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Gott (oder stärkere Fetische) haben. Danach ist der Monotheismus der Bafiöti zu beurteilen. Wer und was ist Nsambi? Eine dem eigenen Yorstellungskreise entsprungene oder eine fremde, in uralter Zeit den Vorfahren überkommene Gottheit, die im Gedanken der weithin durch Afrika Gewanderten fortlebt? Sind die Götter die Geschöpfe der Menschen, so müsste der Nsambi der Bafiöti ein zwar väterlich sorgendes, aber ganz und gar selbstsüchtiges Wesen sein, immer bedacht, seine Macht, sein Ansehen zu wahren und streng auf sein Recht bestehend. Das wäre ihr Gott. Ein Jahve würde ihnen imponieren. Zu dem würden sie sich anders zu stellen suchen als zu dem, der ihnen vorschwebt, der sich zur Ruhe gesetzt hat, sich vertreten lässt und höchstens gelegentlich noch einmal dazwischen fahrt. Vielleicht hat Nsambi vor den zahllosen Fetischen an Bedeutung verloren, ähnlich wie in manchen Ländern dem Volke über den vielen Heiligen der grosse Gott in dämmerige Feme rückt. So ist auch bemerkenswert, dass Eingeborene gelegentlich vom alten Herrn, vom grossen Mann reden, wenn sie Nsambi meinen. An den Gott der Missionare darf nicht gedacht werden, denn Nsämhi ist älter und weiter verbreitet als alle Missionstätigkeit. Herkunft und Ableitung des Namens, der anderswo auch Yämi, Nyämbi und Ndyämbi lautet, zu enträtseln, will nicht gelingen, zumal die Aussprache vieler Worte»: die leiten könnten, gar zu sehr schwankt. Man denkt zuerst an nsämbu: Höhe, Grösse, Erhabenheit, und nsambi: die Person, ferner an nsämbu: Glück, Gnade, Gunst, wovon musämbi und risämbi: der, der Gnade, Gunst erweist, zu bilden wäre, ferner an nsä: die Welt, und mbi: schlecht. Dazu kommen noch andere Wörter von verlockender Bedeutung: sich erheben, aufschwingen, erhöht sein; flehen, bedrängen; Spiel, Musik und Musikinstrumente; eine Art Tätowierung; Abgabe, Zoll für das Durchkreuzen eines Gebietes, für das übersetzen an einer Fährstelle. Von den Leuten seihst ist auf Umwegen keinerlei stichhaltige Auskunft zu erlangen, und fragt man unmittelbar, so legt man ihnen ja die Antwort auf die Zunge. So ist es denn mit dem Worte Nsambi wie mit unserem Worte Gott. Über die Namen der ersten Menschen, die hellhäutig gewesen sein sollen, wie die Kinder der Farbigen zur Welt kommen, und wie die Toten wieder werden sollen, wissen nur wenige zu berichten. Danach ist des ersten Mannes Name Nsäu, des ersten Weibes Name Mbüta gewesen (Seite 167 und 168). Vielfach erhalten Kinder, je nach ihrem Geschlechte, diese Namen von ihrer Geburt an und tragen sie, bis ihre Hautfarbe sich völlig entwickelt hat und bis bei ihrer öffentlichen Anerkennung andere, endgültige Rufnamen an deren Stelle treten. Unschwer ist zu erkennen und lehrreich, zu verfolgen, wie in den Sagenschatz der Bafiöti fremde Gedanken eingedrungen sind. Missionare haben, wie wir bereits wissen (Seite 149), im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert versucht, obschon ganz vereinzelt und vorübergehend, dem Christentum in Kaköngo Eingang zu verschaffen. Viel früher, allgemeiner, ausdauernder arbeiteten sie in den Gebieten südlich vom Kongo, wo sie Kirchen und Kapellen errichteten und Eingeborene in grösser Anzahl in die christliche Gemeinschaft aufnahmen, bis auch dort ihre Kräfte erlahmten. Von dem Wirken der frommen Väter zeugen daselbst noch Ruinen, allerlei im Besitze der Eingeborenen gebliebene Gegenstände des Kultus, etliche Gebräuche sowie Erinnerungen an Namen und Lehren, die besonderen Eindruck auf die Gemüter gemacht haben mögen. Die in den südlichen Teilen unseres Gebietes neben Nsambi erwähnten und trotz ihrer unklaren Beziehungen doch immerhin göttlich gedachten Wesen Madla sowie Ndesu oder Nesu sind vielleicht von Kaköngo, sicher über den Kongo gekommen. Das Leuchten von Nküngus Sohn, der lichte Schein, der ihn umgab, kann ebensogut auf ihn als Feuerbringer wie auf Darstellungen von Heiligen mit dem Heiligenschein hinweisen, die gleichsam als Fetische der Weissen im ehemaligen Kongoreiche auf bewahrt worden sind. Nsämbis leuchtendes Bild in Menschengrösse dürfte ebenda zu finden sein, mutmasslich nahe genug, nämlich bei einer verfallenen Kapelle an der Südseite der Kongomündung ( I I 53), wo neben dem Gekreuzigten lebensgrosse Bildwerke von der Jungfrau Maria und von dem heiligen Antonio mit einem Gemisch von Neugier und Ehrfurcht betrachtet und gezeigt wurden. Der eingeborene Hüter dieser und anderer Reste einstiger Missionstätigkeit ging sogar noch unter dem unverstandenen Namen Bisbo oder Blsobo. Die Bafiöti haben keine Überlieferung von einem Paradiese, von einer Hölle im Gegensatz zu einem Himmel, von einer Belohnung oder Strafe im Jenseits, wenigstens nicht in solchem Zusammenhänge, dass an christliche Lehren zu denken wäre. Nsambi umschweben keine seligen Geister. Ferner wissen die Leute nichts von einer Sintflut. Dafür berichten sie von Leiden, die Nsambi verhängt habe, von grösser Dürre und folgender Hungersnot, vom grossen Sterben. Das ist ihre Auffassung von Heimsuchung und Vernichtung. Was sie hier und da von Wassersnot erzählen, lässt sich zurückführen auf Hochfluten von Flüssen mit plötzlichem Verlegen der Mündungen oder auf ein zeitweiliges Anschwellen des Meeres, verbunden mit einem besonders starken, einzelne Küstenstriche verwüstenden Anstürmen der Galema ( I I I 30). Daraus mag sich dereinst, wenn sie mit der biblischen Geschichte vertraut werden, ihre Flutsage entwickeln. Ebenso werden die Lehren,


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