ist ein schwartzes höltzernes Bild, in gestalt eines sitzenden Mannes, welches in Kinga stehet, einem Dorfe bey der See gelegen, da die gemeinen Begräbnisse seynd, von welchen sie tausend lächerliche Possen erzehlen. Nehmlich, dass Kikökoo die Todten bewahret, damit sie die Doojes (Sindödschi) oder Zauberer nicht beleidigen könnten; und dass er sie des Nacktes aus den Gräbern aufstehen liesse, dass er sie mit Geissein und Schlägen zur Arbeit triebe, dass sie mit ihm müsten an den Strand gehen, und die Schuhten in das Wasser schleppen, und fischen helfen, ja dass er sie des Tages wieder in die Gräber jagte; und dergleichen Mährlein mehr, welche sie den Alten und Jungen vorschwatzen, und von Jugend auf einschärfen. Diese Mokisie soll auch Sorge tragen vor die grosse See, dass sie nicht allzu ungestühm sey, auch dass sie viel Fische gebe, und dass viel Schiffe mit Kaufwahren ankommen.“ Bei Battell heisst es dagegen: „Kenga ist der Landungsplatz von Longo (an der Loängobai). Da haben sie ein Idol, genannt Gumbiri, und ein heiliges Haus, Munsa Gumbiri genannt, besorgt und bewohnt von einem alten Weibe (an anderer Stelle heisst es: eine alte Beschwörerin Ganga Gomberi), wo einmal im Jahre ein grosses Fest mit Trommeln, Tänzen und Palmwein gefeiert wird: und dabei, sagen sie, spricht er unter der Erde (im anderen Bande steht: und Ganga Gumbiri spricht unter der Erde). Das Volk nennt ihn Mokisso Colu (Mkissi ngölo) oder einen starken Fetisch und behauptet, dass er komme, um bei Chekoke (Tschiköko), dem Idol von Banza, zu verweilen“. Wie der mächtige Tschiköko, einstmals Fetisch des Hafens und des überseeischen Handels, von leichtfertigen Seefahrern entführt wurde, und was sich darauf begab, wird später zu berichten sein. Zu Geistern und Gespenstern gewordene grosse oder mächtige Seelen gibt es natürlich nicht viele, kleinere desto zahlreicher. Was haben die schon angerichtet. Sichtbar wie unsichtbar mischen sie sich in die Angelegenheiten der Menschen. Überall spürt man sie. Wie vielen sind sie schon erschienen, auf einsamen Wegen begegnet. Man hört sie des Nachts bei Sturm und Wettergetöse. Sie ziehen kreischend durch Wald und Campine. Sie brüllen und winseln miteinander in schauerlichen Verstecken. Wie oft verkünden die Hunde im Dorfe ihre Nähe, indem sie plötzlich alle auf einmal zu heulen beginnen. Darum krähen auch die Hähne mitten in der Nacht, wenn sonst alles schläft. Wie braust und rauscht es auf einmal im stillen Walde durch die Wipfel der Bäume, wie saust es in der Dunkelheit grässlich über das Dorf hin, obgleich kein Lüftchen sich regt. Wer bricht die mächtigen Zacken von den Urwaldriesen, wrer lässt sie wuchtig niederschmettern, dass die unten am Feuer lagernden Wanderer mit knapper Not dem Tode entgehen? Wer wirft die grossen, schweren Baumäste mitten in die Campine, in das Gestrüpp oder auf viel begangene Wege? . Erst neulich sind wieder Männer von Tschissänga bei nächtlichem Gange über die Campine furchtbar erschreckt und fast zu Tode gehetzt worden. Voller Angst haben sie ihre Lasten, Flinten und sonstige
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