Page 311

27f 32-2

Doppelweseh, von denen jedes nach Verdienst der Menschen seine Macht ausübt. Häufiger als Nsämbi (a) mböte und Nsämbi (a) mbi wird Nsämbi (a) rapüngu erwähnt. Diese Bezeichnung wäre als Nsämbi der Mächtige aufzufassen. Mpüngu, nachdrucksvoll auch ämpüngu, bedeutet etwas Gewaltiges, Zeugungskräftiges, mit hervorragenden Eigenschaften Ausgestattetes. Mpüngu ist nicht nur Nsämbi, sondern auch ein bedeutender Mensch, ein Vater grösser Eamilie, ein packender Redner, überhaupt eine überlegene Persönlichkeit, ferner ein überzeugender Grund, eine durchschlagende beweiskräftige Ansprache. Demnach wäre das Wort bloss als ein bezeichnender Zusatz zum Namen Nsämbi zu betrachten. Trotzdem könnte auch Nsämbi (a) Mpüngu geschrieben und übersetzt werden: Nsämbi und Mpüngu oder Nsämbi, der Sprössling von Mpüngu. Denn auch dafür gibt es mannigfaltige Überlieferungen. Es wird erzählt, Mpüngu sei Nsämbis Vater und als Mpüngu (a) mpuene der Grossmächtigste, der Allbeherrscher gewesen. Mpüngu habe sich mit Nsämbi veruneinigt und habe ihn verbannt. Des weiteren: E r habe seinen Sohn gesandt, statt seiner Menschen auf der Erde zu machen; um nach denen zu sehen, die ihm einst am Regenbogen aus dem Himmel entwischt waren; um die Wehklagenden zu beruhigen. So kam Nsämbi zur Erde, als ein Wanderer, dem Volke zu helfen. E r war gut zu den Menschen. Mpüngu sandte den Hunger, dass er in den Bäuchen wühle, die Menschen zu mahnen. Aber Nsämbi fing den Hunger ab, die Feld- früchte gediehen, und die Menschen hatten zu essen. Mpüngu sandte die Krankheit. Nsämbi hielt sie. fern von den Menschen oder heilte die Menschen. Endlich sandte Mpüngu das Sterben. Das traf die Menschen und nahm ihnen den Atem weg, denn es war stark wie Mpüngu. Andere Berichte besagen, dass Mpüngu die Mutter Nsämbis, oder dass Mpüngu die Frau des grossen Vaters Nküngu oder Nköngo (Seite 167) gewesen sei, dem sie viele Söhne gebar. Dann heisst es wieder in südlichen Teilen des Landes: auch Mpüngu sei geboren worden, und zwar von einer Mutter namenB Ndesu oder Nesu, unter welchem Namen wir ausserdem noch ein tanzlustiges Waldgespenst kennen lernen werden. Andere betrachten Mpüngu gleichsam als ein Seitenstück zu Nsämbi und als die Mutter von Ndesu. Aus dem Leibe Ndesus ist hervorgegangen, was den Himmel schmückt, aus dem Leibe Mpüngüs, was die Erde belebt, auch die Menschen, überhaupt das Wesen der Natur , rrf . lupängulu. Endlich soll Ndesu auch eine Schwester oder Mutter namens Madla gehabt haben. Als Ndesu einst weinte, wurden ihre Tränen zu Feuer und fielen zur Erde. Nach anderen soll Nsämbi selbst oder auch Mpüngu die feurigen Tränen vergossen haben. Es wird sogar lustig bestritten, dass überhaupt geweint worden sei. Es hätte vielmehr oben einmal einen argen Streit oder eine Balgerei gegeben, dabei wären die Sterne nur so herumgeflogen und zur Erde gefallen. Auf solche Weise gelangte vom Himmel zur Erde das Feuer, das nachher Nküngus Söhne den Menschen zutrugen. Die Berichte über Nsämbi, so wirr sie sein mögen, geben ihm doch die Stellung eines höchsten Wesens, das unsichtbar überall ist, in der Natur waltet oder von seinem Vertreter walten lässt. Den Menschen gegenüber verhält sich die Gottheit jetzt allerdings ziemlich teilnahmlos, greift aber manchmal noch in ihre Geschicke ein, und verhängt Heimsuchungen über sie. Jedenfalls geschieht in dieser Beziehung nichts ohne ihr Wissen, ohne ihren Willen. Nsämbi ist keineswegs ein Oberster aller Fetische. Mit allem, was zum Fetischismus gehört, wird er überhaupt niemals in Verbindung gebrächt. Wie noch zu erweisen, steht er hoch und unbekümmert über den kleinen Künsten der Menschen. Sein Name wird nicht häufig ausgesprochen und niemals in lästerlicher, aber auch kaum in ehrfürchtiger Weise. Sehr selten verraten dabei Mienen oder Gebärden irgendeine besondere Gefühlsregung, die sich doch bei der Erwähnung recht starker Fetische oftmals äussert, etwa so wie bei uns in bekannter Weise unberufen gesagt und dazu geklopft wird. Die Namen der anderen Göttlichen hört man überhaupt nur in Berichten oder Geschichten auf genaue Nachfrage nennen. Es gibt keinerlei allgemeinen Kultus für Nsämbi an sich, keine Handlung gilt ihm, kein Opfer wird ihm dargebracht. Als Gottheit scheint er den Leuten gänzlich ausserhalb ihrer Lebensführung zu stehen. Denn nicht ihn fürchten sie, sondern das Böse, das sie überall auf E rden bedroht. Weil er dieses geschehen lässt und sie sich dagegen anderweitig zu helfen wissen, so brauchen sie ihn nicht mehr. Die praktisch veranlagten Leute vermissen die Gegenseitigkeit der Leistungen. Nsämbi ist ZU gross, zu weit; er kümmert, sich kaum noch um das Wohl und Wehe seiner Geschöpfe. AVeil er sich gar zu teilnahmlos verhält, ist er ihnen so;gut wie gleichgültig. In Zeiten grösser, allgemeiner Not vermeinen sie freilich seine Macht zu spüren und gedenken seiner mit einer gewissen Furcht. Nsämbi ist zornig, er bringt uns alle um, rufen sie, aber sie wenden sich nicht bittend, unmittelbar an ihn, wie sie es ja auch kaum einem Mächtigen der Erde gegenüber zu tun pflegen. Erst durch das Eingreifen eines Vermittlers erwarten sie eine Milderung ihres Elendes. Bei dem Vertreter des Etwas, das Nsämbi in ihrer Erde zurüekliess, versuchen sie ihr Heil. Vielleicht schafft der Wandel. Haben sie auch damit keinen Erfolg, erreicht die Not eine schier unerträgliche Höhe, so sind sie zu allem fähig. Eine derartige Leidenszeit nennen sie Zeit der Traurigkeit, des Elendes, der AVehklagen, und


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above