26 Gefahren der Brandung. nicht noch mehr Zeit zu verlieren, nach Durban zurückdampfen, um von dort aus auf Umwegen über Land das Ziel zu erreichen. Selbst Seevögel, besonders der häufige grosse Tölpel (Sula ca- pensis), ein ausgezeichneter Segler, lassen sich zuweilen in irrthüm- liche Sicherheit wiegen und fallen den überstürzenden Rollern zum Opfer. Sie werden schwimmend oder fliegend erfasst und betäubt an den Strand geworfen. Die an der Küste in Schulen vorkommenden kleinen Walarten, Delphine, halten sich mit kluger Vorsicht stets in angemessener Entfernung jenseits des Brandungsgürtels. Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, dass die Calema von Jedermann, und zwar von den Erfahrensten am meisten gefürchtet wird, und dass ihr Verlauf stets das Interesse Aller beansprucht. Wer jemals eine „gelinde Taufe“ empfing oder gar aus dem überstürzten Fahrzeuge hinausgeschleudert auf Tod und Leben mit dem tosenden Wasserschwall gerungen hat, der wird bei stärkerer Calema nie ohne Beklemmung die Zone der Brecher passiren, deren Tücken der besten Beobachtung, der vollendetsten Ruderkunst spotten. Ueber die Beruhigung der Brandung durch Oel konnten an der Loangoküste leider keine Versuche angestellt werden, da ein geeignetes dünnflüssiges Fett nicht in genügender Menge vorhanden war. Nach in kleinerem Umfange vorgenommenen Untersuchungen und nach allerdings in grossem Massstabe, jedoch unter anderen Umständen auf offenem Meere von mir gewonnenen Erfahrungen lässt sich aber fast mit Gewissheit Voraussagen, dass man überraschend günstige Resultate mit Oel erzielen wird, wenn man dasselbe nur m hinreichender Menge und in angemessener Entfernung vom Strande auf das Meer giesst. — In der Regel läuft die Calema aus Südwesten gegen die Küste und dann beginnt das Ueberwälzen der Roller am Strande vorzugsweise am rechten Flügel derselben. Die Dünung ist jedoch, während sie den weiten W eg zurücklegt, ehe sie also als Calema auftritt, mancherlei Störungen ausgesetzt, welche der Beobachter bald ent- räthseln lernt. Eine charakteristische Unruhe der Wellenzüge lässt auf eine auf offenem Meere herrschende Kreuzsee schliessen, auf ein Begegnen nordwestlicher und südwestlicher Dünung; eine kurze, springende Calema verräth ein naheliegendes Entstehungsgebiet derselben. Wenn die Gegend, aus welcher die Wellenbewegung stammt, ausnahmsweise westlich oder nordwestlich liegt, dann kommen die Wellenzüge auch aus diesen genäherten Richtungen heran, und das Brechen der Roller beginnt am linken Flügel. Diese Abweichung ist jedoch nicht von langer Dauer. Bedeutende Wogen haben zunächst nie ein engbegrenztes Entstehungsgebiet und verbreiten sich als Dünung mit grösser Schnelle über dasselbe hinaus; ferner, und dies ist der wesentlichste Grund, erleidet aber auch der Seegang, welcher im offenen Meere von ge nügender Tiefe durch keine Rückwirkung des Bodens in seinem Laufe verändert wird, sobald er in flacheres Wasser sich fortsetzt, eine Hemmung, die ihn zwingt, nach und nach in der Richtung des wirksam werdenden Widerstandes einzuschwingen. Dies wird um so vollkommener geschehen, je allmählicher und gleichmässiger sich die hindernden Untiefen erheben. Daher mögen die Roller wol einige Stunden, sogar einen T a g lang aus regelwidriger Gegend einsetzen, namentlich wenn das Sturmgebiet verhältnissmässig nahe liegt; doch unterliegen sie bald derartig der Einwirkung der Bodenverhältnisse, dass sie mehr und mehr nach der normalen Richtung hin einbiegen. Wer bei schwerem Seegang das Land vom offenen Meere ansegelt und so allmählich aus tiefem in seichtes Wasser gelangt, kann diesen Vorgang sehr gut beobachten. In geringerem Umfange wiederholt sich diese Erscheinung an nahe der Küste liegenden Untiefen. Die regelrecht anrückenden Roller treffen daselbst auf einen Widerstand, welcher ein Verlangsamen des einen Theiles, ein Voreilen der freien Flügel bedingt, die dann auf beiden Seiten unter verschieden grossen, aber entgegengesetzten Winkeln wider den Strand laufen. Diese räumlich beschränktere Beeinflussung der Roller giebt die Erklärung für manche von der allgemeinen R ege l abweichende Umformung des Gestades. Während einer heftigen Calema werden alle dem Lande vorliegenden Untiefen ausnahmslos durch schäumende Brecher markirt. Ein ähnliches Einschwingen der Roller findet auch vor den Flussmündungen statt, wenn deren ausgehendes Wasser gegen sie strömt, oder als eine trübe Decke sich weithin über das Meer ausgebreitet hat. In beiden Fällen ist eine wesentliche Beeinflussung der Undulationen zu beobachten, welche überdies noch durch eine lebhafte Kabbelung zum Ausdruck kommt. Zu diesen mannigfaltigen Einflüssen, welchen die calemaerzeu- genden Wogen im Gebiete des Gestades unterliegen, gesellen sich für die eigentlichen Brecher noch die, welche der Verlauf der Strandlinie bedingt. W o der Meeresboden in weiter Ausdehnung ebenmässig ansteigt, da verläuft auch der entsprechend geformte Strand in gerader oder kaum merkbar gewundener Linie weithin senkrecht zur normalen Richtung der Ro ller, wie bei Tschin- tschotscho, am Kuilu. Dort mag man demzufolge unter sonst gün
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