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wieder der erste oder ein zweiter mit neuem Rezitativ, wieder Chor mit seiner, der Silbenzahl sich anschmiegenden, aber dadurch veränderten Melodie. So geht es stundenlang choralmässig weiter, weder zögernd noch beschleunigend, weder verstärkend noch abschwächend. Selbst Tanzweisen, die doch mindestens packend sein müssten, werden gleichförmig abgeleiert. Allerdings ist das Tanzen auch dem Mfioti höchste Lust, aber zugleich eine höchst wichtige, hingebend vollführte Handlung. Auch ist der Mann viel mehr bei der Saphe als das Weib. Man möchte sagen, er singe nicht bloss, er tanze auch episch. Nichts von dem Ungestüm, von dem wilden Gestampfe der Indianer, nichts vom graziösen Übermut, von der lockenden Sinnlichkeit der Polynesier. In Kamerun habe ich rohes Schütteln der Schultern und allerlei Rüpelhaftes gesehen, bei den Mpongue in Gabun lustvolles Wiegen. Die Bafiöti tanzen langweilig* gewissenhaft, wie die Jugend auf unseren Tanzböden, bevor Mädchen und Burschen ordentlich warm geworden sind. Als Texte dienen entweder Spottverse, eine Art urwüchsiger Schnadahüpfel, wovon Seite 1 9 eins angeführt worden ist, oder allerlei Einfälle, die an Naheliegendes anknüpfen, aber nicht, wie schon gesagt, auf das erotische Gebiet überschweifen. So kann man hören: Lustig, lustig! Der Weisse gibt Schnaps. — Schaut den Weissen an, sein Bauch ist voll. — Einen Grossbauch hat er wie eine Mutter. — Beine hat er wie ein Elefant. — Schwer stapft der Weisse einher, tanzen kann er nicht. |y || Ein schönes Messer hatte ich in Ntümbu, nachher hatte ich keins mehr. — Wer tanzt und singt, den mögen die Mädchen. — In Tschölla springt der Ziegenbock, wir tanzen. 9 So geht es fort. Seltsam berührt es, dass namentlich beim Tanzen, der lustigste Einfall nach der schleppendsten Kautschukmelodie, die gerade daran ist, durchgesungen wird. Bei anderer gemeinsamer Tätigkeit genügt als Text schon ein Wort, das zwischen allerlei sinnlosen Lauten wiederholt wird. Beim Rollen eines schweren Fasses Rum: Rum Rum da Rum o e o e viel Rum o e o 9 o—o e—e—e Rum da da Rum o e, wobei gejubelt und gejauchzt, das rollende Fass mit den Händen gepatscht wird. Ebenso beim Transport einer riesigen Seeschildkröte, eines erlegten Wildes. Die Art des Jauchzens erinnert an das Aussingen unserer Matrosen beim Heissen. Nur wollen diese, obschon nicht mit taktmässigem, sondern höchstens mit melodischem Akzent betonend, damit das gleichzeitige Einsetzen der Kräfte regeln, unsere Rum- oder Fleischbeförderer dagegen nicht. Sie jubeln durcheinander, angeregt lediglich durch angenehme Vorstellungen über Trinken und Essen. Wenn die nämlichen Leute einen schweren Kahn auf den Strand schieben, singen sie nicht, sondern rufen, reden, spornen sich an und stöhnen oder fauchen nur bei jedem Ruck, indem sie den Atem ausblasen. Dabei fehlen die lustigen


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