Europäern als Hörige an oder geben von den ihrigen bin. Auch uns haben solche Unglückliche aufgesucbt. Eine Mutter aus dem Norden wollte um das Sattessen sich und ihre drei Kinder uns geben. Der Europäer helfe, aber hüte sich, solche Leute ohne Palaverbeschluss als Hörige anzunehmen. Erstens kann er sie verlieren, indem sie gelegentlich zu anderen entlaufen, zweitens wird es ihn ziemlich sicher in Ungelegenheiten bringen ebenso wie die Eälle, wo er einen Taugenichts aufbindet oder einen Kranken behandelt, ohne die Verhältnisse genau zu kennen. Am Menschen hängen zu oft Forderungen dritter, die nun der Neuling, der sich seiner annahm oder bemächtigte, erfüllen soll.. ‘ ' Nach Fug und Recht kann zur Kettung aus Schwierigkeiten, überhaupt zum Besten der Familie, der Onkel Neffen und Nichten, die Mutter ihr Kind, können einander Geschwister - S welcher Verwandtschaftsgrad sehr weit ausgedehnt zu denken ist — als Pfänder oder Hörige hingeben. Obschon sie das nach uraltem Brauch, nach Mutterrecht, nicht besser wissen, fällt es ihnen doch recht schwer, weil. sie sich lieben oder doch aneinander hängen, und weil die Hingabe von Angehörigen das Ansehen schädigt. Aber schliesslich ist unter solchen Umständen die Trennung von Kindern, die es nicht härter als daheim haben werden, nicht schlimmer, als wenn sie bei uns in Pension gegeben oder ins Leben entlassen werden. Der Vater kann das Verfügen Uber seine Kinder nicht verbieten, aber er hat wenigstens das Vorrecht, es zu verhindern, indem er die Gläubiger der Mutterfamilie und vielleicht diese dazu abfindet. Dem Vater steht es auch, zu, falls es ihm nicht gleich möglich war, ; seine Kinder später auszulösen, was freilich viel kostspieliger sein mag, insofern etwa eine Tochter unter ihnen ist, die auf anderer Erde geheiratet und geboren hat. Ihre Kinder sind gesondert auszulösen. Deshalb und weil man sich der Mehrerinnen der eigenen Kopfzahl nicht berauben Will, gibt man Töchter, die übrigens der neue Herr um ihrer Hörigkeit willen durchaus nicht missbrauchen darf, höchst ungern aus dem Verband. Die Verwicklungen können noch weiter gehen. Onkel, Vater, Angehörige sind vielleicht gestorben oder verschollen. Sind Hörige vorhanden, so sorgt deren Obmann für die verwaisten Kinder. Andernfalls nimmt sich ihrer ein Blutsfreund eines der Verstorbenen an. Vormundschaft — lukebu “ .oder Adoption ft- lunsülua — ist Ehrensache für ihn. Alle Kosten soll er aus eigenem Vermögen bestreiten und hat dennoch keinerlei Kecht an die Mündel, kann sie am allerwenigsten verpfänden. So gibt es noch andere Fälle unübersichtlicherer Art. Die meisten Menschen geraten infolge von Kechtshändeln in Hörigkeit: wegen Überschuldung, Diebstahl, Sachbeschädigung, unabsichtlicher Körperverletzung oder Tötung, missglückter ärztlicher Behandlung oder Entbindung, manchmal wegen böswilliger Anklage der Hexerei, wegen Ehebruch, welches Vergeben übrigens viel weiter als unter uns gefasst wird. Schon unziemliche Schäkerei, Betasten kann als Ehebruch a,us- gelegt werden, denn, so sagen die Richter, eine ordentliche Frau lässt sich auf dergleichen nicht ein, und weiteres ist Sache der Gelegenheit. In allen solchen Fällen heisst es zahlen oder hörig werden, nachdem im Palaver über das Richtige befunden worden ist. Das geht nun freilich nicht: schneller als anderwärts. Kläger und unbescholtene Männer als Richter wären schon da, aber die Beklagten fehlen, die von einem Schiedsspruch nicht ihren Vorteil erhoffen. Das ist ja ihre Hauptkunst, unter tausenderlei Ausflüchten ein Palaver hintan zu halten. Denn haben sie es erst zum Beschluss kommen lassen, so sind sie auch gebunden, sich zu fügen. Es. ist kaum genug zu rühmen, wie gewissenhaft Palaverentscheidungen durchgeführt werden, wie vertrauensvoll ihre Erfüllung gestundet wird, wie stark sonach das Rechtsgefühl im Volke ausgeprägt ist. Aber man vermeidet, was man zu fürchten hat. So verschleppt man mit Fleiss die Schlichtung von Streitigkeiten, bis sich vielleicht Neues zum Alten gesellt und einer Partei das allerwärts geschätzte moralische Übergewicht verleiht. Hartnäckigen gegenüber nützt das allein freilich noch nichts. Doch gibt es ein wirksameres Mittel: die Pfändung. Das beste, ja das einzig brauchbare Pfand ist der Mensch. Da die Erdschaft solidarisch haftbar ist, sucht man sich des Schuldigen oder eines Unschuldigen, womöglich eines angesehenen Mannes, zu bemächtigen. Erdherren, Leibeigene und Weiber sollen ausgenommen sein. Mit dem Abfangen einer Person — mehrere zu fassen, ist unstatthaft, ausser wenn man die Verüber eines Unrechtes bei der Tat ertappt Bs-sind sogleich alle den Fall betreffenden Ansprüche erloschen. Man hat seinen Menschen und damit basta. An der Person hängt alles. Wer sich vergriff, wird weidlich verspottet, hat sich vielleicht gar einen neuen Rechtshandel aufgehalst. Im günstigen Falle kommt es darauf an, wieviel der Ergriffene den Seinen gilt. Den geringen Mann lässt man im Besitze seiner Fänger, überweist ihn förmlich im Palaver, falls anderweitige Regelung zu kostspielig ist. Ein wichtiger Mann wird ausgelöst, indem man bezahlt oder, wenn es sich um eine Person handelt, für die niemand.mehr einstehen will, indem man den Schuldigen oder einen seiner Angehörigen ausliefert. Volle Hörigkeit sichert erst der Palaverbeschluss. Uns diente längere Zeit ein junger Bursche und ausgezeichneter Jäger, der Hörige Mavüngo. E r hatte seine Freiheit durch zu hitziges Schiessen eingebüsst. Eines Nachts in der Savanne, birschend, schiesst er ins Dickicht und tötet einen Hörigen. Die Geschichte kam auf. Da nicht bezahlt wurde, musste er an Stelle des Erschossenen Höriger des
27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above