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Der Menschen wurden viele, und sie zogen über das Land. Aber sie lebten in Unfrieden. Sie zankten miteinander um die Früchte und den Saft der Ölpalmen, um die Fische im Wasser, um die Tiere des Waldes; sie stritten um die Weiber, um gutes Land, um Wohnplätze und klare Quellen. Ein jeder hatte recht, und niemand war, der da half. So schrieen sie denn nach Nsämbi, und wenn er kam, plagten sie ihn mit ihren Angelegenheiten und gaben ihm viel Yerdruss. Damals war die Hautfarbe aller Menschen hell. Sie hielten aber ihren Leib nicht rein, gingen nicht zum Baden und wurden schmutzig. Als Nsämbi das merkte, ward er ärgerlich und befahl ihnen, sich zu säubern. Die es hörten, liefen zum Wasser und badeten sich; ihre Haut wurde wieder rein. Die derartig nach Nsämbis Gebot gehandelt hatten, blieben hellhäutig und wurden die Stammeltern der hellen Menschen, der Bandimdu. Dies geschah zur Zeit der Regen, wo es warm war und die Sonne brannte. Und wieder einmal begegnete Nsämbi Menschen, die schmutzig einherliefen. Auch diese schickte er zum Wasser, damit sie sich wüschen. Es war aber in der kühlen Zeit, und die Sonne schien matt. Die Leute froren und gingen nicht zum Wasser, sondern liefen zum Feuer, wärmten sich und drängten sich in den Rauch. Da wurden sie dunkler und blieben so. Yon ihnen stammen die dunkeln Menschen ab, die Bafiöti. Die Herkunft der Bandündu und Bafiöti wissen viele noch in anderer Weise zu erklären. Irgendwo soll einmal eine Frau , deren Entbindung heranrückte, in eine Hütte gekommen sein. In der Hütte befand sich ein Topf mit schwarzem Schlamme, womit gefärbt werden sollte. Die Frau fiel in das Gefäss oder stiess daran, so dass der Inhalt sich über ihren Körper ergoss. Das machte sie schaudern, und ihr Kind wurde dunkel. Eine andere Frau , der Mutterfreuden bevorstanden, begegnete einem Menschen, der weiss war oder sich ganz und gar weiss bemalt hatte. Darob erschrak sie so arg, dass ihr Kind eine helle Haut behielt. Die Hellen und die Dunkeln lebten miteinander in dem nämlichen Lande. Sie wurden immer zahlreicher. Wer das Wild nicht erlegte, nicht Fische fing, wer den Boden nicht hackte und bepflanzte, der hatte nichts zu essen. Die Bandündu dünkten sich höher als die Bafiöti, gebärdeten sich schlimm und wollten alles für sich haben. Schliesslich wurden sie auf Anstiften und unter Führung eines mächtigen Weibes übers grosse Wasser vertrieben, wie Seite 182 erzählt worden ist. Nachdem die Hellen ausgezogen waren, in die Ferne des Meeres, nahmen die Dunkeln alles Land. Viele aber wanderten fort und wohnten anderwärts. Denn die Menschen waren nicht besser als sie sind; sie haderten miteinander wie ehedem, lebten in Unfrieden und taten Schlechtes. Das wollte Nsämbi nicht, und er verbot ihnen vieles. Es gab gute und böse Menschen. Die Bösen achteten nicht der Verbote. Da kam Dürre über das Land, Hungersnot und grosse Krankheit, von Nsämbi angeordnet, damit ein grosses Sterben werde. Es starben auch die Guten, weil sie die Bösen nicht überwachten. Immer wieder riefen die Menschen nach Nsämbi, dass er helfe. Kam er endlich, schrieen alle und klagten wider einander. Sie machten schlechte Palaver. Alle wollten von ihm haben, bestürmten ihn mit Bitten und Betteleien, und des grossen Lärmes war kein Ende. So ging es immer fort. Dessen ward Nsämbi endlich müde. E r geriet in grossen Zorn, entfernte sich und kam nicht wieder. Allein ein Etwas sandte er, oder er liess einen Teil von sich zurück. Dieses Etwas sollte in der Erde sein, über Regen, Fruchtbarkeit, und über die Geschicke seiner Menschen waltem Dies ist der allgemeine Inhalt der Sage von Nsämbi und seinen Menschen. Es kommt dazu aber noch vielerlei anderes, wodurch die Überlieferungen sowohl ergänzt, als auch in ihrer Mannigfaltigkeit und Verschwommenheit gekennzeichnet werden. In welcher Gestalt die Gottheit den Menschen erschienen sei, ob sie helle oder dunkle Haut habe, wes Geschlechtes sie sei und von welcher Grösse, ob sie auf Beinen gehe, schwebe oder fliege, vermag niemand sicher zu sagen. Gegessen oder mindestens geschleckert hat sie, das bekundet der Vorfall mit der Kolanuss. Irgendwo soll es ein Gebilde von Nsämbi geben, gross wie ein Mensch, von dem leuchtende Helligkeit ausstrahlt. Wie immer es vordem mit der Gottheit gewesen sein mag, jetzt ist sie unsichtbar, aber überall, wobei gewiss an die von ihr ausgehende Lebenskraft gedacht wird, auf die später zurückzukommmen ist. Fragt man nach dem eigentlichen Aufenthalte der Gottheit, so pflegen die im Freien Stehenden mit gespreizten Fingern nach oben zu weisen und die Arme nach allen Richtungen zu bewegen. Sie meinen sonach den Himmel. Über die Lebensführung Nsämbis sind genaue Überlieferungen nicht vorhanden. Nsämbi mag in einem Hause wohnen, er mag allenthalben weilen und gänzlich bedürfnislos sein. Manche meinen, dass er in der Weise eines mächtigen, reichen Herren lebe, ein grosses Gefolge und seiner Winke gewärtige Diener, vielleicht auch Frauen und Kinder habe. Wer kann das wissen? Nsämbi (a) mböte, Gott der Gute, will den Menschen wohl, er tut nichts Schlimmes gegen sie, dies tut Nsämbi (a) mbi, Gott der Böse. Vielen ist die gute und böse Gottheit nur der eine Nsämbi, der, je nach dem Verhalten seiner Menschen, sie entweder ungestört und ordnungs- mässig dahinleben lässt oder zürnend sie heimsucht, indem er allerlei Übel über sie verhängt. Anderen ist die Gottheit ein wirkliches


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