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gehoben werden. Danach handeln sie vielfach auch selbst; Wer Hütten versetzt, schafft allenfalls Dach und Wände fort, lässt jedoch die Eckpfahle stehen, denn die haften im Schosse der Erde. Ein Argloser, der die einsam ragenden Greriiste als willkommenes Eeuerholz verwendete, könnte in Ungelegenheiten geraten. So treihen sie auch Waldstücke ab, nicht Bäume und Büsche rodend, sondern sie ziemlich hoch über der Erde abhauend, was freilich zugleich bequemer ist, aber doch mit dem Hinweise begründet wird, dass das Unterende der Erde zugehöre. Das sind vielleicht Erinnerungen an die Gedenkpfosten der Königszeit. Ein Kaufmann, der im Waldlande einen Handelsposten anlegen wollte, erhielt die Erlaubnis dazu unter der Bedingung, beim Auslichten des Waldes die Stümpfe zu schonen. Da das die Errichtung seiner Niederlage sehr behinderte, beklagte er sich bitter über die nach seiner Meinung nichtswürdige Schererei, konnte aber selbst durch angehotene höhere Abfindung keinen Nachlass erwirken. Eine Entweihung wäre es, wenn irgend jemand sowohl .in ein beliebiges Loch, in eine Tierhöhle im Boden, als auf wund gemachter, auf frisch behackter oder bepflanzter Erde seine Notdurft verrichten wollte. Auch sollen über solche Stellen weder Leichen, noch Elfenbein getragen werden, noch Schwangere gehen • eine Entweihung schlimmster Art wäre geschlechtlicher Umgang. Ferner wollen die Erdschatten nicht dulden, dass ihr Boden nach Schätzen, etwa nach Kopalharz oder Erzen dureh- wühlt werde; das könnte die Ruhe der Vorfahren stören und Seelen aufstöbern. Was verborgen im Schosse der Erde ruht, bleibe unberührt, wenn man es haben soll, wird es schon hervorkommen. Bodenschätze gehören zum Erdschaftsvermögen. Viele pflegen beim Abemten der Felder einen kleinen Teil des Gewachsenen stehen zu lassen oder da s, was beim Einsammeln der Hand entfällt, als der Erde zukommend zu betrachten. Vielleicht noch mehr lassen sie Erntereste für Hungrige draussen, für Menschen und Seelen. Was die Leute von der Ernte für die-nächste Aussaat aufheben, verwahren sie sorgsam, man möchte sagen ehrfürchtig. Es kommt sie sehr hart an, wenn sie bei Hungersnot ihr Saatkorn anzugreifen haben. Sie klagen lange darüber und nehmen das Unglück als eine Marke in der Zeitrechnung, indem sie sagen: dieses und jenes geschah, als wir unsere Aussaat aufessen mussten. In solchen Nöten ist ihnen von grossen Handelshäusern vielfach ausgeholfen worden. Seitdem das Sammeln von Kautschuk ein wichtiger Erwerbszweig geworden ist, sorgen verständige Erdherren dafür, da6s die den Milchsaft liefernden Gewächse nicht mehr abgehauen werden. Sie erlauben nur noch das Schlitzen der Rinde, wobei die Pflanzen jahrelang oder überhaupt lebenskräftig bleiben. Gleich bedächtig wird bei der Gewinnung des beliebten Palmweines oder Mostes verfahren. In alter Zeit bat man die Palmen gefällt, um den Saft auslaufen zu lassen, später nur Zapf- löcher, deren Narben zu unserer Zeit noch hier und da zu sehen waren, in den Stamm geschnitten und die Gefässe darunter gehängt. Gegenwärtig wird lediglich ein männlicher Blütenstand weggeputzt, was der überaus nützlichen Palme nicht schadet. Hader um Grundstücke kommt innerhalb der Erdschaft kaum vor. Der allerkleinste Teil ihres Bodens wird bewirtschaftet, weil etliche bepflanzte Erdflecke genügen, den Jahresbedarf einer Haushaltung zu decken. Nachher lässt man die alten Feldstücke brach liegen und sucht neue. Bei Auswahl der Kabeln für den eigenen Bedarf folgt der Herr als Familienhaupt, falls er sich überhaupt darum kümmert, den Wünschen der Weiber und Hörigen. Doch ordnen diese das in der Regel anstandslos unter sich. "Wo es nötig ist, bespricht man sich mit dem Häuptling oder mit dem Erdherrn, und der entscheidet, wer ein mehreren gefallendes Gelände haben soll. Ein eifriger Erdherr hält darauf, dass kein Bodenstück ohne seine Bewilligung bestellt, namentlich kein Wald, wo die beste Krume liegt, gerodet wird; ein bequemer oder machtloser Gebieter lässt seinen Untertanen freie Hand. Bevorzugt wird unter allen Umständen ein Leidtragender, sei es, dass Krankheit unter den Seinen herrscht, sei es, dass er einen Angehörigen oder Blutsfreund verloren hat. Ihm wird nötigenfalls sogar das Feld besorgt. Das gilt für Mann und Weib, denn es gibt auch selbständig wirtschaftende Weiber. F ür den Anbau von Handelsgewächsen wird, wo Erdsassen mitzureden haben, eine Breite ausgewählt und gemeinsam bestellt. Die eiserne Doppelglocke oder die Trommel gibt das Zeichen, die Arbeit zu beginnen. Oft leitet der Erdherr das Ganze. Die Unternehmer liefern das Saatkorn und die Arbeitskräfte, das heisst ihre Hörigen, und teilen nach Massgabe ihrer Beihilfe den Erlös aus der an die Faktoreien verkauften Ernte oder belassen ihn dem Erdherrn. Frauen bearbeiten nur ihre eigenen Pflanzungen für den Hausbedarf und für ihre Hökerei. Ein freier Mann wird, wenn er arm, das heisst ohne Hörige ist und keinen Taglöhner mieten kann, allenfalls eigenhändig Bäume und Büsche von einem künftigen Feldstück seiner Frau oder Liebsten beseitigen. Denn das hat er, nebst Kleidung, seiner Frau zu leisten. Aber er hält es unter seiner Würde, die Erde zu behacken oder Wasser zu tragen. Das ist Sache der Frauen und Unfreien. Wäre der Pflug bekannt, so würde er wahrscheinlich eigenhändig ackern wie unser Bauer. Das ziemt dem Herrn. Sieht man irgendwo einen Mann die Hacke schwingen, so ist es ein Höriger oder Leibeigener, in seltenen Fällen vielleicht auch nicht, dafür aber ein sehr Verliebter, der seiner Erwählten als Liebesstrauss wohl auch


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