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Wie die Zustände sich im einzelnen allmählich umgebildet haben, mag eine Schilderung der Verhältnisse und der Machthaber im Bereiche unserer Station lehren. Das einst umfangreiche Gebiet von Tschintschötscho, der südlichsten Provinz des alten Staatswesens, erstreckte sich von der Tschissämbo-Lagune bis zum Tschiloängo. Der letzte grosse, etwa ein Menschenalter vor unserer Zeit verstorbene Mfümu nssi dieses Gebietes, der Ma Tschötscho, war ein Fürst Samäno (Nsamäno), der, nach Erzählungen alter Sklavenhändler, als mächtiger Herr ein strenges Regiment geführt und auch Europäer hart angefasst hat. E r residierte in Tschiböna bei Massäbi, unfern der Mündung des Lueme, dort, wo die geweihte Stätte des Gebietes mit dem zugehörigen sogenannten Tierschädelfetisch lag, den wir noch vorgefunden haben. Wo die Reste des Muene Samäno geblieben sind, war nicht festzustellen. Nach Lubü sind sie nicht gelangt. Nachfolgerin des Erdherm Samäno war dessen Schwester, Fürstin Madyäni, die in einer schon wieder verschwundenen Ortschaft, binnen - wärts von unserer Station hinter Nsönya gelegen, hauste. Dort, in einem Buschwalde, umwuchert und zerfallen, sahen wir noch Reste ihres Leichenwagens. Sie überlebte ihren Bruder wohl kaum um ein Jahrzehnt. Von ihr wurde Gutes berichtet. Vielleicht war sie zu mild. Ihr folgte im Range ihre Tochter, Fürstin Samäno, die wir noch als ein stattliches Weib gekannt haben. Sie hat nachmals einen angesehenen Eingeborenen, Tiäba, der einige Schulung genossen hatte, des Lesens und Schreibens kundig und zu unserer Zeit Hofmeister sowie Dolmetscher in der Faktorei Massäbi war, zum Manne genommen und mit ihm in einem nach europäischer Art gebauten Hause an der Lagune von Tschissämbo gewohnt. Anfang der achtziger Jahre, als Frankreich, Portugal und der spätere Kongostaat die Küste zu besetzen trachteten, hat Tiäba mit seiner fürstlichen Frau eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Durch ihn hat Portugal das Gebiet gewonnen, wofür er verschiedentlich mit Rang und Titeln belohnt worden ist. Tiäba starb, erblindet, vor Fürstin Samäno, Anfang der neunziger Jahre. Bevor solchergestalt die Verhältnisse gänzlich umgestossen wurden, hatten sie sich schon von innen heraus erheblich verändert. Bereits unter der milden Fürstin Madyäni hatten sich Häuptlinge im Gebiete mehr oder minder unabhängig gestellt. Unter ihrer Nachfolgerin, damals noch ein junges Mädchen, vollendete sich der Verfall der alten Ordnung. Der Sklavenhandel erstarb, der rechtmässige Handel blüht immer mehr auf. Das war in den sechziger Jahren. Neue Faktoreien entstanden. Rührigen Häuptlingen und untergeordneten Leuten glückte es, emporzukommen. Die persönlichen Vorrechte konnten sie Muöne Samäno nicht nehmen, ehrten sie auch nach wie vor als Fürstin, kümmerten sich aber immer weniger um ihre politischen Rechte. Als Mfümu nssi wurde Muene Samäno bedeutungslos, setzte aber, wie erwähnt, nach unserer Heimkehr mit Tiäbas Hilfe ein letztes Mal ihren Willen durch. Wir fanden Mitte der siebziger Jahre im Gebiete folgende Zustände. Die Landschaft Nsönya, binnenwärts von unserer Station gelegen, einige benachbarte Gelände und womöglich auch unseren engeren Küstenstrich vertrat der Häuptling Makösse als ein Erdherr der erklärten neueren Art. Eigentlicher Mfümu nssi und Ma Tschötscho konnte er natürlich nicht sein, denn das war Muene Samäno. Überdies wurde er auch nicht Ma Nsönya, sondern Mambüku, etwa Statthalter genannt. E r war nämlich nach Loängo gepilgert und hatte sich dort vom Ngänga mvümbi, natürlich gegen Geschenke, diese Würde mit der grossen Häuptlingskappe verleihen lassen, die ihm nicht die unbestrittene Macht, aber den höchsten Rang im Gebiete gab. Der bejahrte Mambüku war ein ruhiger, verständiger Mann, mit dem wir allezeit recht gut ausgekommen sind. Bei ihm, als dem Erbonkel, hielt sich häufig sein Schwestersohn Ndlku auf, der ihm nachmals auch in der Würde oder im Titel gefolgt ist. Ndlku, der Herr einer kleinen Erdschaft nördlich vom Luemefluss, wurde nach dieser damals Ma Tschita genannt. Südlich vom Mambüku hausten in einigen Dörfern die bereits Seite 61 erwähnten Häuptlinge Samäno und Matötila mit allerhand zusammengelaufenem Volk. Samäno, ein Gotteskind oder Erdkind, hatte seinen Vater beerbt und war von der Fürstin Samäno adoptiert worden. Sonach war er eigentlich der Freie und der Herr. Aber er kam nicht auf neben seinem ererbten Hörigen Matötila, der, besser begabt, ihn vertrat. Wiederum südlich von Samäno und Matötila sass Mallku, nach seinem Hauptdorfe Ma Ntebenga genannt. Ein kluger Kopf und rühriger Händler trachtete er danach, den Wasserweg des Tschiloängo für seine Geschäfte offen zu halten und dort von anderen Gefälle einzuheimsen. Die Gebiete dieser Grossleute sowie kleinerer, zwischen ihnen lebender Machthaber, schieden unseren Küstenstrich vom Inneren. Jenseits wohnte der mächtigste Häuptling von allen, der gewandte, entschlossene Ngönda, der über viele Dörfer gebot und als Erdherr Ma Bända hiess. Galäsi, die gescheite und liebenswürdige junge Frau unseres Maböma, war seine Schwester. Ngönda verstand trefflich zu regieren und baute Handelsgewächse im grossen. Als Fürstenenkel dünkte er sich höher als die übrigen, war jung, hoch gewachsen, ein schöner Afrikaner und vornehm dazu. E r bettelte niemals, hatte überhaupt keine Anliegen, was sehr viel besagen will, kam selten zur Küste und dann hauptsächlich, um sich mit der klugen Schwester zu beraten. Beide liebten sich sehr. Sein Handel ging nach dem Gebirge und nach dem Tschiloängo, weshalb er der natürliche Nebenbuhler des Ma Ntebenga, zugleich aber auch dessen


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