mannshohen Grasbestand einen breiten Weg zu legen. Die Bahn war abgesteckt, arbeitswillige Burschen hatten sich nach langem Feilschen gefunden. Aber sie kamen so langsam vorwärts, bastelten so gewissenhaft an jedem Grashalm herum, dass zu befürchten stand, die Schneise würde hinten wieder Zuwachsen, bevor sie vorne fertig wäre. Antreiben nützte nichts. Bald geboten wir Schicht. Ehe wir nun die Sache aufgab en, riefen wir die Weiber des nächsten Dorfes. Wir verhiessen ihnen den Taglohn der Männer und forderten sie auf, den Faulenzern einmal zu zeigen, wie es gemacht werden müsse. Das gab einen Jubel. War es doch etwas Neues. Alte und Junge betrieben die Arbeit als Sport. Es war eine Lust, zu sehen, wie sie unter Schwatzen und Lachen loswirtschafteten und gleich an verschiedenen Stellen über das Dickicht herfielen. Die Garben des rohrartigen Grasessanken um, die gelockerten und herausgerissenen Kaupen flogen zur Seite, der Staub wirbelte auf. Bald kamen die Männer, machten sich unnütz und versuchten, die Arbeit zu hindern. Wir wollten uns einmischen, hatten es aber nicht nötig. Es gab einen Zungenkampf, wobei die Männer unterlagen. Auch die Zudringlichsten mussten den umherfliegenden Halmbündeln und Wurzelballen weichen, verfolgt von dem mutwilligen Gelächter der Siegerinnen. Binnen wenigen Tagen war die Bahn abgeräumt. Der Hauptspass kam erst, als es ans Ablohnen ging. Zunächst stellte sich das Mannsvolk ein, um den Verdienst arglistig einzuheimsen. Wir verweigerten jedoch rundweg die Bezahlung und schickten Botschaft an die Frauen. Darob lange Gesichter und stiller Rückzug vieler Männer. Die dem Ansturm standzuhalten wagten, wurden von den eintreffenden Weibern einfach beiseite geschoben und niedergeschrieen. Solch ein Schauspiel, solcher Lärm war uns doch neu. Niemand kam zu Worte. Es war unmöglich, Ruhe zu stiften, bis die entlarvten Gebieter draussen vor dem Zaune maulten. Dann erhielten die Fleissigen in Stoffen zugemessen, was ihnen gebührte, und zogen ab. Noch von weit her scholl ihr Keifen und Lachen. — Wie überall bieten die Kinder den besten Weg zum Herzen der Mütter, und wer die Frauen für sich hat, ist in Loängo gut aufgehoben. Nur eine Schwierigkeit hat man zu überwinden: die Scheuheit der Kleinen, die den weissen Mann so fürchten, wie die unseren den schwarzen. Wer Kinder leiden mag, wird Freude an ihnen haben. Sie sind bereits kleine Persönlichkeiten, schmuck, frühreif, geschickt, redegewandt. Freilich stockt bald ihre geistige Entwicklung, etwa zur Zeit der Pubertät, wo sie das landläufige Mittel oder die obere Grenze erreicht haben. Darüber hinaus gibt es nichts, was Befähigtere leiten und anspornen könnte, denn der geistige Besitz, der sich nur sehr langsam vermehrt, ist für alle ziemlich gleich. Besseres bietet sich den Knaben, die zu den Europäern gehen als Leibdiener — muleka, plur. mileka. Leider führt da die Entwicklung häufig zum Gegenteil vom Guten. Doch hängt viel vom Herrn und von Umständen ab. So ein Junge ist bildsam. Wird er als ein untergeordnetes Geschöpf verächtlich, unwürdig behandelt, in seinen besten Gefühlen beständig verletzt oder, noch schlimmer, albern verhätschelt und im Zorne abgestraft, so wird er verderbt werden. Versteht es hingegen der Herr, des Knaben Wesen zu fassen, ihn verständig anzuleiten, so kann er viel Freude und Nutzen davon haben. E r vermag ihn an sich zu fesseln, ihn durch gesteigertes Vertrauen mit dem Gefühl der Pflicht und der Verantwortlichkeit zu erfüllen, die sein Selbstbewusstsein hebt, seinen Ehrgeiz anregt und ihn stolz macht auf seine Stellung und seinen Herrn. Der Diener wird bald für ihn einstehen, seine Habseligkeiten in Ordnung halten und bewachen, ihm berichten oder andeuten, was im Volke vorgeht. Und das kann sehr wichtig sein. Namentlich für den Forscher ist ein guter Mulek unersetzlich. Die Jungen erlernen, indem sie den Gesprächen ihrer Herren lauschen, das Portugiesische, die eigentliche Lingua franca der Küste, und das Englische überraschend schnell, was doch ebenfalls für gute Anlagen spricht. Geistig besonders rege und gut behandelte Diener befragen sich auch beim Herrn über vielerlei, wodurch ihr Verständnis gefördert wird. Sie werden eitel auf ihre Gebildetheit und belehren sich untereinander. Unsere Jungen hielten oft genug förmliche Ubungsstunden ab. Die wohllautende und sie mehr anmutende portugiesische Sprache erfassen die Eingeborenen besser als die englische. Dazu trägt wesentlich bei, dass der Portugiese im Verkehre mit ihnen sich bestrebt, richtig und anschaulich zu sprechen, während der Engländer, wie allenthalben unter ähnlichen Verhältnissen, seine ausdrucksvolle Sprache recht arg verhunzt. So reden denn Eingeborene ein ganz erträgliches Portugiesisch, aber, ebenso wie die Kruleute und andere Bewohner Oberguineas, ein groteskes Englisch, zwar anders als das asiatische Pidginenglisch, aber doch in gleicher Weise entstanden. Dieses rasche Erfassen des Sprachlichen ist namentlich bei den Portugiesen ein Gegenstand häufiger Klagen. Man kann nicht vertraulich plaudern, man weiss nie, wieviel die allgegenwärtigen Muleks aufschnappen und dem an der Küste übermässig gedeihenden Klatsch zutragen. Wir Deutschen wurden deswegen beneidet, weil unsere Sprache unerlernbar erschien. Aber bald genug kriegten es unsere länger dienenden Jungen weg, uns halb zu verstehen, halb zu erraten und selbst ein wenig zu radebrechen. Kein schlechtes Zeichen ist es, dass die Muleks nicht petzen, lieber allesamt eine Strafe auf sich nehmen, als den Anstifter eines Unfugs 5 *
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