Page 272

27f 32-2

war, folgte der alten Satzung oder dem alten Gebrauche. E r getraute sich nicht einen Europäer zu empfangen, sondern ordnete dazu einen Höfling ab, der seine Rolle spielte. Auch liess er mich dringend bitten, nicht in der Nähe zu übernachten, nicht in dem die geweihten Stätten überwuchernden Buschwalde herum zu kriechen und namentlich nichts abzubilden. Das war überhaupt eine grosse Sorge: nur ja nicht abmalen. Mäni Präta, .der Silberprinz, eigentlich Muöne Liäta zu nennen, wollte nicht leiden, dass ich das Gräberfeld der Könige zu Luändschili betrat. Der sehr stolze und recht gallige Herr grollte, dass ich andere Grosse vor ihm besucht hatte, und dass seine Nichte Tschiblla liebenswürdig gegen mich gewesen war. E r wies den Boten mit meinem Geschenke zurück und liess mir sagen, der Weisse wäre im Lande, um Handel zu treiben, nicht, um an den Gräbern der Könige herum zu treten und Bilder zu machen. Als ich, um ihn zu überrumpeln, am Nsongölo erschien, lag der Eährmann nebst Kahn am anderen Ufer und blieb taub für alle Aufforderungen. Manche Fürsten bewirten Europäer und essen mit ihnen in den Faktoreien, andere vermeiden es. Die. früher erwähnte Muene Mpemba in Yümba hat mich überaus gastfreundlich in ihrem wunderschön gelegenen Gehöft untergebracht, auch eigenhändig für mich Speisen gewürzt, weigerte sich jedoch, mit mir zu essen und meine Vorräte zu kosten. Nur Tabak aus meinem Beutel stopfte sie gern in ihre Pfeife, was wiederum an anderem Orte Fürst Mpämbu für Tschlna erklärte, obgleich er eine in Europa angefertigte Joppe trug. Muene Ndaläya, die Herrin von Mvümvu, schickte mir gastfreundlich Hühner, Eier und Palmwein mit dem Ersuchen entgegen, im Nachhardorfe einzukehren, weil sie selbst Weisse weder erblicken noch beherbergen dürfte. Manche Mifümu lassen sich beim Trinken noch ein Tuch Vorhalten oder heben ihr Gewand vor das Gesicht oder wenden sich wenigstens a b ; ihr Gefolge dreht sich um oder blickt zur Erde und klappt die Hände. Ebenso tun andere Anwesende. Als Muene Tschiblla einmal nieste, machten ihre und Nsoämis Begleiter eiligst Kehrt, ahmten das Niesen nach, schlugen die Fäuste gegen die Brust und streckten die Arme mehrmals abwehrend von sich. Das war noch alte höfische Sitte und sollte Übles verhüten. Dass der Schirm ein besonderes Würdenzeichen der Grossen gewesen wäre, ist aus alten Berichten nicht zu entnehmen. Dafür gab es von Dienern getragene Fächer oder eingerahmte Standarten, Ehrenschwänze (von Rotbüffeln, I I I 223) und Quasten. Auch in späterer Zeit ist der Schirm nicht zum auszeichnenden Gerät geworden. Das Regendach des Handels wird beliebig, obschon ziemlich selten, von Hoch und Niedrig verwendet, besonders als Putzstück bei festlichen Aufzügen, wenn ihnen etwas Glückliches widerfahren ist. Manchmal ziert ein aufgespannter Schirm einen Leichenwagen. Unsere Leibdiener pflegten sich Schirme von uns zu leihen, wenn sie bei peitschendem Kegen einen Gang besorgen sollten. Das sah fein aus, und ihre Haut blieb ungeklatscht. Bis zur Gegenwart hat sich die Meinung erhalten, dass der Weisse einem Fürsten gleich geachtet werde. In Wirklichkeit erfreut er sich keiner wesentlichen fürstlichen Vorrechte. E r ist und bleibt ein als Bringer begehrter Waren nützlicher Fremdling. Die unrichtige Einschätzung entstand dadurch, dass die pfiffigen Eingeborenen ihren Vorteil wahrnahmen, indem sie den Europäern schmeichelten. Die alten Sklavenhändler konnten sich auf Widerruf das Kecht erkaufen, auf dem ihnen zugewiesenen Landstrich zwischen Meer und Kaufhaus Menschenraub zu treiben. Seitdem der legitime Handel blüht, lassen sich Kaufleute am Strande und auf einigen Verkehrswegen, insonderheit auf dem Luntämbi lu mbensa wie Fürsten in Hängematten tragen. Das ist alles. Im Inneren sowie im Königsgau erlauben ihnen verschiedene Ortschaften den Durchzug nicht anders als zu Fuss, wovon übrigens schon alte Berichterstatter erzählen. Wer sich dem Tschlna nicht fügen will, so wie er daheim polizeiliche Vorschriften achtet, vermeidet besser solche Dörfer. Eingeborene Mietlinge müssen ihn im Stich lassen. Ferner haben die Weissen nicht Sitz und Stimme bei den Beratungen über Gau- und Gemeindeangelegenheiten. Sie können nicht Grundherren und nicht Grundbesitzer sein, dürfen überhaupt nur gegen regelmässige Zahlung von Abgaben und auf W iderruf im Lande wohnen und handeln. Deswegen haben sie auch kein Erdrecht, das sogleich erklärt werden soll, können sie keine Hörigen halten. Ihre Sklaven, Leibeigene, finden nirgends einen Schutzherren, sondern werden ihnen nötigenfalls gewaltsam zurückgebracht, und sie wiederum müssen Flüchtlinge ausliefern. Selbst über freie Leute, die sich gutwillig bei ihnen in Hörigkeit geben, gewinnen sie keine Rechte. Sie sind und bleiben geduldete Fremdlinge — bätua, sing, rnütua — und wenn sie sich schlecht betragen, werden sie verwarnt, schliesslich ausgewiesen und gewaltsam vertrieben. Allerdings wird den Fremdlingen, auch wo sie machtlos sind, in einer Hinsicht noch in bezeichnender Weise Achtung erwiesen. Wenn sie mit ihrer Mahlzeit beginnen wollen, ziehen sich die Eingeborenen sogleich zurück. An der Küste erscheint dies mehr als ein Beweis von Schicklichkeitsgefühl, aber im Hinterlande, wohin Europäer nicht vorgedrungen sind, erlangt es andere Bedeutung. Die nämlichen Leute, die mit naiver Neugier gaffen, wenn der Europäer dabei ist, die Wäsche zu wechseln, sich zu waschen, zu baden, die nichts dabei finden, ihn aus dem Schlafe zu wecken, weil Leute, vielleicht Weiber angelangt sind, ihn zu begucken, wie es Dr. Güssfeldt geschah (I 114, 119), die weichen zurück, sobald er speisen will. Loango. 13


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above