gehen, in Vergessenheit sinken, keinerlei Ansprüche mehr erheben. Zum Unglück weiss man ja nicht einmal, ob man es mit der zugehörigen oder mit einer fremden Seele zu tun h a t, die die Gelegenheit benutzt. Wer kann den Toten trauen? Bis zum Begräbnis und, wo sie abgehalten worden, bis zu den Trauerfesten am Grabe, im äussersten Falle vielleicht bis zum Einsinken des Grabes sind die Beziehungen zur Seele freundlich oder wenigstens versöhnlich, nachher entschieden feindlich. Die Bedeckung mit Erde soll Tote und Lebende scheiden. Die Klagefeste sind ein letzter Liebesdienst, wenn eben der Verstorbene dazu bedeutend genug war. Alle trachten danach, sich die Seele vom Leibe zu halten, und lassen schliesslich rücksichtslos mit Zauberkünsten gegen sie arbeiten. Es ist auch sowohl Pietät als Seelenfurcht, dass man die Erde nicht nach Schätzen durchwühlt und dass man Fremden widerstrebt, die es tun wollen. Das würde die Vorfahren stören, vielleicht auch Seelen, die irgendwie hervorkriechen und sich aufs Herumschweifen verlegen könnten. Daher vielleicht mit die Scheu, wund gemachte, bearbeitete Erde zu verunreinigen, Wurzelstöcke auszuroden, Pfosten oder Pfeiler von Gebäuden ein- oder ausgraben zu lassen. Rumort die Seele eines jüngst Begrabenen gar zu arg in Dorf oder Hütte, so suchen die Angehörigen sie zu beschwichtigen, abzufinden, obschon das nicht unbedenklich ist, weil sie nur um so ungestümer mehr fordern mag. Man holt Unterlassenes nach, bringt ihr Speise und Trank dar. Man macht aber kein Aufhebens davon. Denn die Angelegenheit ist geeignet, den Klatsch zu reizen, das Ansehen der Familie zu schädigen, weil andere Leute gar zu leicht mutmassen, es sei bei der Leichenfeier und bei den Klagefesten geknausert worden. Dazu die Ungewissheit: ist es denn die richtige Seele, und wenn, hegt sie nicht andere, unerfüllbare Gelüste? In solcher Bedrängnis reichen schliesslich die eigenen Mittel nicht mehr aus. Entstellende Bemalung und Kleidung rechnet man nicht oder nicht mehr dazu; wer sie anwendet, huldigt bloss dem Brauche. Man muss sich schon an Fachleute wenden, Zaubermeister rufen. Die kommen, erkunden, untersuchen, beraten, und treffen dann dem Befunde angemessene Vorkehrungen. Da eine Seele Raum einnimmt, kann sie in die Behausung nur durch Löcher und Lücken schlüpfen oder durch die Türe, die Bie vielleicht zu öffnen versteht. Deswegen werden Zugänge verstopft, Verschlüsse bezaubert. Auch das mag nicht genügen. Eine Frau fürchtet, dass der verstorbene Mann oder eine andere gierige Seele sie des Nachts heimsuche. Das wäre ihr Tod oder sie brächte etwas Schreckliches zur Welt, Nun richten die Zaubermeister ihr nach allen Regeln der Kunst ein Holzstück her, das gegen die Türe zu stemmen, als Sperrlatte oder Riegel querüber zu befestigen ist. Oder sie händigen ihr eine dahinter zu spannende und eine ums Lager zu ziehende befranste Schnur ein. Sie lassen auch die Türe der Hütte an eine andere Seite versetzen. Eine sehr geängstigte Frau geleiten sie wohl im Dunkeln ganz heimlich auf Umwegen, die die Seele nicht leicht aufspüren kann, für die Nacht unter ein anderes Dach, wobei sie auch die Fussspuren überfegen, wenn sie die Frau nicht tragen lassen oder vielleicht mit Bundschuhen bekleiden. Nötigenfalls schnitzen sie ihr ausserdem noch einen kurzen Zauberknüppel, der beim Schlafen zwischen die Beine zu klemmen ist. Die junge Frau unseres Maböma lief nach dessen Tode am lichten Tage in solcher Weise beknüppelt herum, schämte sich aber, als ich es bemerkte. Gegen solche Mittel kann die Seele oder eine andere schwerlich auf- kommen. Treibt sie es trotzdem weiter, so ist sie eben sehr ungestüm und sehr hartnäckig, oder es ist etwas gründlich versehen worden. Alsdann muss umständlicher verfahren werden, und die Kosten steigen. Jetzt gilt es, die Behausung innen und aussen mit Zaubergeräten tüchtig abzuklopfen, nebst dem Vorplatz zu fegen, den Kehricht sorgfältig zu sammeln und irgendwohin ins Gras oder Gebüsch auf einen Haufen zu Bchütten. Dann drückt der oberste Zauberer ein ganz schwarzes oder ganz weisses Huhn in alle Ecken und Winkel, worauf seine Gehilfen räuchern und ein wenig Salz oder frischen Seesand umherstreuen. In Ermanglung dessen tut’s auch besprochene Erde oder Blattwerk von besonderer Art. Nachher schlachtet der Zaubermeister das Huhn über dem Kehricht, damit das Blut darauf träufele, verbrennt oft den Haufen, treibt noch einige Künste, und hat nun sein Werk vollbracht. Das Huhn nijnmt er mit und verzehrt es. Gehen aber Seelen im ganzen Dorfe um, das heisst, plagen sie auch noch andere Leute als ihre Angehörigen, so kämpfen die Bewohner gemeinsam gegen sie an. Es werden Zaubermeister in grösserer Anzahl geworben. Tüchtige Feuer lodern überall. Das Klopfen, Fegen wiederholt sich im grossen unter Beteiligung der Einwohner. Es geht zu wie bei unserem Frühjahrs-Reinemachen. Die Kundigen rennen, schreien, murmeln, pochen, kratzen, kehren; der Staub fliegt nur so herum. Auch ist es nun mit Federvieh allein nicht getan; es sind Ziegen zu liefern. Schweine dienen niemals zum Zaubern. Nicht selten kämpfen die geplagten Dörfler selber mit gegen die Seelen. Männer mit Flinten, Knaben und sogar kühne Weiber mit Hiebwaffen und Stöcken f g Fetische sind immer dabei H - rennen gegen die Zugangspfade und eine Strecke hinaus, schiessen, fuchteln mit dem Buschmesser, springen, toben, belfern, und helfen so die Seelen zu verdrängen. Eiligst spannen die Zaubermeister besprochene Fransenschnüre
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