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Beraubung des Landes. ehender Strandwall. Das Land taucht also nicht, wie bei einem Sinken des Gebietes stetig und allmählich in das Meer ein, sondern wird von diesem gewissermassen in schnell vorübergehenden Anfällen von Zerstörungswuth einer Strecke beraubt. Eine Calema, welche mit so ausserordentlicher Heftigkeit auftritt, mag wol zuweilen auch durch Erdbebenwellen erzeugt werden. Wir haben nur hin und wieder bei sehr stark bewegter See die Kämme vereinzelter Brecher die Krone des Strandwalles überfliessen, einmal auch fast einen Durchbruch desselben nach einer Lagune entstehen sehen, im Uebrigen jedoch keine zerstörende Einwirkung der Calema bemerkt. Ich habe im Gegentheil während meiner zwanzigmonatlichen Thätigkeit an ausgedehnten nach ihrem Verlauf genau bestimmten Küstenstrecken mehrfach eine ziemlich bedeutende Verbreiterung des Strandes durch neue Ablagerungen von Sand beobachtet. Bejahrte Eingeborene indessen wissen noch von Zeiten zu erzählen, in welchen an Stellen, die gegenwärtig den Küstenfahrern als Ankerplätze dienen, das Land sich dehnte, Savanen und Wälder grünten. Seit Langem an der Küste lebende Europäer erinnern sich ebenfalls bedeutender Verwüstungen, welche die in ungeahnter Grossartigkeit anstürmende Brandung in den Jahren 1863, 1865 und noch 1872 an einzelnen Orten anrichtete. Bei Landana soll 1865 nicht nur ein Xheil des dortigen hohen und festen Vorlandes, sondern auch bis halbwegs nach Xschintschotscho ein ausgedehntes Stück Flachland mit Savanen und Buschwald, , sowie ein Xheil des bei Winga isolirt liegenden mit Affenbrotbäumen bestandenen Laterithügels binnen weniger Xage der empörten See zum Opfer gefallen sein. Gleichzeitig wurde die Xschiloangoniederung wie bei einer Sturmflut weithin unter Wasser gesetzt und die Mündung des Flusses verlegt. Um dieselbe Zeit, wenn nicht schon im Jahre 1854 oder 1855, wird auch geschehen sein, was Eingeborene an anderen Orten berichten: dass ein Fischerdorf auf Indian Point vom Meere verschlungen wurde, und dass in Yumba sich die Wogen in wilder Wuth über den trennenden niederen Landstrich bis in den Banya gewälzt hätten, und zwar gegenüber dem Dorfe Xschissänga. In besonderem Grade lassen die Mündungen der Flüsse die Einwirkung der Brandung erkennen. Alle besitzen Deltas im Sinne Dr. G. R . Credners; doch schafft zum Aufbau derselben nicht nur der Fluss, sondern in bedeutendem Masse auch die Calema das Material herbei. Sie alle haben ferner einfache Mündungen, denn eine Mehrheit derselben, die sich etwa beim Durchbrechen des Strandwalles bilden könnte, duldet die Calema nicht, sondern verschliesst sie sofort wieder bis auf eine, die wichtigste. — die überdies, wie sich später ergeben wird, selbst nicht immer gegen eine vorübergehende Abdämmung gesichert ist. Mögen die Flussbetten bis in die Nähe des Meeres auch noch so sehr erweitert sein und Aestuarien gleichen, an ihrer Mündung sind sie trotzdem alle verengert. Ein der Bore, der Pororoca ähnliches Aufwärtsrollen der ohnedies ja unerheblichen Flutwelle kann darum nicht stattfinden, wol aber werden, wie schon früher angeführt, die Gewässer in den sehr niedrig liegenden Betten aufgestaut und, mit Ausnahme der des Congö, zum Rückfliessen gezwungen. Durch die im Wechsel der Gezeiten in Folge der Einschnürung ziemlich reissend aus- und einströmenden Fluten, ist das betreffende Stück der Rinne tief ausgeschliffen. Dennoch ist jede Mündung durch eine Barre verschlossen, welche, genau wie vor den zuflusslosen Baien, gewissermassen den Strand unter Wasser fortsetzt und als das eigenste Bauwerk der Calema in Form einer Nehrung zu Xage tritt. Von dem einen Ufer ausgehend, vielleicht mehrmals jäh zerstört und wiederhergestellt, drängt sie beharrlich die Mündung nach einer bestimmten Richtung ab und zwingt den Fluss zu einem stetig wachsenden Umwege parallel mit der Strandlinie, bis sie,, gelegentlich einmal an ihrem Ausgangspuncte mit voller K ra ft durchbrochen, sogleich als ein neuer Strandwall an das gegenüberliegende Ufer angeheftet wird. Dieser Kampf zwischen Fluss und Calema, welcher sich periodisch, namentlich wenn die letztere eine übermächtige Entwickelung erlangt und zugleich die Hochwasser der Regenzeit unaufhaltsam seewärts strömen, auf das heftigste steigern kann, vermag binnen kurzär Frist so bedeutende Veränderungen hervorzubringen, dass Mündungsgebiete kaum wieder zu erkennen sind. Als im Jahre 1851 ein Portugiese die erste Factorei am Ufer des Xschiloango erbaute, wählte er dazu den Ort, auf welchem gegenwärtig die Ansiedlung Landana liegt; wo damals der Fluss entlang strömte, breitet sich jetzt eine Lagune aus, die durch einen niedrigen Strandwall vom Meere geschieden ist. Denn im Jahre 1854 oder 1855 wurde während einer Calema die Mündung plötzlich abgedämmt. Die Gewässer wandten sich in der lagunenreichen Niederung nach Norden und erzwangen mittelst eines Durchbruches des Strandwalles einen neuen Ausgang in das Meer, etwa drei Seemeilen von dem früheren entfernt und nicht weit von Xschintschotscho. Im Jahre 1865 wurde ein grosses Stück der Küste vom Meere verschlungen, zugleich wiederum die Xschiloangomündung abgedämmt und an die Stelle


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