Andere Gewährsleute behaupteten dagegen, dass Nküngus leuchtender Sohn, nachdem die Fahrzeuge sich dreimal unzulänglich erwiesen hatten, über das Wasser geschritten wäre wie auf festem Boden. Andere meldeten, er wäre über Land gezogen und hätte die Quellen des Flusses umgangen. Noch andere wussten, dass sich diese Begebenheit mit den Kähnen in anderer Weise zugetragen hätte. Nämlich so. Eine Loängo- fürstin hatte einen ihre Heimat besuchenden Standesgenossen aus Ka- köngo in ihr Herz geschlossen. Als dieser heimgekehrt war, versuchte sie, ihm über den Tschiloängo zu folgen. Das ist ihr aber, wie wir schon wissen, verboten. Trotzdem war der Fährmann gewillt, sie überzusetzen, aber dabei ereignete sich das Versinken der Fahrzeuge. Oder: der getreue Ferge, von der Absicht der Fürstin unterrichtet, hatte sich mit seinen Kähnen an das Südufer des Tschiloängo zurückgezogen, und verweigerte die Fahrt. Da stieg die am Ufer entlang irrende Fürstin in den Fluss, um ihn irgendwie zu kreuzen. Sie verschwand in den Fluten und ward niemals wieder gesehen. Seit jener Zeit singt am Tschiloängo der verzauberte Vogel (Seite 102). Gewährsmänner, die so erzählten, Hessen Nküngus Sohn in anderer Weise in sein Land kommen. Danach ist er auf nsäu, dem Elefanten, erschienen, und zwar aus dem grossen Wasser, aus dem Meere, dessen Anblick ja nachmals dem Ma Loängo verboten war, wie ihn auch heute noch viele Fürsten Loängos ängsthch scheuen. Es wird aber auch behauptet, dass der Elefant Nküngus Sohn durch den Tschiloängo, ferner, dass er ihn durch den Nso-ngölo, wo beim Krönungszuge die Brücke gebaut wurde, getragen habe. Dort sei dem künftigen Herrscher das schöne Mädchen Mbüta aus Luändschili mit dem Wasserkruge auf dem Kopfe, begegnet, und habe ihm im Königsgau den ersten Gruss geboten. Sie habe ihm so gefallen, dass er ihr zum Zeichen seiner Huld den Elfenbeinring übergeben und sie hierdurch an sich gefesselt habe. Danach wäre Mbüta des ersten Ma Loängo erste Frau gewesen. Mbüta, die Gebärerin, Altere - 9 kubüta gebären — ist ein Ehrenname für eine kinderreiche Mutter. Auch wird eine gute Leghenne so genannt. Ausser- dem kommt ein Wortspiel mit FHnte, Ladestock und Losgehen in Betracht .N och anderen UberHeferungen ist zu entnehmen, dass unter dem grossen Wasser nicht das Meer, sondern der Kongo zu verstehen sei. Von dieser Sage finden sich Spuren am Kongo selbst. Oberhalb Böma, wo das Bett des Stromes sich verengt, liegt nahe am Nordufer die Insel Tschissäla, der ein Eiland vorgelagert ist, das Europäer nicht betreten sollen, weil auf ihm sich die Ruhestätten der grossen Häuptlinge befinden. Auch deren Vorfahre soll auf einem Elefanten den Strom gekreuzt und auf dem Eilande gerastet haben. Als daselbst während meines zweiten Besuches im Jahre 1882 ein einsamer Elefant den Kongo durchschwamm, erschien das dem Volke als bedeutsames Ereignis.*) Solche und andere Erzählungen weisen nach Süden und auf die Beziehungen hin, die vor Ankunft der Europäer zwischen unserem Gebiete und dem grösseren, unter dem Ansturm der Portugiesen zerfallenen Kongoreiche, bestanden haben mögen, wie Lopez berichtet. Nur darf die Ähnlichkeit des Namens Nkungu oder Nköngo mit dem von Europäern, in neuerer Zeit auch von Eingeborenen für den Hauptstrom und das südliche Reich gebrauchten, keinesfalls dazu verleiten, Nküngu, den grossen Vater, und Kongo**), den grossen Strom oder das grosse Reich zusammen zu koppeln. In der Landessprache heisst der Kongo Nsädi, sein weites Ästuar auch Muänsa und in den Verzweigungen am nördlichen Ufer stellenweise Kuängo. Nyänsa Nsädi und Muänsa Nsädi sind Pleonasmen. Nyänsa, nyänga, nänga, muänsa, nsädi, nyädi, nyäli bedeuten überhaupt grösseres Gewässer, See, Strom, Fluss, die drei letzten Ausdrücke gewöhnlich stark fliessende Gewässer. Eine letzte Bezeichnung, nköko, ist landläufig für Priele und irgendwelche grosse oder kleine Wasserläufe auf der Südseite des Kongo und ebenso im Inneren, wo wir gewisse Anwohner bereits als Baköko und ihre Häuptlinge als Maköko kennen gelernt haben. Der Ausdruck nköko, den ich auch im Kamerungebiete gefunden habe, wird -an der Loängoküste nicht gebraucht, es wäre denn, wie früher besprochen, bei den Bawümbu-Gemeinden. Nküngu oder nköngo, vereinzelt auch nkünga, bezeichnet einen eifrigen Jäger, einen Nimrod. Das wenig gebrauchte Zeitwort kukünga bedeutet Beeren und Früchte einheimsen, als Flüchtling von Feld- und Waldkost leben, wozu kleines und grosses Getier gehört, demnach erbeuten, jagen, wie es die Lebensweise umherschweifender Leute mit sich bringt. In ähnHcher Bedeutung fand ich das Wort könga auch bei den Ovahererö, wo unsere deutschen Missionare mich belehrten. In Loängo wird es im angegebenen Sinne auch für das geschilderte Raubrecht gebraucht, das die Angehörigen verstorbener Grossleute ausüben. Unsere Jungen wandten es scherzhaft an, wenn sie ausgeschickt wurden, Vögel zu schiessen, Insekten zu fangen, Früchte für den Gorilla und anderes mehr zu besorgen. *) Auf der Hauptinsel befinden sich drei vergessene Gräber von Europäern. Dort ruhen seit dem Jahre 1816 drei Offiziere, nämlich Cranch, Galwey, Tudor von der unglücklichen Expedition des verdienstvollen Tuckey. **) Kongo ist ein Ausdruck für braune Färbung, etwa für kaffeebraun. So ungefähr sieht zur Schwellzeit das Kongowasser an der Mündung neben dem Seewasser aus. Vielleicht hat einst ein Eingeborener, die hinweisende Gebärde und die Frage eines Europäers nach dem Namen des Flusses missverstehend, die Wasserfarbe bezeichnet.
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