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pflegt, sondern es bloss anfacht, weil er es im glimmenden Feuerbrande, im schwelenden Pflanzenmark oder verrotteten Holze zu Land und zu "Wasser mit sich nimmt, falls er nicht hoffen kann, es an einem viel besuchten Lagerplatze zu finden oder aus einem Dorfe zu erhalten. Tuala mbäsu, Feuer beschaffen. Dr. Güssfeldt sah Feuer schlagen (I 165). Man bläst das Feuer nicht mit dem Munde an, sondern man wedelt, um es zu beleben. Doch ist man nicht mehr so ängstlich mit dem Atem wie früher. Diener von Europäern pusten Petroleumlampen aus, weil sie die Flamme nicht anders löschen können, Lichter dagegen drücken sie meistens mit den Fingern aus. Das sind freilich fremdartige Dinge. Aber man verlernt dadurch allmählich auch, das eigene Gebrauchsfeuer in geziemender Weise zu behandeln. Jemand Feuer zu verweigern wäre eine Ungezogenheit, eine Beleidigung, etwa so, als wenn bei uns auf der Strasse ein Baucher dem anderen die Zigarre verweigern wollte, es wäre ein geradezu feindseliges Verhalten. Wer aber von einem Grossen unter gewissen Förmlichkeiten Feuer erbittet, stellt sich unter seine Oberhoheit. Der Gutgesinnte, der einen Lagerplatz verlässt, deckt sein Feuer sorgsam mit Asche, damit Nachkommende die noch glühenden Kohlen anfachen können, der Übelgesinnte wirft die Brände auseinander. Das neben kuvänga genannte Wort kutätika bedeutet antippen, kitzeln, kratzen und, wohl erst seit Einführung der Zündhölzer, auch Feuer anstreichen, wenn. im Aufträge eines Zündholzbesitzers ein Licht, eine Lampe, eine Fackel anzubrennen ist — tätika mulnda. Wenn aber ein Ma Loängo das Staatsfeuer erzeugen liess, so hiess das kudyemba. Das Werk mussten ein Jüngling und eine Jungfrau verrichten, die eigens dazu erzogen und sorgsam behütet wurden, weil sie nicht wissen durften, was ihnen bevorstand. Kudyemba bedeutet Friede oder Freundschaft stiften, sich etwas Liebes antun, sich vereinigen, scherzhaft auch bohren; tschyembu, Koha- bitation. Ausserdem ist, vielleicht nicht bedeutungslos, tschinyemba ein Ausdruck für Seele. Tschyembu ist zugleich ein zwar vertraulicher aber nicht unehrerbietiger Titel, den ein angesehener Mann bei der Anrede einer Fürstin gebrauchen kann, welcher ja Männer nach Belieben zu Willen sein müssen. Kudyemba gilt nun hier doppelsinnig, auch für Feuer erzeugen. Denn das Staatsfeuer wurde mittelst zweier Hölzer errieben oder erbohrt. Daher Mannholz und Weibholz, ferner das Feuer als Kind des unteren Holzes, und das Bätsel vom Kinde, das die eigene Mutter frisst. Das auserwählte P a a r, die beiden dazu erzogenen jungen Leute mussten vor dem Könige nebst Hofstaat und versammeltem Volke unter grossem Schaugepränge kudyemba machen, und zwar pensa, was ebensogut öffentlich wie ohne alles, nackt bedeuten kann. J a sie hatten es pensa im zwiefachen Sinne zu verrichten, das Feuerreiben und das andere, das in der königlosen Zeit tschina war, wozu sie ermuntert, gedrängt werden mussten. Denn von der nkümbi heisst e s: jammern, sich sträuben, vergehen vor Scham und. Schande. Auf einen Wink wurden dann die beiden Ahnungslosen, damit sie es niemals wieder tun könnten, jählings in eine verdeckte Grube gestossen und in rasender Eile mit Erde verschüttet. Daran beteiligten sich unter ungeheurem Gelärme möglichst viele. Es kam darauf an, die Opfer am Schreien zu verhindern, ihre Stimmen zu übertäuben, damit sie nicht auf das Haupt, auf das Leben des neuen Ma Loängo schwören konnten. Am Königstage wurden ferner alle Personen freigelassen, die um Schulden willen als Geiseln hafteten. Ihre Verpflichtung war aufgehoben. Über anderes bei dem Feuerfeste Gebräuchliches, über einen Trank, den die Opfer schluckten, besonders über das Zertrümmern vieler Töpfe, deren Scherben mit in die Grube geworfen wurden, was von Bedeutung gewesen sein muss, war befriedigende Aufklärung nicht zii erlangen. Wahrscheinlich galt es, ans neue Feuer auch neues Geschirr zu rücken und das alte zu zerstören. Das Zerbrechen von allerlei Gefässen ist noch bei Heiraten sowie bei Begräbnissen im Schwange, auch ist es eines der Mittel, sich in Hörigkeit zu bringen. In Proyarts Buch findet sich eine Stelle, wonach den Missionaren, als sie im Jahre 1773 von Yümba nach Kaköngo zogen, im Königsgaü auffiel, dass im Dorfe Lubü ein Jüngling und ein Mädchen unterhalten wurden, die bei Todesstrafe in völliger Keuschheit leben mussten. Vielleicht waren sie ein für das Feuerfest erzogenes Paar. Dapper berichtet aus einer um mehr als hundert Jahre früheren Zeit folgendes: „Wan es sich begiebet, es begiebt sich aber vielmahls, dass eine Jungfrau, ehe sie ihre Stunden gehabt, beschlafen wird; so müssen sie alle beide, in gegenwart etlicher hundert Menschen, bey dem Könige vor seinem Hofe erscheinen, und weisen, wie sie mit einander das Werck verrichtet, darbey dan wunderliche Possen vorgehen.“ Da Dapper nur nacherzählt, und da die Berichte aus früherer Zeit dem Absonderlichen nicht stets auf den Grund gehen, so wäre immerhin anzunehmen, dass manches, das sich auf die geschilderte Feier, und anderes, das sich auf den Bruch des grossen Tschina bezog, verwechselt und vermengt worden ist. Übeltäter, die sich, wie Dapper schildert und sonstwie in dieser Hinsicht vergangen haben, büssten und büssen ihre Schuld in anderer Weise. Das auserwählte Paar hiess Buäli. Das Wort bedeutet zwei, im weiteren Sinne ein Paar, nämlich zwei treu verbundene Freunde oder Gefährten, auch durch Blutsbrüderschaft verbundene Seelenfreunde. Des


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