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nicht auf einer Insel, auf einem Schiffe nächtigen, und kein Schweinefleisch essen. Fürstinnen, die ja ihre Männer nach Belieben wechseln können, sollen keinem Weissen ihre Gunst schenken und nur eingeborene Männer wählen, die, gleichgültig ob frei oder hörig, Yon stattlicher Gestalt, fehlerlos an ihrem Leibe sind und niemals Menschenblut vergossen haben. Nicht alle “Verbote werden noch unverbrüchlich eingehalten. Manches in dem der Mfümu-Kaste geltenden Tschlna ist wahrscheinlich erst in der Zeit nach Ankunft der Europäer aufgekommen. “Wir haben an die Versuche einer konservativen Partei, der Grossen des Reiches sowie der Priesterschaft oder Zaubermeister zu denken, ihren Einfluss zu wahren, dem einreissenden Unwesen zu steuern und dem Volke das gewohnte Dasein zu gewährleisten. Es galt, die Mächtigen gegen die Lockungen der europäischen Sklavenhändler abzuschliessen. Die Härte der Sklaverei, wie sie christliche Völker, namentlich solche Völker, die sich stolz als Träger der Kultur bezeichnen, ausgehildet haben, war und ist den Afrikanern unbekannt. Ihnen sind Hörige Familien- glieder und durchaus nicht rechtlos. Erst der Weisse lehrte die Farbigen den richtigen Menschenhandel kennen. Das spürten sie bald am eigenen Leibe, als die Gier nach den Schätzen der übers Meer oder, wie auch geglaubt wurde, aus dem Meere gekommenen Fremdlinge ihre Grossleute zum Missbrauche der Macht verleitete. Drückender wurden die Zustände durch das von den Fremdlingen erkaufte Recht, auf dem Landstreifen zwischen ihrem binnenwärts errichteten Geschäftshause und dem Strande jeglichen Menschen ohne weiteres für sich einzufangen und an Bord zu schaffen. Damit war die Wohltat des Gotteswegs längs des Meeres wenigstens örtlich und zeitlich aufgehoben und dem nichtswürdigen Treiben der weissen und schwarzen Händler Vorschub geleistet. Die Fangstriche der Weissen und damit ihre Exterritorialität erstreckte sich, namentlich an den Haupthandelsplätzen, an den Baien von Loängo und Pontanegra, vielfach vom Meere bis an den Luntämbi lu mbensa. Den durften die Häscher ebensowenig landwärts wie die Fürsten seewärts überschreiten. Am Grenzwege verhandelten die Kaufleute mit den Mifümu, konnten sie aber nicht zur Musterung ihrer Schätze nach den Faktoreien und Schiffen einladen, wie sie es dort auch heute nicht können, weil kein Mfümu das Verbot zu verletzen wagt. Luntämbi lu mbensa bedeutet: Spuren von wunden Füssen, Beinwehstrasse, Elendsweg. Diesen Namen mag der Pfad als einer der Gotteswege von den Bedrängten erhalten haben, die Hilfe beim Mtötila oder bei der Makünda suchten. E r mag den Namen von den Sklaven erhalten haben, die, aus dem Inneren herangetrieben, auf ihm müde und elend einem weissen Aufkäufer nach dem anderen vorgeführt wurden. Eine zweite Schreibweise wäre Luntämbi lu mpensa, frei zu übersetzen: öffentlicher Fussstapfen, Heerweg. Aus dem folgenden wird sich ergeben, dass man bei der Deutung des Nattens schwanken kann; doch ist nach Aussage der Eingeborenen die hier verwendete Schreibweise vorzuziehen. Längs der südlichen Strecke des Pfades bewegte sich der Festzug des Ma Loängo. Möglich, dass deswegen der Luntämbi lu mbensa schon von alters her als Gottesweg bestand. Möglich auch, dass er dazu eret wurde, seitdem die weissen Sklavenhändler am Strande der wichtigen Baien gegen Entgelt deü Menschenfang betreiben konnten. Aber Demarkationslinie für die Mifümu ist der Luntämbi wahrscheinlich erst zur Zeit des ärgsten Sklavenhandels und des einreissenden Verfalles alter Einrichtungen geworden. Echt volkstümlich wird mit den E rzählungen von dieser einschneidenden Veränderung eine wundersame Spukgeschichte verwoben. Es ist nun recht auftällig, dass in alten Nachrichten von diesem im Volksleben überaus bedeutsamen Pfade und von den Gotteswegen im allgemeinen kein Aufhebens gemacht wird. Dapper erwähnt zwar, wo er einen berühmten Fetisch schildert, einen Heerweg, und Degrandpre eine Grenzmarke, beide gehen aber flüchtig darüber hin. "Was die Einheimischen vom Pfade und von dem darüber verhängten Tschlna erzählen, ist vom goldenen Nebel der Sage umhüllt. Es findet jedoch mancherlei Bestätigung in örtlichen Verhältnissen, sowie in absonderlichen Volksfesten, die noch zu unserer Zeit gefeiert wurden. Die Überlieferungen erklären die räumliche Trennung des Gräberfeldes der Könige und das der Fürsten, sowie die daraus folgende und fortwirkende Nebenbuhlerschaft der Dörfer Luändschili und Lubü. Die Hauptrolle spielt Mpüngu, ein Fü rst, der als bresthaft, als vergiftet oder bezaubert, als Fetisch gilt, und deswegen auch Mkissi Tsehimpungu genannt wird. Tsehimpungu heisst ferner die Königskrankheit, die, wie schon gemeldet, die Missionare Proyarts als lähmende Gicht bezeichneten. Seit alten Zeiten, so geht die Sage, fanden alle Könige und alle Fürsten von Loängo ihre letzte Ruhestätte, sie gingen zur Erde, in Luändschili. Einst lebte ein Fürst, der war befallen, siech. Da er aber gern Mtötila werden wollte, verheimlichte er seinen Zustand. Trotzdem kam es auf und er musste von seinem Wunsche abstehen. Diese Enttäuschung und Schande traf den Fürsten ins Herz, dass er starb. Eine zweite Fassung meldet: Man ahnte nichts von seiner Unfähigkeit und wählte ihn zum König. Während des Krönungszuges, als er am Nsongölo den Palmensteg betreten wollte, fiel er um und war tot. Denn er-war nicht fehlerlos an seinem Leibe und konnte nicht Ma Loängo sein. Drittens heisst es, er hätte sich mit den Probejungfern nicht genügend bewährt, und die hätten es pflichtschuldig gemeldet. Schliesslich 12*


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