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Bundesgenosse war. Sie standen gemeinsam gegen die am Südufer des Tschiloängo hausenden und den Handel störenden nichtsnutzigen Misso- löngi (Seite 60), und kamen für Angelegenheiten unseres Küstenstriches kaum in Betracht. Wir hatten es von Rechts wegen mit dem Mambüku, und nicht mit dem Störenfried Matötila, ausserdem mit etwa einem halben Dutzend der vielen kleineren Häuptlinge zu tun, die seewärts von den Grösseren sassen und offen oder insgeheim mit ihnen oder gegen sie standen. Teilweise noch Hörige oder ehemalige Hörige oder Leute von unklarer Herkunft und Stellung hatten sie sich heraufgearbeitet, waren zu Menschen, Ver- mögen und Macht gelangt, oder hatten geerbt und waren frei geworden. Daraufhin hatten sie sich das kennzeichnende Fellchen der Freien und Herren vor den Schurz gebunden und hausten je in einem Dorfe oder Weiler, nach dem sie sich Ma betitelten. Die meisten hatten Sitz und Stimme bei Palavern, obgleich sie nur im Anschluss an die Grösseren politisch wirken konnten. Yiele hielten zum Mambüku, namentlich die zwischen ihm und uns wohnenden. Manche waren geradezu abhängig von ihm und erschienen bei wichtigen Angelegenheiten mit ihren Leuten als seine Gefolgschaft. Einige dieser Kleinen, die wir im Laufe der Jahre gut kennen lernten, waren bemerkenswerte Persönlichkeiten. Zunächst in Nssänka, unfern Nsönya, der Mpänsomböma, eine Art wilder Landrat oder Feldr a t, der über Boden und Wachstum, über Pflanzungen, Erträge und Zehnten gesetzt war. E r hiess Ntöna, war die rechte Hand des Mambüku und sein Mund, nämlich Yerkündiger der Yerordnungen. Zweifellos war er einer der besten Redner des Gebietes, dazu schlau, aber anspruchsvoll und sehr habgierig. Anders Mavüngo, der Ma Nssälove, Fürstenenkel und erbsässiger Herr einer kleinen Erdschaft, der sich, obgleich gering an Macht, unter den anderen Häuptlingen stets mit einem gewissen Hochmute bewegte, auch nie im Gefolge des Mambüku erschien. E r war befreundet mit unserem Maböma und dessen Frau Galäsi, mit deren Bruder, dem mächtigen Ngönda, er Blutsbrüderschaft geschlossen hatte. Dem ähnelte er auch, obscbon älter und in voller Manneskraft stehend, in Wesen, Wuchs und Haltung. E r hatte viel Mannhaftes an sich, eine seltene Eigenschaft unter den Leuten, und war allen sonst so beharrlich betriebenen kleinen Künsten, auch der Bettelei abhold. Zu uns kam er nur gelegentlich, um den Lohn für seiner Schwester Sohn, das war mein Junge Ndembo, abzuholen. Als Original zeichnete sich vor allen aus der grauköpfige Herr von Mpütumöngo (Europahügel) mit dem schönen Namen Sambüki. Lebhaften Geistes, schlagfertig, voller Witz und köstlichem Humor verbarg der vielerfahrene Alte unter einem überaus putzigen Wesen einen Schatz von Weltklugheit. Wo er weilte, ging es lustig her. Aber die Eingesessenen pflegten sich auch in ernsten Dingen Rat bei dem närrischen Weisen zu holen, der einen viel grösseren Einfluss besass, als man ihm zutraute. Mir schleppte er unermüdlich Nachrichten und Gegenstände zu und liess sich dafür beschenken. E r bettelte mittelbar. Um seines Eifers willen, der doch recht nützlich war, gab man ihm gern, zumal sein unverwüstlicher Frohsinn etwas Bestechendes hatte. Diese Heiterkeit des Geistes trübte sich indessen alljährlich einmal, zur Zeit, wenn die Mangopflaumen reiften. Sambüki pflegte nämlich neben seinem Wohnsitz einen der im Gebiete recht seltenen Mangos, einen mächtigen Baum, dessen vollaubiges Gezweig bis zur Erde niederhing und.mich manches Mal beschattet hat. Der Baum, wahrscheinlich von einem alten Sklavenhändler gepflanzt, trug Früchte der edelsten Sorte in Menge. Aber wenn diese reiften und goldig rot aus dem Laube leuchteten, kamen die Dorfrangen und pflückten sie. Das ging Sambüki über den Spass. Wir werden dem lustigen Alten noch im Kapitel begegnen, das von den Fetischen handelt. Zwanzig Minuten nördlich von unserem Gehöft und hart am Strande lag das Dorf Yenga, und noch etwas weiter Ntümbu. Der Ma Ntümbu, ungewöhnlich feist, aber trotzdem nicht gut, stand weit zurück hinter dem Ma Yenga. Dieser, ein stattlicher Mann in den besten Jahren, ruhig, überlegend, wortkarg, hiess Liümba. E r genoss hohes Ansehen weithin im Lande, war Maböma und wohl der beste Mann des ganzen Gebietes. Wir hatten Grund, ihn besonders zu.schätzen, da er bis zu seinem Tode, er starb leider am Fieber, als Obmann in unserer Station waltete. Unser Maböma, der Häuptling Ngönda mit seiner Schwester Galäsi, der Häuptling Mavüngo, sowie mehrere Leute aus dem Volke, unter ihnen Ngö, der uns bis zuletzt als Hofmeister und nachmals 0 . Lindner viele Jahre als Faktoreiaufseher treu diente, sowie mein Junge Ndembo waren Persönlichkeiten, wie man sie sich nur wünschen konnte. Bei ihnen fand man Verständnis und vertrauenswürdige Ger sinnuDg. Südwärts von uns, jenseits einer gestreckten Lagune, wohnten Bawümbu (Seite 6) im Hauptdorfe Makäya und in den Nebendörfem Nköndo, Mpuela, Wlnga. Ihr Oberhäuptling Mämbu, der sich den Titel Mangövo zugelegt hatte und an grossen Tagen Binden von Leopardenfell um Kopf und Oberarm trug, war ein kleiner, magerer Mann, ränkevoll, mit bösen Augen. E r vertrat eine recht grosse Gemeinschaft, der man keinerlei politische Rechte zugestehen wollte, die, als aus wuchernden und kein Geschäft verschmähenden Fremdlingen bestehend, scheel angesehen wurde. In günstigeren Verhältnissen wären die Leute wahrscheinlich


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