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dem der Besessene zugrunde gehen kann. "Wieder müssen Bangänga beispringen, um die freche Seele zu bändigen. Bür eigenartig gefährlich gelten die Seelen von Frauen, die bei oder infolge der Entbindung, und die von Mädchen, die mannbar gestorben sind. Jene werden gefürchtet von Frauen, die guter Hoffnung sind, weil sie ihnen namentlich in ihrer schweren Stunde allerlei Leid antun, und besonders von verheirateten Männern, weil sie aus Bache trachten, ihnen ihre Fähigkeit zu rauben. Die Seelen mannbarer Mädchen bedrohen junge Männer: man traut ihnen zu, dass sie gemessen wollen, was ihnen bei Lebzeiten versagt geblieben ist. Sie machen sich an Erkorene im Schlafe oder verlocken sie unter mancherlei Gestalt. Aber wer ihnen so erliegt, der verliert seine Kraft oder stirbt. Gegen Beginn der Begen, wenn die Felder bestellt werden und die Nahrungsmittel knapp sind, pflegen hungrige Seelen die Menschen besonders arg zu plagen, woher die gesteigerten Fieberfälle kommen mögen, und pflegen auch über die Aussaat herzufallen. Am schlimmsten treiben sie es, wenn einmal wieder die Zeitrechnung nicht stimmt und der unheimliche dreizehnte Monat eingeschaltet werden muss. Um diese Zeit sind die Zaubermeister viel beschäftigt. Auch manches Haupt einer grossen Familie hält es alsdann oder auch alljährlich beim ersten Neumond der Begenzeit, etwa um die Wende des Oktober und November, für notwendig, des Nachts in aller Stille etwas für seine Lebenden und gegen die Toten zu tun. Der Patriarch versieht sich mit Salz, reibt sich damit ab, klemmt die Geschlechtsteile zwischen die Schenkel, und tritt nun splitternackt rückwärts aus seiner Behausung. Schweigend reiset er mit der rechten und der linken grossen Zehe einen Kreis um seinen Standort in den Boden. Je drei Prisen Salz wirft er, mit den Händen wechselnd, über die rechte Schulter, -über die linke Schulter hinter sich, zuletzt auf das Dach der Hütte. Beim "Werfen denkt er: Bleibt fort, kehrt nicht wieder, möge es euch gut sein. Einen Laut darf er nicht von sich geben, sich auch weder umschauen noch von einem anderen erblicken lassen, sonst ist seine Beschwörung erfolglos, ist sogar gefährlich. Nachher schlüpft er eiligst wieder in die Hütte. Statt des Salzes verwendet mancher frischen nassen Seesand. Weiter im Inneren, wo Salz rar ist, sollen statt dessen Erdnüsse oder Straucherbsen (Cajanus) oder mancherlei kleine Samen geworfen werden. Mag nun der eine mehr, der andere weniger an die Eigenschaften und an das Treiben der Seelen glauben, denn auch in Loängo finden sich Leichtsinnige, Zweifler und bis zu einem gewissen Grade Aufgeklärte; mag Furcht in guten und schlechten Zeiten die Gemüter verschieden stark bewegen, darin sind die Leute einig: alle die INesen im Jenseits, und wären sie noch so unheimlich oder schrecklich, sind Seelen von Menschen, vielfach auch von Tieren. Woher sollten sie sonst kommen? D ie B a fiö t i kennen keine E lem en ta rg e is te r . Für sie gibt es ihren Nsämbi mit Bünssi oder Mkissi nssi, sodann sie selbst, und zwischen beiden Parteien die Seelen der Verstorbenen. Weiter nichts. Dieses sich in zweiter Lebensform herumtreibende Heer vieldeutiger Wesen, starker und schwacher, guter und böser, lässt sich ungefähr folgendermassen ordnen: Die frischen Seelen, die von jüngst Verstorbenen, deren man sich erinnert, die also noch persönliche Beziehungen, nämlich Verwandte oder Blutsfreunde unter den Lebenden haben und sie beanspruchen können, sind binyemba, und als Gespenster, wenn sie also in sinnlich wahrnehmbarer Gestalt erscheinen und willkürliche Handlungen begehen, bimblnda. Die alten, die verwaisten binyemba dagegen, die niemand kennt, die niemand mehr haben, die namentlich auch aus der Fremde kommen, sind Seelen, die fortan zur Seelen- oder Geisterwelt im allgemeinen, zu den bavümbi gehören. Sie können gleichfalls sichtbar oder unsichtbar auftreten. Ausserdem mögen sogar noch unter Menschen lebende Schwarzkünstler — ndödschi, plur. sindödschi — zeitweilig als Gespenster umgehen. So ist man eigentlich nie sicher, wen oder was man vor sich hat. Alle Geister und Gespenster nach unserer Auffassung, und die Fabelwesen, die nicht zur natürlichen Tierwelt anderer Gebiete oder zu den Hexen gerechnet werden, auch die, die Krankheiten verursachen, endlich die, so in Flüssen, Felsen, Dellen, Tobeln, Bäumen, Erdhaufen und sonstwo hausen, die wir Elementargeister nennen würden, sind ausnahmslos nur Seelen. Und zwar Seelen von Menschen oder Tieren oder gar von Zwittergeschöpfen. Sie schweifen umher, oder haben sich freiwillig festgesetzt, oder sind festgebannt worden, schon vor undenklichen Zeiten bis in die letzten Tage. Tauchen doch immer neue auf. Ohne solche Bewohner, und das ist wichtig für die- erweiterte Lehre vom Animismus, sind in allen Dingen Kräfte, nur Käfte. Mit diesen Kräften, nicht mit Seelen oder Geistern, hantieren die Schwarzkünstler und ihre Widersacher, die Weisskünstler. Dabei ist die wichtigste Frage, ob Wissen und Kräfte der Bangänga ausreichen, um der unheimlichen Wesen Herr zu werden. Dass sie nicht alle zu bändigen vermögen, beweisen immer wieder neue erschreckende Vorfälle. Dennoch hätten die mächtigen Zaubermeister längst gründlich aufgeräumt und das Volk von allen Quälgeistern befreit, wenn nur nicht durch das Sterben immer neue hinzukämen. Zum grössten Unglück, denn an den eigenen hat man schon übergenug, wandern auch noch welche, und gerade die allerschlimmsten, aus der Fremde ein. Wer soll da gleich wissen, wie die zu zwingen sind. Setzen sie sich an beliebigen Orten, in beliebigen


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