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indem sie hastig Luft einziehen, die Augenbrauen heben, mit der Zunge schnalzen, sowie mit Daumen und Mittelfinger schnippen. Ganz Entsetzliches verursacht ihnen Schauder, kurzen Schüttelfrost mit huwuwuwu. Miima rufen sie auch beim Erschrecken, ebenso bei einem plötzlichen Schmerz. Mama ist überhaupt der Urschrei bei allen Bflntuvölkern, die die Mutter so hoch halten. Bei geringerer Erschütterung ziehen sie bloss den Kopf ein und zucken mit der Hand nach dem Munde. Unschlüssige, besonders junge Leute, denen dringend zugeredet wird, lassen die Augen umherirren, verhaken die Einger, reissen sie wieder auseinander, neigen den Kopf und klopfen oder scharren mit einem Eusse den Boden. Sie bitten in zutraulicher Weise, indem sie die Ansprache durch Händeklappen unterstützen, den Kopf mit flehendem Ausdruck schief setzen und dann die vorgestreckten Hände geöffnet nebeneinander halten, als wollten sie die Gewährung entgegennehmen. Um recht unwiderstehlich zu sein, beugen sie in kindlich graziöser Weise ein Knie. Ablehnend beschieden, schmollen sie wohl ein wenig mit vorgeschobenen Lippen, sind aber nicht zornig oder tückisch. Bei günstigerer Gelegenheit kommen sie wieder. Wer lustig spottend eine Zumutung abweisen und ausdrücken will, dass man ihn nicht für dumm halten dürfe, der tippt, schlau seitwärts schielend, mit dem Mittelfinger an die Stirn, oder zieht mit ihm das untere Augenlid herab und bietet es zur Besichtigung dar. Ernstlich nachdenkend neigen sie den Kopf, runzeln die Stirn, schieben die Runzeln mit den Fingern zusammen oder reiben langsam darüber hin. Gewöhnlich strecken sie zugleich die Lippen ein wenig vor und grunzen leise, wie wir hm' hm machen. Beim Verrichten feiner, knifflicher Arbeiten, wenn sie nähen, recht zierliche Muster knoten, weben oder flechten, stecken sie häufig die Zunge etwas heraus oder in eine Backe oder spitzen den Mund oder machen ein Schüppchen. Einem frischen Mädchengesicht steht die hübsch rote Zungenspitze ganz niedlich. Den Mund spitzen oder die Lippen schieben sie auch beim aufmerksamen Betrachten eines sie fesselnden Gegenstandes. Bei eifriger Unterhaltung gebrauchen sie die Hände wie wir auch. Namentlich strecken sie eine Hand oder beide Hände vor, um das Gesagte dem Zuhörer gleichsam darzureichen. Wollen sie einzelne Redeteile nachdrücklich hervorheben, so klopfen sie mit den Fingern der einen auf den Teller der anderen Hand oder tappen auf Gegenstände. Um recht eindringlich zu sein, verfallen sie in Singsang, in Redegesang. Angaben, die auf Zweifel stossen, bekräftigen sie auch, indem sie die Hand aufs Herz legen oder an die Stirn drücken und vorwärts werfen, oder mit ihr über den anderen Arm abwärts streichen. Ihre höchste Beteuerung, die sie indessen nicht für Kleinigkeiten anwenden, ist, dass sie mit einer Hand die Erde berühren oder gar Erde auf die Zunge legen. Können sie nicht überzeugen, so fahren sie sich wie verzweifelt in die Haare oder trommeln mit den Fäusten auf den Scheitel. Mädchen und Frauen verschränken auch die Finger im Nacken und werfen trotzig den Kopf zurück. Dann ist es Zeit, einzulenken, sonst gehen sie unwillig davon. . Zutraulich gewordene Kinder, namentlich Mädchen, die in Verlegenheit gerieten, drehten den Kopf seitwärts, schielten schämig von unten herauf, fingerten im Gewände, legten auch die Finger an die Lippen und tändelten gern mit einer Fussspitze auf dem Boden. Kieme Mädchen, die wir mit Geschenken beglückten, duckten sich leicht, schlossen die Augen, erschauerten manchmal förmlich und erröteten, richtiger, erdunkelten vor Freude. , ■ , . u Knaben, die sich zanken und herausfordern, es geschieht selten genug, atmen heftig und sehen sich mit zurückgeworfenen Köpfen von der Seite an, wobei sie den Mundwinkel und Nasenflügel hochziehen, aber nicht die Zähne oder Zungen blecken. Wenn sie sehr bös werden, scharren sie ruckweise mit dem Fusse Staub gegeneinander, greifen auch drohend einen Stock auf, gebrauchen ihn jedoch nicht, wie sie auch nicht Wurfgeschosse verwenden, nicht mit Steinen oder Erdklumpen schmeissen. Es kommt kaum zu einer Prügelei. In Jahren habe ich nur einmal zwei Jungen raufen sehen. Sie umklammerten sich und wälzten sich auf der Erde ganz wie bei uns, doch rangen sie stumm und knufften nicht mit den Fäusten. Ob des unerhörten Vorganges geriet das ganze Dorf in Aufregung, selbst die Ziegen stapften herbei, und die Mütter waren ausser sich. Niemand versuchte, die Kämpfer zu trennen. Prügeleien unter Erwachsenen kommen ebenfalls nicht häufig vor, und meistens hei Volksbelustigungen, wenn Burschen feindlich gesinnter Dörfer um Mädchen aneinander geraten. Da spielen denn, wie bei unseren Kirmesraufereien, Stöcke, Knüppel und Messer eine Rolle. Um zu verhöhnen oder grösste Verachtung auszudrücken, aber ebenso auch, um ihren grossen Mut, ihre Entschlossenheit zu bekunden, weisen kriegsbereite Männer die Kehrseite und klatschen auf die Hinterbacken. Wenn ein Mann inmitten seiner ihn anfeuemden Genossen einen wilden Kriegstanz aufführt, so zeigt er vielfach am Schlüsse das nackte Gesäse, indem er sich bückt und das Hüftentuch emporwirft. Dies geschieht sogar vor zuschauenden Weibern und Kindern, was bemerkenswert ist, weil ausnahmsweise einmal der Anstand verletzt wird. Geschimpft wird weniger auf den Gegner selbst, als auf seine F a milie und seine Vorfahren, als ob sie die Schuldigen wären. So verwünscht man auch nicht den Widersacher, sondern seine Ahnen und seine oder seines Anhanges Nachkommenschaft. Dergleichen wird aber ernst


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