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ausgeführt. Nur ein Sänger übernimmt die Melodie, einige Kameraden fallen gelegentlich mit ein, die übrigen begleiten mit Brummstimmen im gebrochenen Dreiklang. Den Schluss bildet ein von allen mehr gebrüllter als gesungener, mit dem bereits geschilderten Glissando verbundener Akkord oder Jauchzer. Ruderlied II. Tschüoango. IS i 1 H n iN FSu —f “ iI-w r*r r PPP •— iBHIBM B —1—W—i— e ? F ^ r - Ruderlied m . Tschiloango. h?— fr-- f - • m N H l Ab und zu geht der Jauchzer in das Kriegsgeschrei über, in ein erschütterndes gellendes Wiehern, das eine Beihe Töne, etwa eine halbe Oktave, abwärts durchspringt. Dieses Kriegsgeschrei, oft verschärft durch Anschlägen der Hand vor den Mund, ist ziemlich übereinstimmend allen Wilden, war einst vermutlich der ganzen Menschheit eigen als ein Ur- drohlaut. Wir können es heute noch musterhaft daheim bei Volksbelustigungen und besonders an Aushebungstagen in Garnisonstädten hören. — Die Bafioti haben weder eine Schrift noch irgendwelche Zeichen, die bestimmte Worte oder Sätze oder Zahlenwerte bedeuteten und allen verständlich wären. Was man dafür halten könnte, sind Spielereien, vereinzelte Ornamente, Zauber- und Schwurzeichen, Eigentumsmarken oder Bundeszeichen. Der eine oder andere verwendet allerdings zur Unterstützung seines Gedächtnisses etliche selbst erfundene Zeichen statt des Kerbholzes, der Stäbchen, Halmstücke oder Knoten. Eigentumsmarken an allerlei Geräten sind nicht allgemein gebräuchlich. Manche bestehen aus kurzen geraden Strichen, die parallell, zickzack, radiär geordnet oder zu Kreuzen, offenen und geschlossenen Dreiecken zusammengefügt sind. Dazu kommen angesetzte Nebenstriche sowie umschriebene oder eingeschriebene Kreise. Häufiger sind Marken, die Gegenstände oder Lebewesen und deren Teile vorstellen: Pulverhorn, Messer, Pfeife; Hand, Auge, Gehörne; Eidechsen, Schlangen, Fische, Vögel und Fabelwesen, wie sie auch die Kunsterzeugnisse schmücken. Uber den Zusammenhang solcher Zeichen mit dem Totemismus, und warum ich solche und andere Zeichen hier nicht bildlich wiedergeben kann, wird später gehandelt werden. In Auskünften über Entfernungen sowie über geographische llmge im allgemeinen sind die Bafiöti, trotz ihres ausgezeichneten Ortssinnes, so wenig zuverlässig wie etwa unsere Landleute. Unter sich Schemen sie derlei Angaben nicht weiter zu besprechen. Denn Zeit und E n tfernungen spielen bei ihnen überhaupt keine Rolle, und wer gereist ist, erzählt wohl von Erlebnissen, von Menschen, Fabelwesen, von Hunger und Not, aber kaum vom Verlaufe des Weges und der Zahl der Marschtage. Das sind Geschäftsgeheimnisse, die man erst recht für sich behält, wenn man sie genauer kennt. So fehlt es an jeglicher Übung, dem fragenden Fremdling gerecht zu werden. Willige Leute geben sich schon Mühe. Da verfallen sie denn von selbst darauf, den Weg strichweise in den Erdboden zu reissen, die Richtung durch die auf- oder untergehende Sonne zü markieren, indem sie kleine Kreise neben die Wegstrecken setzen. Flüsse deuten sie an durch geschlängelte Linien, Stromschnellen und Wasserstürze durch kurze mehrfache Querfurchen, Berge als Landmarken durch Profllbilder, die oft recht kennzeichnend ausfallen. So hat uns ein gereister Mann den die Hauptdurchbruchsstelle und Stromschnelle des Kullu überhöhenden schartigen Berg so treffend gezeichnet, dass wir ihn schon von weitem festlegen konnten. Alles übrige beschreiben sie mündlich. Auf Zureden geben sie zwar die Schlafplätze am Wege durch Punkte, Kreuzchen oder Kreuzkreise an, sind aber dabei nicht immer sicher. Zum Schlüsse noch die Vorstellungen über Himmelserscheinungen sowie über die Art der Zeitrechnung. Anfänglich will einem bediinken, als ob sich die Leute um meteorologische und astronomische Dinge kaum kümmerten. Später ergibt sich, dass man ihnen auch in dieser Hinsicht zuwenig zugetraut hat. Der gestirnte Himmel ist ihnen keineswegs gleichgültig; was sich an ihm vollzieht, hat mancherlei zu bedeuten. Zudem ist für sie die Witterung so wichtig wie für unsere Landwirte. Ihre Wetterpropheten und Regenmacher verstehen zu beobachten und sammeln Erfahrungen. Sie wissen, dass die Zenitalregen mit der Sonne wandern, dass sie ungefähr ein- setzen und auf hören, wenn der Mensch um die Mittagszeit in seinen eigenen Schatten tritt. Die Himmelsrichtungen bestimmen sie nach dem Gange der Sonne, wo sie aufsteigt, untersinkt, wo sie während der Regenzeit im Süden, während der Trockenzeit im Norden am fernsten steht.


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