Page 259

27f 32-2

überhaupt nachzuspüren zu den dankbarsten Aufgaben künftiger Forschung gehören dürfte. Nsäu, nsäo heisst allgemein der Elefant, stellenweise aber auch ein Mann, der die Aufsicht über einen Fä-hrplatz am Elnsse führt. Solch ein Fährmann ist oder war eine Respektsperson, beansprucht das Vorrecht für das wichtige Geschäft des Übersetzens, und waltet — wovon sich auch im Nibelungenliede Spuren finden seines Amtes mit einer nicht geringen Machtbefugnis. Diese muss zur Königszeit recht gross gewesen sein, insbesondere am Nsongölo, wo der Luntämbi lu mbensa, an den Mündungen des Lueme und Kullu, wo der Gottesweg am Strande kreuzt, sowie an den Grenzflüssen des engeren Reiches, am Tschiloängo im Süden und Nümbi im Norden. Diese Grenzflüsse durften und dürfen von allen fürstlichen Personen Loängos hei Verlust ihres Ranges, ihrer Kaste nicht übersetzt werden. Ein an solch wichtigem Pährplatze an- gestellter Eerge war ein Mfüka mäsi, ein Aufseher, Hüter, Herr des Wassers, ein Charon für die Lebendigen. Einen Fluss kreuzen heisst kusäula und kusähula, und der Ferge Nsäbusi oder Munsähusi, plur. Sinsäbusi, besser Bansäbusi.*) Nsäbusi wird aber im Volksmunde verschiedentlich zu Nsäbu und sogar Nsäu, womit zu guter Letzt auch die Anlände, der Liegeplatz des Fährkahues, manchmal irgend eine bedeutsame Stelle gemeint ist. Daher die Schwierigkeit, immer scharf zu entscheiden, ob und wo sich in den folgenden Überlieferungen der Ausdruck nsäu auf den Elefanten, auf den Fährmann, auf die Anlände, oder ob er sich gar auf Eigennamen bezieht, die wiederum in der Schöpfungsgeschichte wie im Familienleben von Bedeutung sind. Zudem handelt es sich sowohl beim Fergen als beim Elefanten hauptsächlich um Wasser, Erde, Feuer. Ein arg verwittertes, fast einen Meter hohes Holzbildwerk, nicht etwa ein Fetisch, einen in grossem Staate auf einem Elefanten reitenden Menschen darstellend, steht im alten Königsgau am Luntämbi ln mbensa, unfern vom Dorfe Lubü. Mein kundiger Führer, der alte Maböma Vlnga, der Hüter der Fürstengräber auf dem Hügel von Lubü, ein afrikanischer Biedermann, voller List und unerschöpflich im Erzählen aus Loängos Vorzeit, erklärte, das Bildwerk stellte den Ma Loängo auf dem Elefanten dar. Der nämliche Vorwurf ist vielfach auf uralten geschnitzten Elefantenzähnen, sowie auf den schon beschriebenen Festposaunen behandelt, und hat bis zur Gegenwart die Phantasie einheimischer Schnitzkünstler ») Bei diesem Ausdrucke denkt man aus mancherlei, allmählich zu erklärenden Gründen auch an nsä, AU, Ganzes, an nsäbu, eine Opferhandlung, endüch an nssi, Gau, Erde, Land, und sogar an mubüssi, plur. babüssi, Hebamme. Nsämbu heisst die Abgabe für die Überfahrt, der Fährzoll, nsämbu auch der erste Schrei des neugeborenen Kindes. in mannigfaltiger Weise befruchtet. Nur ist in neuerer . Zeit an Stelle des fast ausgerotteten Elefanten vielfach das Schwein getreten. Das war der Überlieferung von der Herkunft und dem Einzuge des ersten Ma Loängo, mit dem das Feuer gekommen sein soll, vorauszuschicken. Die Sage beginnt mit Nküngu oder Nköngo, dem grossen Vater. Nküngu hatte viele, viele Kinder. E r sandte sie aus über das Land. Ein jedes zog für sich fürbass. Wohin sie kamen, da fielen Regen, da gab es Wild und Früchte, die Menschen litten weder Hunger noch Not. Wo sie rasteten, da brannte Feuer, da sprudelte Wasser, da wurde die Erde gut, und immerdar grünten Gras, Kräuter, Büsche, Bäume. Einer von Nküngus Söhnen erreichte das Ufer des Tschiloängo, wo der Fluss in das Meer läuft. Es war Nacht. E r rief nach Nsäu, dass der ihn übersetze*, er rief wieder und nochmals. Nsäu schlief fest und hörte nicht. Aber seine Frau, Mbüta genannt, vernahm das Rufen. Sie lief zur Hütte ihres Mannes, tappte an die Wand, tappte stärker und immer stärker, bis er erwachte. Nsäu erhob sich und tra t hinaus. E r antwortete und fragte, wer da wäre. Es kam zurück: der Sohn von Nküngu, dem grossen Vater. Da ging der Fährmann über den Platz zum Ufer, schob einen Kahn vom Sande und ruderte über den Fluss. Es war finster, aber der, der ihn gerufen hatte, leuchtete hell, und wo er stand, war es licht wie am Tage. Dahin lenkte der Ferge seinen Einbaum. Nküngus Sohn tra t heran und stieg ein, wie er aber einstieg, drückte er den Nachen unter Wasser. Nsäu schrie, seine Leute am anderen Ufer schrieen, und viel, viel Volk lief herbei und schrie. Nsäu schöpfte das Wasser aus, fuhr zurück, und holte einen grösseren Kahn; aber auch dieser vermochte Nküngus Sohn nicht zu tragen. Wieder schöpfte Nsäu das Wasser aus, kreuzte den Fluss und machte m it Hilfe der Leute sein grösstes Fahrzeug flott. Vergebens. Der merkwürdige Vorgang wiederholte sieb zum dritten Male. Unfern von der Stelle, wo sich das begab, lag ein winziger Fischernachen auf dem Strande am Meere. Dorthin wandte Bich Nküngus Sohn. Der Kahn nahm ihn auf und sank nicht. Nküngus Sohn leuchtete .wie eine Fackel, fuhr um die Mündung des Tschiloängo über das Meer und kam zum Strande. Dort wimmelte es von Menschen. Sie boten ihm Obdach, Speise und Trank. E r aber trat in keine Hütte, er nächtigte in keinem Dorfe, er nahm weder Speise noch Trank, sondern zog seines. Weges. Mit ihm gingen die Menschen und immer neue Scharen gesellten sich zu ihnen. Denn es war grosse Aufregung im Lande und grosses Geschrei über die merkwürdige Begebenheit. Boten liefen nach allen Richtungen. Wo Nküngus Sohn rastete, da brannte Feuer, da war Wasser, da reiften Früchte, da blieb die Erde grün. E r war der erBte Ma Loängo.


27f 32-2
To see the actual publication please follow the link above